Auch wenn es nun allmählich kühler wird in Spitzbergen, reißen die Nachrichten über Rekordtemperaturen in der Arktis nicht ab. Sechs Jahre hintereinander war es auf Svalbard inzwischen deutlich wärmer als normalerweise, teilweise lagen die Temperaturen in diesem November bis zu 10 Grad über den Durchschnittswerten.
Der Klimawandel bedroht auch die Ufer und Häuser und Hütten, die dort stehen. Hier setzt der Seegang dem ungefrorenen, lockeren Boden zu, der im November längst durch Frost betonhart sein sollte. Die Hütte links im Bild musste sicherheitshalber kurzfristig verlassen werden. Foto: Rolf Stange
Auch in anderen Teilen der Arktis wird deutlich: Es wird immer schneller immer wärmer. Und das betrifft sowohl die Temperaturen an Land wie auch im Meer, wo bis zu fünf Grad höhere Temperaturen gemessen wurden, wie im Isfjord bei Longyearbyen. In einigen arktischen Gegenden lagen die Lufttemperaturen gar unfassbare 20 Grad über dem Durchschnitt, etwa am Nordpol selbst, so Satellitenmessungen.
Und noch niemals gab es so wenig Eis an Land wie auf dem Meer. Tückisch dabei: Eis reflektiert die Strahlung der Sonne. Je weniger Eis auf dem Meer schwimmt, umso dunkler wird die Meeresoberfläche und umso mehr Sonnenstrahlung wird absorbiert. Forscher befürchten gar, dass das Treibeis im Sommer ganz aus der Arktis verschwinden könnte.
In Longyearbyen rechnet derzeit jedenfalls niemand mit einem guten Eiswinter, der die Fjorde solide zufrieren lassen würde.
Auf Spitzbergen wird auch schon länger beobachtet, dass der Permafrostboden wärmer wird und stellenweise zu tauen beginnt. Das kann in Siedlungen zu Setzungsschäden an Gebäuden führen, wie man sie derzeit schon in mehreren Fällen in Longyearbyen beobachtet. In anderen arktischen Gebieten wie Sibirien führt das Tauen des Permafrostbodens in Sumpfgebieten, die viel organische Masse im kalten Boden gespeichert haben, zudem zur Freisetzung großer Mengen des hochaggressiven Treibhausgases Methan, was den Klimawandel noch weiter antreibt.
Der Klimawandel ist auf Spitzbergen längst keine Schreckensnachricht mehr, von der man nur in der Zeitung liest, sondern erlebbare Realität, die sich in den Alltag der Menschen drängt. Es steht zu befürchten, dass man sich auch in den nächsten Jahren auf warme Winter, Erdrutsche und Evakuierungen auf Spitzbergen einstellen muss.
Zu Beginn der letzten Woche hatte Extremwetter mit starken Niederschlägen zu mehreren erdrutschartigen Lawinen in der unmittelbaren Nähe von Longyearbyen geführt. Schäden durch die Rutschungen blieben auf überschaubaren Materialschaden an einem Hundehof (der erste im Adventdalen) beschränkt. Vorsorgehalber waren über 200 Menschen für mehrere Tage aus ihren Wohnungen evakuiert worden.
Nun haben Satellitenbilder gezeigt, dass allein im Nordenskiöld Land zwischen Longyearbyen und Barentsburg über 50 Erdrutsche ausgelöst wurden. Das zeigt, wie instabil das Gelände bei entsprechenden Wetterlagen ist.
Künftig rechnen Wissenschaftler mit einer Zunahme von Extremwetterlagen mit sehr starken Niederschlägen, die bislang für die Arktis (Stichwort „Polarwüste“ untypisch sind. Dadurch ist auch mit verstärkter Hangdynamik zu rechnen, also mehr Erdrutschen, Steinschlägen, Schnee- und Schlammlawinen.
Aktuelles Satellitenbild vom Nordenskiöld Land in Spitzbergen. Die Sterne zeigen Lawinen, die durch das Extremwetter der letzten Woche ausgelöst worden sind. Satellitenbild: Copernicus/ESA.
Mit Rolf Stanges Präsentation Norwegens arktischer Norden: Spitzbergen geht es Anfang Februar 2017 auf eine kleine Vortragsreihe. Mit umfangreichem Bildmaterial geht es visuell und erzählerisch spannend in den hohen Norden.
„Seit 20 Jahren hat der Geograph, Autor und Fahrtleiter Rolf Stange sich Spitzbergen zur zweiten Heimat gemacht. In seinem Bildervortrag nimmt er Sie mit auf eine Reise durch die Jahreszeiten, von der Polarnacht mit ihren Nordlichtern bis in den arktischen Sommer mit Treffen mit Walen und Eisbären unter der Mitternachtssonne. Zu Fuß, mit Ski, Motorschlitten und unter Segeln geht es von den Siedlungen bis in die abgelegensten Winkel Spitzbergens.“
Wir freuen uns sehr, dass Kerstin Langenberger und Olaf Krüger den Termin in Bonn mit ihrem sehr beliebten Vortrag Inseln des Nordens gestalten werden.
Die Termine:
Donnerstag, 02. Februar: Stadthalle Hiltrup bei Münster. Norwegens arktischer Norden: Spitzbergen, von und mit Rolf Stange.
Freitag, 03. Februar: Landesmuseum Bonn: Inseln des Nordens, von und mit Kerstin Langenberger und Olaf Krüger.
