Die Arktis zu definieren ist gar nicht so einfach. Je nach Kontext gibt es mehrere mögliche Definitionen. In Klimafragen zählen üblicherweise jene Regionen zur Arktis, deren Monatsmitteltemperatur auch im wärmsten Monat, dem Juli, unterhalb von 10 Grad bleibt. Wird es wärmer, schwindet auf Dauer der Permafrost und es wachsen irgendwann Sträuche und Bäume.
Temperaturen oberhalb arktischer Werte an zwei Messstationen
Ganz so weit ist es in Spitzbergen noch nicht, aber mehrere lokale Messstationen haben im Juli Werte aufgezeichnet, die die Zuordnung zum Bereich „Arktis“ schon nur noch randlich zulassen: Die Wetterstation am Flughafen bei Longyearbyen hat ein Monatsmittel von 10,1°C aufgezeichnet, in Pyramiden wurden 10°C gemessen. Am Flughafen lag die Temperatur ganze 3,1 Grad über dem derzeit gültigen Mittelwert, laut Zahlen des norwegischen meteorologischen Instituts, die in Medien wie dem Barentsobserver wiedergegeben werden.
Im Juli konnte man sich in Spitzbergen über Sonne und sommerliche Temperaturen freuen – klimatisch bedeutet das allerdings gar nichts Gutes: Die Erwärmung schreitet rasch voran, wieder wurden Temperaturrekorde gebrochen.
Nun wird es noch eine ganze Weile dauern, bis man in Spitzbergen echte Waldspaziergange machen kann, aber der Trend hin zur dramatischen Erwärmung ist klar: In der Messperiode 1991-2020 lag die Durchschnittstemperatur in den Sommermonaten von Juni bis August am Flughafen bei 5,5°C, aber wenn man nur die letzte Dekade betrachtet, ist der Wert laut norwegischem Polarinstitut bereits auf 6,4 Grad gestiegen. Aufgrund regionaler Effekte, vor allem dem Verlust von Meereis, verläuft die globale Erwärmung in der Arktis etwas dreimal so schnell wie anderswo.
Methanaustritte durch schmelzende Gletscher
Das führt zu beunruhigenden, die Entwicklung noch verstärkenden Effekten: Wissenschaftler haben nun in kürzlich von schmelzenden Gletschern freigegebenen Gebieten Gasaustritte entdeckt, wo vorher im Untergrund gespeicherte Gase freigesetzt werden. Dabei handelt es sich vor allem um Methan, das als Treibhausgas vielfach stärker wirkt als etwa Kohlendioxid. Die jährlich so in Spitzbergen derzeit freigesetzte Menge Methan wird in der Größenordnung von 2000 Tonnen geschätzt – immerhin ein Zehntel dessen, was in Norwegens Öl- und Gasindustrie so entweicht. Mit Fortschritt des Gletscherrückzugs könnte es allerdings noch viel mehr werden. Das berichtet die University of Cambridge auf ihren Seiten, wo auch der entsprechende Fachartikel verlinkt ist.
Bis Spitzbergen tatsächlich offiziell kein arktisches Klima mehr hat, wird es aber noch dauern: Beim eingangs erwähnten 10-Grad-Julimittel zählt die langfristige Betrachtung über eine klimatische Messperiode von 30 Jahren hinweg.
Wer lieber mit Paypal spenden will, kann das auch tun, hier sind Einmal- und Mehrfachzahlungen möglich: