Mi
6. Sep
2017
Jedes Mal, wenn ich in Pyramiden bin, beeindruckt mich der Berg gegenüber, auf der anderen Seite vom Tal. Er hört auf den etwas schrägen Namen Yggdrasilkampen. Yggdrasil war so ein Bäumchen, das nach Ansicht der alten Wikinger die Welt repräsentierte. Heute gibt es hier jedenfalls keine Bäumchen mehr.
Der Blick auf den Yggdrasilkampen ist beeindruckend, ein mächtiger Berg, senkrechte Felswände mit großen Vorsprüngen auf 500 Metern Höhe über riesigen Schutthängen. Schöne Farben und ganz nebenbei eine interessante geologische Struktur, svalbardische Diskordanz, oberstes Devon und so. Spätzuckung der kaledonischen Gebirgsbildung, Karbon-Karbonat auf Old Red, winkeldiskordant voneinander getrennt. Ihr wisst sicher Bescheid.
Aber darum ging es heute gar nicht. Es ging darum, nicht immer »nur« von Pyramiden auf den Yggdrasilkampen, sondern auch mal vom Yggdrasilkampen auf Pyramiden zu schauen. In der Hoffnung, dabei eine schöne neue Route für weitere Touren zu entdecken. Angesichts ungewisser Erfolgsaussichten im Anblick der steilen Hänge habe ich mich zunächst mal alleine auf die Tour begeben, so würde es sich leichter umkehren lassen, falls das Gelände so etwas nahelegen würde. Die Gruppe war mit Alex und Daniel auf dem Pyramidenberg unterwegs und somit hatte alles seine beste Ordnung.
Der Weg über das Mimerdalen war dank Weg mit Brücke über den Fluss erfreulich unkompliziert, aber der Aufstieg auf den Berg … der hatte es in sich! Vom Fjord aus war gar kein Aufstieg sichtbar, und so habe ich meine Hoffnung auf einen zunächst nicht einsehbaren Winkel gesetzt. Schutt, Schutt, Schutt, zum Schluss ein klein wenig mehr oder weniger einfache Kletterei – alles ok, solange der frostgesprengte Fels nur bleibt, wo er ist – und ich war oben. Jawoll!
Galerie – Yggdrasilkampen – 06. September 2017
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Die Ausblicke? Der Hammer. Ich habe den Yggdrasilkampen auch auf ganzer Strecke mitgenommen. An der Nordostecke hat man die komplette Sicht über den Billefjord, von der Petuniabukta im Norden über den Nordenskiöldbreen im Osten bis zum Sassenfjord im Süden. Einfach geil!
Die Tour entlang der Kante des Plateaus hat sich dann schon etwas gestreckt. Zwei kleine Gletscher haben Kare in die steilen Hänge gefräst, um die man jeweils herumlaufen muss. Dafür hat man von den ausgesetzten Vorsprüngen dazwischen jeweils umso bessere Ausblicke. Am westlichen Ende der Kante ist der Ausblick vielleicht am besten. Er reicht vom Nordenskiöldbreen über Pyramiden (Berg und Ort) und das Munindalen bis ins innere Mimerdalen. Wie gesagt: einfach geil! Natürlich habe ich das auch im 360 Grad-Blick festgehalten, auch wenn es einige Schlepperei war, das ganze Zeug.
Der Abstieg war noch mal interessant. Die ganze Zeit über hatte ich mich mental sicherheitshalber darauf vorbereitet, den ganzen Weg über das Plateau zurückzugehen und dort abzusteigen, wo ich hoch gekommen war. Wie gesagt, die Komfortstrecke war das ja nun auch nicht gerade. Der erste Blick auf den Hang auf der Westseite des Yggdrasilkampen, wo ich in etwa den Abstieg vermutete, war aber im Gegenteil eher entmutigend: hohe, steile Felsklippen! Nix mit Abstieg. Etwas weiter südlich ging es dann aber. Irgendwo zwischen schlecht und recht, über polternden Schutt, aber es ging. Ich war in der Tat auch froh, nicht den ganzen Weg wieder zurück latschen zu müssen. Eine wirklich taugliche Strecke zum regelmäßigen Gebrauch ist das aber sicher nicht.
Nach langem Abstieg kam ich an einem kleinen See bei einer russischen Hütte heraus, die perfekt war, um halbwegs gemütlich die letzten Kekse zu verfuttern, als Stärkung für den letzten Teil der Strecke zurück nach Pyramiden. Letztlich waren es dann fast 20 Kilometer. Zugegeben, ohne diese blöde, ziemlich kräftige Erkältung wäre es sicher entspannter gewesen. Aber der Tag war einmalig gut, bei diesem Wetter. So eine Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder!