Am heutigen Montag, 09. Oktober, ist in Longyearbyen Wahltag: Die Wahlberechtigten können mit ihrer Stimme die Zusammensetzung der „Lokalstyre“, des Gemeinderates, bestimmen. Es ist die achte Kommunalwahl, seit Longyearbyen 2002 zu einer Kommune mit Lokaldemokratie wurde. Vorher war Longyearbyen politisch eher als eine Art erweitertes Betriebsgelände aufgestellt.
Longyearbyen Lokalstyre: heute ist Kommunalwahl
– erstmals unter Ausschluss ausländischer Passinhaber.
Zunächst geht es bei dieser Kommunalwahl um Dinge, um die es bei einer Kommunalwahl eben geht: Verkehr in und außerhalb von Longyearbyen, Gesundheit für Mensch und Tier (speziell die Themen „psychische Gesundheit“ und „Tierarzt“ sind in Longyearbyen schwierig), Wohnungsmarkt, Hafengebühren, Wirtschaft, Kultur, Sport, Schule, Energie und Umwelt.
Daneben ist die Wahl selbst aber auch Wahlthema. Wie schon mehrfach berichtet, hat die norwegische Ministerin für Justiz und Bereitschaftsdienste, Emilie Mehl (Senterparti), per Vorschrift verfügt, dass Ausländer ab der heutigen Wahl ihr aktives und passives Stimmrecht verlieren: Wer ohne norwegische Staatsbürgerschaft in Longyearbyen wählen oder gewählt werden will, muss zuvor mindestens drei Jahre auf dem norwegischen Festland gelebt haben und direkt von dort nach Longyearbyen gezogen sein. Wer zwischendurch außerhalb von Norwegen gelebt hat oder auch in Spitzbergen außerhalb von Longyearbyen (etwa in Ny-Ålesund – mindestens einen Fall dieser Art gibt es), hat damit das Wahlrecht verloren.
Da die neue Regelung eine Vorschrift ist und nicht etwa ein Gesetz, wurde sie auch nicht vom norwegischen Parlament (Storting) diskutiert und beschlossen, sondern trat direkt aus dem Ministerium heraus in Kraft.
Alle der vier in Longyearbyen zur Wahl angetretenen Parteien treten dafür ein, dass alle in Longyearbyen lebenden Menschen an politischen Prozessen teilnehmen können sollen, und zumindest zwei dieser vier Parteien wollen die neue Vorschrift rückgängig machen und länger in Longyearbyen lebenden Ausländern wieder die Teilnahme an der Lokalwahl ermöglichen. Zuständig ist allerdings die Regierung in Oslo. Die norwegischen Grünen sind nach der Wahlrechtsänderung lokal nicht wieder angetreten, da sie ohne ihre nicht-norwegischen Mitglieder im Gegensatz zu früheren Wahlperioden nicht genügend Kandidatinnen für ihre Liste zusammen bekommen.
Betroffene Ausländer haben sich lose unter der Bezeichnung „unwanted foreigners“ („unerwünschte Ausländer“) zusammengeschlossen und versuchen, dadurch politisch sichtbar zu werden. Betroffen sind mehrere hundert Personen, die Rede ist von etwa einem Drittel der früher Wahlberechtigten. Viele davon leben seit vielen Jahren in Longyearbyen, einige sind dort aufgewachsen und so ziemlich alle fühlen sich nun als Verlierer in einer politischen Zweiklassengesellschaft.
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