Wettermäßig ist der Tag der Vorhersage und dem schlechten Ruf des Datums entsprechend. Immerhin sitzen wir dank der gestrigen Fahrt nun östlich des ungemütlichsten Gebiets. Hier im Liefdefjord, vor der Reinsdyrflya, ist es zwar grau, feucht und kalt, aber immerhin ruhig, so dass ein Landgang bei Villa Oxford (eine echte Nøis-Hütte, Baujahr 1924) und eine anschließende Wanderung über das „Rentierland“ kein Problem sind.
Später bringt ein weiterer, kürzerer Landgang ein paar Eindrücke aus den finsteren Zeiten des zweiten Weltkrieges, der auch an Spitzbergen nicht spurlos vorbeiging. Auf der Reinsdyrflya, im Sørdalen, lag die Kriegswetterstation „Kreuzritter“, von der man noch ein paar Reste sieht. Auch das Grab des Stationschefs, der sich kurz vor Abholung versehentlich selbst in die Luft sprengte, liegt noch auf einem Hügel.
Die Wolken hoch, der Himmel weit … und die Landschaft schön im Magalenefjord, so still und klar.
Die Suche nach Krabbentauchern brachte zunächst einmal vor allem Eisfüchse. Aber wie! Nicht weniger als sechs waren es, darunter drei Blaufüchse! Hemmungslos neugierig waren sie, fast schon unverschämt. Schließlich mussten wir die Rettungswesten vor ihnen in Sicherheit bringen.
Und das Wetter kam schließlich ebenfalls noch, der Nordwesten Spitzbergens wird seinem unguten Ruf, eine Wetterecke zu sein, mal wieder gerecht. Bevor der angekündigte Wind sich hier so richtig festsetzt, dampfen wir lieber weiter nach Osten.
Dieser wettertechnisch etwas graue Tag beginnt mit einem kleinen Tundraspaziergang in der Engelskbukta.
Knöllchenknöterich und Silberwurz, ein paar Gräber und ein Speckofen aus der Walfängerzeit.
Später besuchen wir Ny-Ålesund, Spitzbergens nördlichste Siedlung, mit allem, was dazu gehört: alte Geschichten und moderne Forschung, Kongsfjordbutikken und Bergbau, Polargeschichte und Stadtführung.
Der Kongsfjord ist grau und bleibt es wohl in den nächsten Tagen auch. Bevor der angekündigte Nordwind einsetzt, machen wir den Sprung entlang der nördlichen Westküste nach Norden.
Der Forlandsund präsentierte sich heute neblig-grau und etwas windig. Kurzum, wir verzogen uns in den St. Jonsfjord und hofften auf bessere Bedingungen. Und: Volltreffer! Eine herrliche Gletscherlandschaft im Sonnenschein. Viele auf dem Wasser treibende kleine Eisstücke von den zwei sehr aktiven Gletschern hinten im Fjord. Einer der beiden stößt derzeit kräftig vor; über die Position, wo wir noch 2019 mit der Antigua waren, hat sich seitdem schon der Gletscher vorgeschoben! Der Nachbargletscher zieht sich hingegen zurück, wie die allermeisten Gletscher Spitzbergens.
Wir sahen uns das aus allen möglichen Perspektiven an: von einem perfekt positionierten Bergrücken, vom Wasser aus und von einer ganz jungen, kleinen Insel aus, die gerade erst in den letzten Jahren vom Gletscher freigegeben wurde. Auf dieser Insel waren vor uns sicher nicht viele an Land gewesen!
Es ist immer noch Montag, der 09. August – der Tag ist noch nicht vorbei. Nach einer kleinen Nebel- und Schaukelphase bei der Ausfahrt um den Isfjord empfängt der Forlandsund uns mit Sonne – und Dutzenden von Finnwalen!
Beim Prins Karls Forland holt der Nebel uns wieder ein. Trotzdem lassen wir uns die Gelegenheit für einen spätabendlichen Besuch bei den Walrossen nicht entgehen.
Die Sonne versteckte sich hinter einer Wolkendecke, aber windstilles Wetter und klare Sicht luden zu einer längeren Wanderung über die Erdmannflya ein, ein weites Tundraland mit vielen Rentieren, verschiedenen Vögeln, Seen, Feuchtgebieten und kleinen Felsrücken mit schönen Aussichten. Die Tour nahm den größeren Teil des Tages ein, abgerundet durch eine kleine Fahrt mit dem Schiff zum Esmarkbreen, dem Gletscher in der Ymerbukta. Nun hüllt der Nebel uns ein, während wir den Isfjord verlassen und bald in den Forlandsund einbiegen werden.
Endlich, nach fast zwei Jahren, heißt es wieder „Spitzbergen unter Segeln“! Die Freude ist groß, wir können es noch kaum fassen und glauben es erst so richtig, nachdem wir abgelegt haben. Aber nun sind wir unterwegs! Skipper Heinrich, meine Kollegin Helga und weitere neun, die sich auf 18 Tage Spitzbergen auf der Arctica II freuen.
Der erste Abend bringt gleich die ersten Schritte an Land in der Borebukta, auf der Nordseite des Isfjord. Und gleich auf den ersten Metern das erste Walross, und Blicke über die Tundra im goldenen Licht der beinahe mitternächtlichen Sonne.
Wie neulich schon erwähnt – wir verbringen viel Zeit draußen unterwegs, und natürlich steht auch in Longyearbyen ständig irgend etwas auf dem Zettel. Der Computer hat relativ viel Pause, zum Schreiben bleibt nicht viel Zeit. Dafür dampfen immer wieder die Wanderschuhe oder der Außenborder unseres Zodiacs, und immer wieder glüht der Kamerasensor.
Aber dennoch sollen ein paar Eindrücke von unseren Erlebnissen hier nicht fehlen.
Wiedersehen mit der Antigua
Die Antigua in der Ymerbukta.
Wir sind ihr nach ihrer Überfahrt ein Stückchen entgegen gekommen.
Ganz vorneweg: Die Antigua ist da! Herrlich! Wir haben es uns nicht nehmen lassen, ihr mit unserem kleinen Zodiac entgegen zu kommen. Ein wunderbares Wiedersehen mit Kapitän Mario und seiner Mannschaft gab es dann in der Ymerbukta! Dort machte die Mannschaft nach der langen Überfahrt Pause, und zur Feier des Tages haben wir der Colesbukta gemeinsam noch einen Besuch abgestattet, bevor es nach Longyearbyen ging. Dort macht die Mannschaft das Schiff nun startklar für die erste Fahrt, die am 11. August losgeht. Ich freue mich darauf, Ende August dazuzustoßen, zunächst bin ich ja bald erst mal mit der Arctica II unterwegs.
Mit Antigua-Kapitän Mario in der Colesbukta.
Das freudige Wiedersehen wird gepflegt begossen.
Pyramiden und Dickson Land
Es ist ja mittlerweile schon wieder eine Weile her, dass wir ein paar Tage in Pyramiden und Umgebung unterwegs waren. Einen versteinerten Wald gesucht und gefunden, der in einem der umliegenden Täler schon ein Weilchen steht, rund 400 Millionen Jahre im Gestein konserviert, seit er einmal bei einem Hochwasser von Schlamm bedeckt wurde – stehend, so wie er gewachsen war. Einen anderen Teil dieses Waldes hatten wir letztes Jahr schon gesehen; er wird derzeit an mehreren Stellen vom Fluss wieder ans Tageslicht gebracht, zumindest für eine geologische Millisekunde, um dann für immer zu verschwinden. Wenn man das Glück hat, in diesem Moment in der Nähe zu sein, muss man es ausnutzen!
Und überhaupt ist das Dickson Land ja einer der schönsten Teile Spitzbergens, wie ich finde.
Norwegens arktischer Norden (1): Spitzbergen
vom Polarlicht bis zur Mitternachtssonne. Ein erzählend-informativer, üppig illustrierter Bildband, thematisch und geographisch rund um die schönen Inseln im Norden.