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Arbeits­lo­sig­keit steigt stark in Lon­gye­ar­by­en

Das Coro­na-Virus trifft Lon­gye­ar­by­ens Wirt­schaft hart und bringt nun ein lokal bis­lang prak­tisch unbe­kann­tes Phä­no­men dort­hin: Arbeits­lo­sig­keit. Tou­ris­mus und wei­te Tei­le der Dienst­leis­tung sind aktu­ell auch in Lon­gye­ar­by­en völ­lig zusam­men­ge­bro­chen, und damit haben bereits meh­re­re hun­dert Arbeit­neh­mer ihre Stel­len und ihr Ein­kom­men ver­lo­ren. Vom 10. bis zum 24. März ist die Zahl der Arbeits­lo­sen offi­zi­ell von 9 auf 261 gestie­gen – der stärks­te Anstieg in ganz Nor­we­gen, und die Kur­ve schnellt wei­ter in die Höhe. Die tat­säch­li­chen Zah­len lie­gen noch deut­lich höher, da Per­so­nen aus Län­dern außer­halb des Euro­päi­schen Wirt­schafts­raums (EWR) sich nicht offi­zi­ell arbeits­los mel­den kön­nen.

Dass es in Lon­gye­ar­by­en bis­lang kei­ne Arbeits­lo­sig­keit gab, hat nicht nur mit der ins­ge­samt trotz aller Schwie­rig­kei­ten guten wirt­schaft­li­chen Lage des Ortes zu tun – immer­hin wur­de in den letz­ten Jah­ren der Berg­bau weit­ge­hend abge­wi­ckelt, wobei vie­le Indus­trie­ar­beits­plät­ze ver­lo­ren gin­gen, aber Tou­ris­mus und Wis­sen­schaft haben zusam­men mit der sons­ti­ge Dienst­leis­tung die­se Lücke mehr oder weni­ger gefüllt. Der struk­tu­rel­le Hin­ter­grund ist ein ande­rer und hat mit dem Spitz­ber­gen­ver­trag zu tun, der kürz­lich 100 Jah­re alt gewor­den ist: Die­ser gibt Bür­gern aller Unter­zeich­ner­staa­ten frei­es Auf­ent­halts- und Arbeits­recht. Man braucht also kei­ne Auf­ent­halts- oder Arbeits­ge­neh­mi­gung, um sich in Lon­gye­ar­by­en nie­der­zu­las­sen und dort zu arbei­ten.

Der Preis dafür: Es gibt kein für alle zustän­di­ges Sozi­al­sys­tem. Jeder ist wirt­schaft­lich für sich selbst ver­ant­wort­lich. Wer sei­nen Unter­halt in Spitz­ber­gen nicht finan­zie­ren kann, kann aus­ge­wie­sen wer­den. Seit 2017 wur­den fünf Per­so­nen aus­ge­wie­sen, die finan­zi­ell nicht in der Lage waren, für sich zu sor­gen. Von die­sen fünf Per­so­nen waren vier bis Ende 2019 aus­ge­wie­sen wor­den, es gibt also bis­lang kei­nen Zusam­men­hang mit der Coro­na-Kri­se.

Mit ande­ren Wor­ten: Wer sich das Leben in Lon­gye­ar­by­en nicht leis­ten kann, bleibt auch nicht lan­ge dort. Und damit hat es dort bis­lang auch kei­ne ech­te Arbeits­lo­sig­keit gege­ben, über kur­ze Pha­sen der Job­su­che hin­aus, wäh­rend derer man sich selbst wei­ter finan­ziert hat. Wer dazu nicht in der Lage war, muss­te aus­rei­sen und sich für Unter­stüt­zung bei Bedarf an die Behör­den des eige­nen Hei­mat­lan­des wen­den, da das nor­we­gi­sche Sozi­al­sys­tem nicht zustän­dig ist. Ob die Sozi­al­sys­te­me der jewei­li­gen Dritt­län­der ihre Bür­ger auch im Aus­land unter­stüt­zen und wenn ja, in wel­chem Umfang, ist eine ganz ande­re Fra­ge.

