Die Vogelgrippe ist nun auf Spitzbergen und damit erstmalig in der Arktis nachgewiesen worden. Forscher hatten damit gerechnet, dass das Vogelgrippevirus nun dort ankommen würde, da es im Frühjahr einen großen Ausbruch unter Weißwangengänsen in England und Schottland gegeben hatte. Diese Gänse ziehen im Frühjahr nach Svalbard und brüten jetzt dort. Gerade in und um Longyearbyen herum sind sie nach dem Frühjahrszug in großer Zahl zu finden, bevor sie sich auf die Brutplätze verteilen.
Weißwangengänse: mögliche Überbringer der Vogelgrippe (hier in Ny-Ålesund).
Der aktuelle Nachweis stammt von einer Eismöwe, die von einer Spaziergängerin tot am Ufer in der Nähe des Hafens in Longyearbyen gefunden wurde, wie NRK berichtet.
Das Vogelgruppevirus ist für Vögel hoch ansteckend und gefährlich, so dass man sowohl für Zuchtvogelbestände in Norwegen als auch für die großen Vogelkolonien in Spitzbergen mit möglicherweise schlimmen Folgen rechnen muss.
Funde toter Vögel sollen dem Sysselmester gemeldet werden. Auf keinen Fall soll man tote Vögel oder Vogelkot berühren, auch wenn die Ansteckungsgefahr für Menschen gering sein soll.
Mit der Meander haben wir dieses Jahr bereits die Überfahrt von Norwegen nach Spitzbergen gemacht, Ende August geht es mit ihr in Spitzbergen auf Fahrt und künftig haben wir mit ihr viel vor (die Termine für 2023 sind gerade in Arbeit, hier (klicken) ist schon einmal der Überblick, in den nächsten Tagen gibt es weitere Details).
Um genau das zu erreichen, hat Christiane Dalcolmo das Projekt Sailing SOUTH 2024 ins Leben gerufen. Sailing SOUTH 2024 ist die Idee, im Kielwasser von Ernest Shackleton zu reisen – zur Antarktischen Halbinsel und nach Südgeorgien. Nicht auf einem größeren Kreuzfahrtschiff, sondern unter Segeln, und zwar auf einem kleinen Schiff für großes Abenteuer.
Christiane sucht wagemutige Mitseglerinnen und Mitsegler, damit Sailing SOUTH 2024 Realität werden kann. Stattfinden soll die große Reise an 46 Tagen, vom 04.02.2024 bis zum 20.03.2024. Wer dabei sein will, sollte seefest und abenteuerlustig sein und in der Lage, Zeit und Geld in einen großen Traum zu stecken.
Da ich für ein solches Projekt ganz viel Sympathie habe, mache ich gerne hier darauf aufmerksam. Eigene Interessen verfolge ich dabei nicht, ich werde leider nicht dabei sein können (falls jemand meine Teilnahme sponsern will – nur zu, wenn ich könnte, wäre ich sofort dabei!), auch wir als Geographische Reisegesellschaft sind nicht involviert – es ist ein Projekt von Christiane Dalcolmo, der ich dazu alles Gute und viel Erfolg bei der Suche nach MitseglerInnen wünsche! Alle weiteren Informationen findet man hier auf der Seite, die Christiane für das Projekt Sailing SOUTH 2024 gestaltet hat.
Nach langer, kontroverser und oft emotionaler Diskussion hat nun die Regierung in Oslo entschieden und offiziell mitgeteilt: In Longyearbyen lebende Ausländer (Menschen ohne norwegischen Pass) wird das kommunale Wahlrecht entzogen sowie die Möglichkeit, für den Gemeinderat (lokalstyre) zu kandidieren.
Dieser kontroverse Vorschlag war eine Weile in der Diskussion und wurde auch auf dieser Seite bereits aufgegriffen; auf den entsprechenden Beitrag (hier klicken) wird für die Hintergründe verwiesen.
Effektiv bedeuten die neuen Regeln, dass Menschen ohne norwegische Staatsbürgerschaft, die in Longyearbyen wohnen, zudem mindestens drei Jahre in einer Gemeinde auf dem Festland als wohnhaft gemeldet (gewesen) sein müssen, um in Longyearbyen das aktive und passive Wahlrecht zun haben. Das trifft auf einen großen Teil der in Longyearbyen lebenden, nicht-norwegischen Bevölkerung nicht zu, unabhängig von der Länge der Zeit, die diese in Longyearbyen gelebt haben. Manche werden nun nach vielen Jahren bei der nächsten Kommunalwahl 2023 nicht wieder wählen dürfen und sind von einer Kandidatur ausgeschlossen.
Wie man sich vorstellen kann, führt die Entscheidung bei vielen Betroffenen zu Frustration und dem Gefühl, als Bürger zweiter Klasse behandelt zu werden, wie Svalbardposten schreibt.
Justizminsterin Emilie Enger Mehl begründet die Entscheidung folgendermaßen (aus der amtlichen Mitteilung der norwegischen Regierung, eigene Übersetzung): „Die Verbindung zum Festland trägt dazu bei, dass die, die zu jeder Zeit diese Gemeinde verwalten, gute Kenntnis und ein gutes Verständnis der Svalbardpolitik und des für Svalbard geltenden Rahmens haben. … Es werden … zum Betrieb von Dienstleistungen und Infrastruktur bedeutende Mittel vom Festland überführt. Einwohner mit Anbindung ans Festland werden daher oft zu dieser Finanzierung beigetragen haben. Die Forderung nach der Anbindung ans Festland muss auch in diesem Licht gesehen werden.“
Chor in Longyearbyen. Mitsingen darf jeder, wählen nicht.
Ergänzung (19.6.): Laut NRK sind etwa 700 EinwohnerInnen betroffen, die bislang wahlberechtigt waren. Im Gemeinderat sitzt derzeit genau eine Person mit nicht-norwegischer Staatsbürgerschaft, nämlich die Schwedin Olivia Ericson.
Kommentar
So weit so klar: wer (möglicherweise) gezahlt hat, soll bestimmen; wer nicht oder nur wenig (die Steuern in Spitzbergen sind niedrig) gezahlt hat und nicht den richtigen Pass hat, wird nicht politisch beteiligt.
Der Gemeinderat ist genau das: ein Gemeinderat. Er verwaltet lokale Verkehrswege, Kindergärten, Schule, sonstige Infrastruktur – was eine Gemeinde eben so macht. Auf die nationale Gesetzgebung einschließlich jener, die für Svalbard gilt, hat Longyearbyen Lokalstyre keinen Einfluss (sonst wäre diese Entscheidung der Regierung wohl auch kaum so gefallen, vor Ort sind die meisten gegen diese Änderung). Außerhalb des Gemeindegebiets hat der Gemeinderat nichts zu sagen.
Man fragt sich, wovor die norwegische Regierung Angst hat. Bislang ist die Lokalstyre fest in norwegischer Hand. Und selbst wenn eines Tages Dänen und Schweden, Deutsche und Thailänder ihrem Bevölkerungsanteil entsprechend in der Lokalstyre sitzen und über die Finanzierung einer Straße oder eines Kindergartens mitbestimmen wollen – wo ist das Problem? Ein lokaler Abgeordneter der Rechtspartei („Høyre“) hat im Gemeinderat dazu letztes Jahr sinngemäß gesagt: „Hierbei geht es um Sicherheit, und da können wir keine Kompromisse eingehen.“
Das hätte man gerne etwas konkreter. Wo werden hier norwegische Sicherheitsinteressen berührt oder gar eingeschränkt?
Selbst wenn es so wäre: Die aktuelle Entscheidung ist nach Stand der Dinge präventiv, ein nennenswerter Einfluss nicht-norwegischer Gruppen auf die Lokalpolitik ist nicht erkennbar und auch nicht absehbar.
Für diese Prävention nimmt die norwegische Regierung in Kauf, dass ein wesentlicher Teil der Bevölkerung Longyearbyens sich nun als Bürger zweiter Klasse sieht.
Norwegische Politiker lassen keine Gelegenheit aus, um darauf hinzuweisen, dass Svalbard norwegisch ist, dass Longyearbyen norwegisch ist. Aber auf einmal soll eine Wohnzeit beliebiger Länge in Longyearbyen nicht mehr ausreichen, um den Rahmen norwegischer Politik für Spitzbergen zu verstehen?
Justizministerin Mehl sagt: „Niemand wird von den demokratischen Prozessen ausgeschlossen, aber du musst drei Jahre auf dem Festland gewohnt haben, um in der Lokalstyre zu sitzen.“ (Svalbardposten).