Samstag, 04. Februar. Museum im Kulturspeicher in Würzburg. Norwegens arktischer Norden: Spitzbergen, von und mit Rolf Stange.
Sonntag, 05. Februar. Volkshaus Enkheim in Frankfurt. Norwegens arktischer Norden: Spitzbergen, von und mit Rolf Stange.
Sämtliche Evakuierungen in Longyearbyen sind ab sofort wieder aufgehoben. Das Wetter hat sich beruhigt, und die Behörden stufen die Lage als sicher ein. Rutschungsgefährdete Hänge werden weiter beobachtet.
Der Weg westlich des Campingplatzes Richtung Bjørndalen bleibt vorerst gesperrt. Somit ist das Gebiet zwischen Vestpynten und Bjørndalen mit zahlreichen Freizeithütten vorerst praktisch nicht beziehungsweise nur zu Fuß zugänglich. Erst nach einer eventuellen Aufhebung der Sperre oder wenn die Geländeverhältnisse den Verkehr mit Motorschlitten wieder zulassen, wird das Gebiet wieder einfach zugänglich.
Die eine oder andere ufernahe Hütte wird nicht am heutigen Standort verbleiben können. Schon früher wurden in Spitzbergen ganze Hütten wegen Gefährdung durch Küstenerosion versetzt. Das bekannteste Beispiel ist die berühmte Trapperhütte Fredheim im Tempelfjord. Über kurz oder lang dürfte die eine oder andere Hütte zwischen Campingplatz und Bjørndalen ebenfalls umziehen, zumindest auf die andere Seite des Weges.
Ob, wann und wie der Weg gesichert oder verlegt wird, ist derzeit eine offene Frage.
Im Frühjahr 2015 ist die berühmte Trapperhütte Fredheim wegen Erosionsgefahr mit schwerer Technik eine Terrasse höher gezogen worden.
Extremwetter mit sturmartigen Starkwinden und starken Niederschlägen hat Longyearbyen in der Nacht von Montag auf Dienstag in Anspannung gehalten. Insbesondere wurden Bergrutsche von steilen und wassergesättigten Hängen erwartet, von dene sich einige in der Nähe von Wohnhäusern und Infrastruktur befinden. Etliche Wohnhäuser wurden sicherheitshalber evakuiert und mehrere Straßen gesperrt.
Bislang hat es mehrere kleine Erdrutsche gegeben. Zu größeren Schäden kam es bislang nicht. Nur am Hundehof im Adventdalen wurden die hinteren, hangnahen Bereiche beschädigt. Alle Hunde in gefährdeten Bereichen waren rechtzeitig in sichere Zwinger gebracht worden, alle Tiere sind wohlauf und in Sicherheit.
Am Ufer Richtung Bjørndalen ist die Küstenerosion durch Brandung auf das nicht gefrorene Ufer bei Hochwasser forangeschritten. Mittelfristig ist damit zu rechnen, dass einzelne Hütten und Teile der Straße in derzeitiger Lage nicht zu halten sind.
Die Verwaltung behält die Evakuierung vorerst bei. Hangbewegungen sind geologische Prozesse, die mit einiger Verzögerung ablaufen können, so dass die Gefahr noch nicht vorüber ist. Die Öffentlichkeit ist aufgerufen, sich von gefährdeten Bereichen wie steilem Gelände fernzuhalten.
Schon der Oktober hat in Spitzbergen wieder mal Rekorde aufgestellt in Sachen Wärme und Niederschlag. Nach regenreichen Tagen hatte es Schlammlawinen vom Platåberg gegeben, die die Straße zwischen Kirche und Huset erreichten. Die Straße war zwischenzeitlich gesperrt.
Derzeit kommt es deutlich dicker: In der Nacht von Montag (7.11.) auf Dienstag werden bis zu 50 mm Niederschlag erwartet, im Extremfall sogar noch mehr. Oberhalb von 500 m Höhe soll der Niederschlag als Schnee fallen, darunter als Regen. In und um Longyearbyen wird mit Gefahr für Überschwemmungen und Lawinen gerechnet. Mehrere Straßen sind gesperrt, darunter die ins Adventdalen (Verkehr aus dem Adventdalen, etwa von den dortigen Hütten, die teilweise bewohnt sind, in den Ort, ist weiter zugelassen). Auch in Longyearbyen selbst sind mehrere Straßen gesperrt. Wegen Lawinengefahr wurden auch etliche Wohnhäuser evakuiert. Die Bewohner sind kurzfristig woanders untergebracht worden, teilweise werden die Bewohner kostenlos von Hotels aufgenommen.
Es wird davor gewarnt, sich den ohnehin gesperrten alten Bergbauanlagen oder den Gestellen der alten Kohleseilbahn zu nähern. Dort können bei starkem Wind Teile durch die Gegend fliegen. Die teilweise beschädigten Ständer der Seilbahn sind durch den Wind möglicherweise einsturzgefährdet.
In höheren Lagen ist starke Schneelawinengefahr (Stufe 4) ausgerufen worden.
Morgen Vormittag soll die Wetterlage sich wieder beruhigen. Wir drücken die Daumen, dass möglichst nichts passiert.
P.S. Anmerkung in eigener Sache für Freunde und Bekannte des Verfassers: unsere Adresse in Longyearbyen liegt nicht im betroffenen Bereich.