Das soll prin­zi­pi­ell auch so blei­ben, dass der nor­we­gi­sche Staat nicht für Bür­ger aus Dritt­län­dern ver­ant­wort­lich ist, die in Lon­gye­ar­by­en in wirt­schaft­li­che Pro­ble­me gera­ten, aber aktu­ell besteht Hand­lungs­be­darf. Lon­gye­ar­by­en hat eine sehr inter­na­tio­na­le Bevöl­ke­rung, dort leben und arbei­ten Men­schen aus aller Damen und Her­ren Län­der. Es gibt bei­spiels­wei­se eine drei­stel­li­ge Anzahl von Men­schen aus Thai­land, die in der Dienst­leis­tungs­bran­che, etwa Gas­tro­no­mie und Gebäu­de­rei­ni­gung, sehr prä­sent sind. Vie­le aus der nicht-nor­we­gi­schen Bevöl­ke­rung kön­nen aus ihren Hei­mat­län­dern kei­ne Unter­stüt­zung erwar­ten, und schon gar nicht auf dem Niveau, das zur sehr teu­ren Lebens­hal­tung in Lon­gye­ar­by­en erfor­der­lich ist. Auch die Heim­rei­se ist nach vie­len Jah­ren Abwe­sen­heit für vie­le kei­ne Opti­on mehr, ganz abge­se­hen davon, dass die der­zeit kaum mög­lich wäre und natür­lich auch Geld erfor­dern wür­de.

Longyearbyen

Lon­gye­ar­by­en wäh­rend der Coro­na-Kri­se: fins­te­re Zei­ten, auch wenn es nachts tat­säch­lich nicht mehr dun­kel wird und die Mit­ter­nachts­son­ne bald scheint.

Damit sit­zen vie­le in Lon­gye­ar­by­en nun ohne Ein­kom­men fest. Man nimmt an, dass es um etwa 300 Per­so­nen geht. Nun hat die Poli­tik in Lon­gye­ar­by­en (Lokals­ty­re) reagiert und bie­tet Bür­gern aus Dritt­län­dern außer­halb des Euro­päi­schen Wirt­schafts­raum, die sich in Lon­gye­ar­by­en auf­hal­ten und dort in wirt­schaft­li­chen Schwie­rig­kei­ten sind, Unter­stüt­zung an. Das ist zeit­lich begrenzt und soll aus­drück­lich nicht zum Prä­ze­denz­fall wer­den, aber der Hand­lungs­be­darf ist offen­bar. Schon gibt es die Dis­kus­si­on, dass Betrie­be in Lon­gye­ar­by­en ihre nicht-nor­we­gi­schen Ange­stell­ten künf­tig sozi­al­ver­si­chern müs­sen. Aber erst mal muss die aktu­el­le Situa­ti­on aus­ge­stan­den wer­den. Wie das gehen soll und wie lan­ge das noch dau­ert, weiß auch in Lon­gye­ar­by­en nie­mand. Es gab auch schon pri­va­te Spen­den­auf­ru­fe für Fami­li­en, die in Not gera­ten sind. Das sind vor allem sol­che, die inner­halb der letz­ten 6 Mona­te nach Lon­gye­ar­by­en gezo­gen sind, denn die­se haben bis­lang nur für 20 Tage Anspruch auf Unter­stüt­zung aus dem staat­li­chen Coro­na-Kri­sen­pa­ket. Wer schon län­ger als 6 Mona­te dort wohnt, wird zunächst bis zum 20. Juni unter­stützt.

Lon­gye­ar­by­en Lokals­ty­re (Kom­mu­nal­ver­wal­tung) hat von der Regie­rung 178,5 Mil­lio­nen Kro­nen bean­tragt, um die Wirt­schaft vor Ort zu stüt­zen. Die Rede ist bei­spiels­wei­se von Auf­trä­gen, die schnell an Fir­men im Ort ver­ge­ben wer­den kön­nen, Erleich­te­run­gen für die Bevöl­ke­rung durch Redu­zie­rung von Gebüh­ren etwa für Was­ser, Strom und Fern­wär­me – alles sau­teu­er in Lon­gye­ar­by­en – und zum Aus­gleich erwar­te­ter Ver­lus­te. Allein die Absa­gen der grö­ße­ren Kreuz­fahrt­schif­fe wer­den die Gemein­de­kas­se über den Som­mer wohl mehr als 20 Mil­lio­nen Kro­nen kos­ten.

Auch in Lon­gye­ar­by­en weiß nie­mand, wann die Situa­ti­on sich even­tu­ell wie­der nor­ma­li­sie­ren wird.

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Letzte Änderung: 09. April 2020 · Copyright: Rolf Stange
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