spitzbergen-3
fb  Spitzbergen Panoramen - 360-Grad-Panoramen  de  en  nb  Spitzbergen Shop  
pfeil Kalender 2025: Spitzbergen & Grönland pfeil
Marker
HomeSpitzbergen Nachrichten → Neue „Sval­bard­mel­ding“ ver­ab­schie­det: Sval­bard-Stra­te­gie für die nächs­ten Jah­re

Neue „Sval­bard­mel­ding“ ver­ab­schie­det: Sval­bard-Stra­te­gie für die nächs­ten Jah­re

Am Don­ners­tag (21.11.) hat das nor­we­gi­sche Par­la­ment in Oslo, der Stort­ing, die neue Sval­bard­mel­ding ange­nom­men. Die Sval­bard­mel­ding ist ein Stra­te­gie­pa­pier der Regie­rung, die dar­in die Leit­li­ni­en ihrer Poli­tik für die nächs­ten 5-10 Jah­re dar­legt. Sie ist für sich selbst genom­men noch kei­ne umge­setz­te Poli­tik, son­dern eine par­la­men­ta­risch bestä­tig­te Absichts­er­klä­rung der Regie­rung für die künf­ti­ge Poli­tik, so wie man sie sich der­zeit auf Regie­rungs­ebe­ne vor­stellt.

Holen wir etwas wei­ter aus. Gene­rell bil­den die fol­gen­den fünf Grund­sät­ze den Rah­men für die nor­we­gi­sche Sval­bard­po­li­tik:

  • Eine kon­se­quen­te, ste­ti­ge Auf­recht­erhal­tung nor­we­gi­scher Sou­ve­rä­ni­tät.
  • Ein­hal­tung des Spitz­ber­gen­ver­tra­ges und Kon­trol­le der Umset­zung.
  • Bewah­rung von Ruhe und Sta­bi­li­tät.
  • Schutz der beson­de­ren Natur der Regi­on.
  • Erhal­tung nor­we­gi­scher Sied­lun­gen auf der Insel­grup­pe.
Norwegische Flaggen, Longyearbyen

Nor­we­gi­sche Flag­gen in Lon­gye­ar­by­en (am Natio­nal­fei­er­tag am 17. Mai): Lon­gye­ar­by­en und ganz Sval­bard sind und blei­ben nor­we­gisch. Lon­gye­ar­by­en darf aber ger­ne wie­der etwas nor­we­gi­scher wer­den. Sys­sel­mes­ter Lars Fau­se (vor­ne rechts) ist der höchs­te Reprä­sen­tant der nor­we­gi­schen Regie­rung vor Ort.

Und was steht nun drin?

Ziem­lich viel, es sind über 80 Sei­ten, man kann das Doku­ment auf der Sei­te der nor­we­gi­schen Regie­rung her­un­ter­la­den. Zudem hat die Regie­rung in den letz­ten Jah­ren schon eini­ges umge­setzt, etwa die Reform des loka­len Wahl­rechts in Lon­gye­ar­by­en, die die aller­meis­ten Aus­län­der das Wahl­recht gekos­tet hat, und neue Regeln für den Tou­ris­mus, die am 1.1.2025 in Kraft tre­ten, um nur zwei pro­mi­nen­te Bei­spie­le zu nen­nen. Ener­gie und Woh­nen sind wei­te­re zen­tra­le Berei­che, sie­he unten.

Eini­ge wich­ti­ge Punk­te der neu­en Sval­bard­mel­ding:

Psy­chi­sche Gesund­heit

Men­schen mit psy­chi­schen Pro­ble­men gibt es über­all auf der Welt und natür­lich auch in Spitz­ber­gen. Wer in Lon­gye­ar­by­en mit aku­ten psy­chi­schen Pro­ble­men kon­fron­tiert ist, hat aber kei­ne pro­fes­sio­nel­len Hilfs­an­ge­bo­te. Das könn­te in jün­ge­rer Ver­gan­gen­heit zwei Men­schen das Leben gekos­tet haben: Zwei Sui­zi­de hat­te Lon­gye­ar­by­en 2023 zu bekla­gen.