Es ist schwer zu sagen, was mehr beunruhigt: Dass die Regierung so einfach über die zahlreichen Hörungseingaben, die sich diesem Vorschlag gegenüber ablehnend geäußert haben, hinweg gegangen ist. Dass Mehl einfach behauptet, niemand würde „von den demokratischen Prozessen ausgeschlossen“, wenn tatsächlich genau das passiert. Kaum ein Bewohner Longyearbyens nichtnorwegischer Herkunft hat drei oder mehr Jahre in einer norwegischen Festlandsgemeine gelebt, und diese Bedingung ist für die allermeisten kaum zu erfüllen. Der Wunsch, das zu tun, wird auch kaum wachsen, nachdem Oslo den Betreffenden nun so deutlich den Mittelfinger gezeigt hat – ja, eine starke Interpretation des Vorgangs, aber genau so fassen viele diesen auf. Wo in einem europäischen, modernen, demokratischen Land wird Ausländern heutzutage das Stimmrecht entzogen, das sie über viele Jahre hatten? Es ist eine politisch unappetitliche, rechtsnationalistisch und ausländerfeindlich anmutende Entscheidung, die die norwegische Regierung hier getroffen hat. Innerhalb der europäischen Regierungen begibt sie sich damit in eine Gesellschaft, in der sie sich selbst wohl kaum sieht.
Die MS Virgo, die im Fuglefjord auf Grund gelaufen war, ist zurück in Longyearbyen. Sie soll unter Begleitung, aber unter eigener Kraft vom Nordwesten Spitzbergens, wo der Fuglefjord liegt, bis in den Hafen in Adventfjord gefahren sein.
Taucher der Küstenwache hatten vor Ort im Fuglefjord versucht, das Leck provisorisch abzudichten, was aber wohl nicht geklappt hat. Darüber hinaus wurde wohl Diesel von Polarsyssel, dem Dienstschiff des Sysselmesters, abgepumpt.
MS Virgo in Longyearbyen, heute (Donnerstag) Vormittag.
Weitere Informationen gibt es aber bislang nicht, vor allem über den Umfang des Schadens sowie über die Menge möglicherweise im Fuglefjord ausgelaufenen Treibstoffs (Diesel) sowie über den genauen Unfallhergang ist noch nichts öffentlich bekannt.
Es ist genau das Scenario, vor dem man sich fürchtet: Das Auflaufen eines Schiffes mit Beschädigung eines Treibstofftanks.
Was genau gestern Vormittag im Fuglefjord im Nordwesten Spitzbergens passierte und was für Folgen es haben wird, ist derzeit noch nicht (öffentlich) bekannt. Klar ist, dass das kleine schwedische Expeditionskreuzfahrtschiff MS Virgo gestern (Dienstag, 14.6.) gegen 10 Uhr Vormittags im Fuglefjord Grundberührung hatte. Wahrscheinlich geschah die Grundberührung bei der Anfahrt von Norden während der Passage einer Gruppe kleiner Felsen und Inselchen, die als Fugleholmane bekannt sind. Diese Passage ist kleinen Schiffen normalerweise bei vorsichtiger Navigation problemlos möglich, die Gewässer sind sind Jahren gut kartiert und es gibt mehrere Routen, die zwar schmal sind, aber oft befahren werden. Der Fuglefjord selbst ist durchgehend tief (von einer 7,5 Meter Untiefe im Eingangsbereich abgesehen, die einem kleinen Schiff wie der Virgo mit einem deutlich geringeren Tiefgang aber nicht gefährlich werden kann). Nur der innerste Teil des Fjords in Gletschernähe ist unkartiert.
Enge Passage zwischen Felsen und Untiefen im Bereich der Fugleholmane bei der Einfahrt in den Fuglefjord von Norden.
Was gestern schief ging und wie es zur Grundberührung kam, ist noch nicht bekannt.
Der Sysselmester hat aber bekannt gegeben, dass nicht nur der Rumpf, sondern auch ein Treibstofftank beschädigt wurden, so dass die Gefahr des Treibstoffaustritts besteht. Die MS Polarsyssel, das mit Ausrüstung zur Verhinderung von Ölausbreitung ausgerüstete Dienstschiff des Sysselmesters, war in wenigen Stunden zur Stelle. Arbeiten zum Abdichten des Lecks und zur Verhinderung der Ausbreitung von Treibstoff wurden sofort begonnen.
Verletzt wurde niemand. Es waren 13 Passagiere und eine siebenköpfige Mannschaft an Bord.
Wie alle Schiffe in den meisten Teilen Spitzbergens fährt die Virgo mit marinem Diesel. Schweröl darf sich in den Nationalparks und Naturreservaten, die einen Großteil der Inselgruppe umfassen, seit Jahren nicht mehr an Bord befinden. Schwere, lang andauernde Ölpesten werden durch Roh- oder Schweröl verursacht, das aber hier glücklicherweise nicht vorhanden ist; diese Gefahr besteht also immerhin nicht. Eine leichtere, weniger lang andauernde Verschmutzung durch Diesel ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand aber nicht auszuschließen. Da sich in der Umgebung große Vogelkolonien befinden wie die Krabbentaucherkolonien auf den vorgelagerten Inseln Fuglesongen und Nachbarinseln, könnte eine Verschmutzung mit Treibstoff potenziell ökologisch verheerende Folgen haben.