Es ist vor allem dem Enga­ge­ment der poli­ti­schen Jugend Lon­gye­ar­by­ens zu ver­dan­ken, dass die Regie­rung hier die Situa­ti­on ver­bes­sern will. Applau­die­ren will man laut NRK aber erst, wenn tat­säch­lich ein Psy­cho­lo­ge in Lon­gye­ar­by­en sei­nen Dienst antritt.

Luft­fracht

Man muss nicht alles, was man bestellt, in Echt­zeit gelie­fert bekom­men, schon gar nicht am Ende der Welt. Aber eine zeit­ge­mä­ße Ver­sor­gung mit Gütern aller Art, etwa auch mit Frisch­wa­ren, soll in Lon­gye­ar­by­en rund ums Jahr gewähr­leis­tet sein. Um die Fracht­flü­ge der nor­we­gi­schen Post nach Lon­gye­ar­by­en hat­te es eini­ge Dis­kus­sio­nen und Unsi­cher­hei­ten gege­ben. Nun gibt es von der Regie­rung Geld, um die­se Flug­lo­gis­tik, bei der es natür­lich um mehr geht als um Äpfel und Bana­nen, zu erhal­ten. Wie das lang­fris­tig auf­ge­stellt wer­den soll, ist aller­dings noch offen.

Leere Regale, Svalbardbutikken, Longyearbyen

Lee­re Rega­le im Sval­bard­bu­tik­ken (Coop Sval­bard) in Lon­gye­ar­by­en: kommt vor, soll kein Dau­er­zu­stand sein.

Nied­ri­ge Steu­ern und Abga­ben

Sval­bard soll wei­ter­hin ein Nied­rig­steu­er­ge­biet sein. Die Hin­ter­grün­de lie­gen im Spitz­ber­gen­ver­trag, kurz gesagt soll Nor­we­gen als Staat nicht durch Steu­ern und Abga­ben pro­fi­tie­ren. Daher gibt es auf Spitz­ber­gen kei­ne Mehr­wert­steu­er und ande­re Steu­ern und Abga­ben sind eben­falls oft nied­ri­ger als auf dem Fest­land. Das soll auch so blei­ben, aber ein­zel­ne Anpas­sun­gen sind mög­lich.

Woh­nen und Bevöl­ke­rung

Hier dürf­te es für vie­le deut­lich span­nen­der wer­den. Die Regie­rung will die Grö­ße von Lon­gye­ar­by­en auf dem Niveau vor der töd­li­chen Lawi­ne vom 19. Dezem­ber 2015 ein­frie­ren, dar­über hin­aus soll Lon­gye­ar­by­en nicht wach­sen. Und vor allem soll der nor­we­gi­sche Anteil der Bevöl­ke­rung mög­lichst stei­gen.

Häuserbau, Longyearbyen

Bau eines Wohn­hau­ses in Lon­gye­ar­by­en. Der Ein­druck, dass der Ort kräf­tig wächst, trügt:
Es wird ersetzt, was nach der Lawi­ne von 2015 ver­lo­ren­ging.

Der­zeit leben laut nor­we­gi­schem sta­tis­ti­schem Zen­tral­bü­ro (SSB) 2595 Men­schen in Lon­gye­ar­by­en und Ny-Åle­sund, dar­un­ter 1621 Nor­we­ger, also rund 63 %. Das ist der Regie­rung zu wenig. Tat­säch­lich ist der nor­we­gi­sche Bevöl­ke­rungs­an­teil seit Jah­ren gesun­ken, was unter ande­rem mit der Schlie­ßung nor­we­gi­scher Koh­le­berg­wer­ke in Sveagru­va und Lon­gye­ar­by­en zu tun hat: Bei die­sen gut bezahl­ten und frü­her siche­ren Indus­trie­ar­beits­plät­zen war ein hoher Anteil der Arbeit­neh­mer nor­we­gisch. Die in frü­he­ren Sval­bard-Stra­te­gie­pa­pie­ren for­mu­lier­te Stra­te­gie, Berg­bau per­spek­ti­visch durch höhe­re Bil­dung, For­schung und Tou­ris­mus zu erset­zen, erwies sich hier aus Sicht der Regie­rung als kon­tra­pro­duk­tiv, denn die Arbeits­plät­ze in die­sen Berei­chen sind deut­lich stär­ker inter­na­tio­nal besetzt als im Berg­bau. Hier will die Regie­rung gegen­steu­ern (Kom­men­tar: in die­sem Licht darf man auch die am 1.1.2025 in Kraft tre­ten­den Regeln sehen; die poli­ti­sche Ent­täu­schung über den rela­tiv nied­ri­gen nor­we­gi­schen Anteil bei den ent­ste­hen­den Arbeits­plät­zen im Tou­ris­mus dürf­te dabei min­des­tens so wich­tig sein wie der hier wohl eher vor­ge­scho­be­ne Umwelt­schutz. Kom­men­tar Ende.).

Die Woh­nungs­po­li­tik, schon lan­ge ein Auf­re­ger­the­ma im von Woh­nungs­knapp­heit gepräg­ten Lon­gye­ar­by­en, ist schon seit einer Wei­le ein Werk­zeug, das die Regie­rung ein­setzt, um den nor­we­gi­schen Bevöl­ke­rungs­an­teil zu erhö­hen: Auch wenn das Gesamt­an­ge­bot an Wohn­raum das Niveau von 2015 nicht über­stei­gen soll, bie­tet die Restruk­tu­rie­rung, die sich nach den Lawi­nen zwangs­läu­fig erge­ben hat (über 100 Woh­nun­gen wur­den als lawi­nen­ge­fähr­det ein­ge­stuft und abge­ris­sen) auch die Gele­gen­heit, die Eigent­umgs­ver­hält­nis­se neu zu ord­nen. Der pri­va­te Woh­nungs­markt wird redu­ziert, der Anteil staat­li­cher Woh­nun­gen wächst zuguns­ten von Arbeit­neh­mern gro­ßer, direkt oder indi­rekt staat­li­cher / öffent­li­cher Akteu­re, bei denen der Anteil nor­we­gi­scher Arbeits­kräf­te höher ist als etwa in der Dienst­leis­tung. Zu die­sen Akteu­ren zäh­len Lokals­ty­re (kom­mu­na­le Ver­wal­tung), Sys­sel­mes­ter, UNIS, Fol­kehøgs­ko­le (Bil­dung) und wei­te­re.

Zudem soll das Leben in Lon­gye­ar­by­en ins­be­son­de­re für den nor­we­gi­schen Bevöl­ke­rungs­an­teil wei­ter­hin attrak­tiv blei­ben. Hier besteht wohl Hand­lungs­be­darf, denn die durch­schnitt­li­che Auf­ent­halts­dau­er im ohne­hin von recht hoher Fluk­tua­ti­on gepräg­ten Lon­gye­ar­by­en sinkt.

Ener­gie

Und was nützt die schöns­te Woh­nung, wenn kein Saft aus der Steck­do­se kommt und die Hei­zung kalt bleibt? So schlimm steht es nicht, aber das Sze­na­rio ist nicht aus­zu­schlie­ßen in dem klei­nen Ort Lon­gye­ar­by­en, des­sen Ener­gie­ver­sor­gung sich dadurch aus­zeich­net, dass es nicht Teil eines über­re­gio­na­len Net­zes ist. Das The­ma Ener­gie ist in Lon­gye­ar­by­en schon lan­ge heiß dis­ku­tiert. Dabei geht es ein­mal um die kräf­tig stei­gen­den Prei­se für Strom und Fern­wär­me, aber auch um die Ver­sor­gungs­si­cher­heit und dar­um, wo die Ener­gie lang­fris­tig her­kom­men soll. Die Zeit der Koh­le als Ener­gie­trä­ger in Lon­gye­ar­by­en ist vor­bei und das der­zei­ti­ge Die­sel­kraft­werk ver­fehlt alle Ansprü­che an Ver­sor­gungs­si­cher­heit, Wirt­schaft­lich­keit und Kli­ma­neu­tra­li­tät. Von der frü­her geheg­ten Vor­stel­lung, hier auf inter­na­tio­na­lem Niveau ein Vor­bild zu sein, ist die heu­ti­ge Rea­li­tät weit ent­fernt; der­zeit ist man schon froh, wenn in der kal­ten Zeit die Hei­zun­gen lau­fen und der Strom zumin­dest halb­wegs bezahl­bar ist, auch wenn dabei die Regie­rung mit Geld (gestütz­te Strom­prei­se) und das Mili­tär mit zusätz­li­chen mobi­len Gene­ra­to­ren aus­hel­fen müs­sen.

Wie auch immer die Ener­gie­ver­sor­gung der Zukunft in Lon­gye­ar­by­en aus­sieht: Der Staat, vor Ort ver­tre­ten durch den bis­he­ri­gen Berg­bau­be­trieb Store Nor­ske Spits­ber­gen Kul­kom­pa­ni, wird dabei wohl eine stär­ker wer­den­de Rol­le spie­len.

Besu­cher­bei­trag

Die Regie­rung will, dass Tou­ris­ten über einen Besu­cher­bei­trag einen höhe­ren Anteil zum öffent­li­chen Ein­kom­men bei­tra­gen. Die­ser Bei­trag soll bis zu 5 % betra­gen, die etwa bei Hotel­über­nach­tun­gen dazu kom­men wür­den; Schiffs­pas­sa­gie­re könn­ten mit einer Pau­scha­le von bei­spiels­wei­se 150 Kro­nen belegt wer­den. Auf dem nor­we­gi­schen Fest­land gibt es der­ar­ti­ges bereits; dort kom­men die Ein­nah­men voll­stän­dig den jewei­li­gen Kom­mu­nen zugu­te. In Spitz­ber­gen will der Staat sich ein Recht auf einen Teil der Ein­nah­men vor­be­hal­ten.

Es gibt in Spitz­ber­gen bereits seit 2007 eine „Umwelt­ge­bühr“ (mil­jø­ge­byr) von 150 Kro­nen, die in Flug­ti­ckets ent­hal­ten ist und von Schif­fen, die Pas­sa­gie­re nach Spitz­ber­gen brin­gen, ent­rich­tet wird. Die­se Umwelt­ge­bühr wird vom Sval­bard Mil­jø­vern­fond ver­wal­tet, bei dem jeder in Lon­gye­ar­by­en Anträ­ge auf finan­zi­el­le Unter­stüt­zung von Pro­jek­ten mit Umwelt­aspekt stel­len kann. Die Umwelt­ge­bühr ist nicht Teil der aktu­el­len Dis­kus­si­on, der Besu­cher­bei­trag kommt ggf. zusätz­lich.

Bis das pas­siert, wird es wohl noch eini­gen Gesprächs­be­darf geben, etwa mit Blick dar­auf, wer von den Ein­nah­men pro­fi­tiert und wozu die­se ver­wen­det wer­den kön­nen.

Zurück

Bücher, Kalender, Postkarten und mehr aus dem Spitzbergen-Verlag

Diese und andere Verlagserzeugnisse des Spitzbergen-Verlags im Spitzbergen-Shop.

Letzte Änderung: 23. November 2024 · Copyright: Rolf Stange
css.php