Schnee von gestern, das sind die Schneefelder rund um Longyearbyen nun im unmittelbaren Sinne, jedenfalls zu einem großen Teil. Nach einem teilweise immerhin recht kalten Winter (trotz einiger heftiger Regentage im März) kam die Schneeschmelze gegen Ende Mai zwar halbwegs kalendergerecht, aber dann im Verlauf deutlich schneller als üblich. In und um Longyearbyen schmilzt der Schnee immer um Wochen früher und schneller als sonstwo – es gibt ein paar typische Flecken wie die nur wenige hundert Meter kurze Motorschlittentrasse zwischen Longyearfluss und Tankstelle sowie die eine oder andere kurve im unteren Adventdalen, die besonders prekär sind und oft die winterliche Tourensaison für weniger Hartgesottene beenden, die ihren Motorschlitten nicht im Adventdalen parken und mit per Auto herbeigeschafften Kanistern betanken wollen.
Longyearbyen-Kenner haben „Nofretete“ und „Sektglas“ auf dem Schirm. Wenn der Schnee auf großen Flächen weg ist, bleiben immer noch einige Schneefelder, die sich teilweise bis weit in den Sommer hinein halten, wenn auch schrumpfend. Vor allem zwei dieser Schneefelder haben sehr markante Formen. Da wäre einmal die Nofretete:
Das Schneefeld „Nofretete“ auf der Nordseite des Adventfjord. Von Longyearbyen selbst aus ist es nicht sichtbar. Die Ähnlichkeit mit dem berühmten Profil der Büste der altägyptischen Schönheit ist deutlich, auch wenn Nofretete hier etwas schlecht gelaunt zu sein scheint.
Noch berühmter ist das „Sektglas“, ein Schneefeld von entsprechender Form am Operafjellet, östlich von Longyearbyen im Adventdalen. Das „Sektglas“ ist im Frühsommer von Longyearbyen aus deutlich sichtbar.
Das noch nicht ganz von der Umgebung freigestellte „Sektglas“
am Operafjellet östlich von Longyearbyen, Ende Mai 2022.
Zum Sektglas gibt es noch eine kleine Geschichte, die jedes Jahr in Longyearbyen Aufmerksamkeit auf sich zieht: Und zwar führt das Schmelzen des Schnees zuverlässig dazu, dass das Sektglas zunnächst eine ziemlich perfekte Form bekommt – der Kelch etwas runder und weniger schlank als üblich – aber dann „bricht“ der Stiel, oder auf norwegisch: „stetten går“, der Stiel „geht“. Das „Gehen“ des Stiels ist das letzte Ereignis in der Natur in und um Longyearbyen, das den Sommer endgültig einleitet (das erste ist das Erscheinen der Schneeammer).
Meistens „geht“ der Stiel Ende Juli oder Anfang August. Davor kann man bei der Lokalzeitung Svalbardposten einen Tipp abgeben, an welchem Datum der Stiel im jeweiligen Jahr wohl bricht. Dem Sieger oder der Siegerin winken Ruhm und Ehre.
Dieses Jahr bewies Sarah Gerats (manchen sicher als geschätzte Guide-Kollegin auf der Antigua bekannt) das richtige Gespür und gab nicht als einzige, aber als erste den richtigen Tipp ab, dass der Stiel bereits am 6. Juni (!) gehen würde. Und so kam es tatsächlich.
Das Sektglas mit gebrochenem Stiel am 6. Juni 2022.
Damit gehört der diesjährige Sektglasbruch zu den frühesten seiner Art, was mit den sehr warmen Tagen Ende Mai zu tun hat, wo in Longyearbyen mit über 12 Grad die wärmsten Mai-Temperaturen seit Jahrzehnten gemessen wurden. Der früheste Stielbruch aller Zeiten war es aber wohl nicht.
Sarah Gerats, Gewinnerin der diesjährigen Sektglas-Wette.
Hier zusammen mit dem damaligen Antigua-Kapitän Mario Czok bei der Bäreninsel (2018).
Wenn es mit den von Marga empfohlenen Sendungen losgeht, heißt es im Norden bereits auf der Antigua: Segel setzen und Kurs ins Eis. Dann gibt es Arktis live und in Farbe, mit frischem Wind um die Nase! Und dem kann man natürlich im Arktis-Reiseblog folgen, der auf der gleichen Seite erscheint wie dieser Beitrag.
Arktis Fernsehtipps: Der Fernseher in der Ritterhütte auf Gråhuken.
Der Empfang ist dort mitunter allerdings eher schlecht.
Die Listen werden bei Bedarf aktualisiert. Sachdienliche Hinweise werden von jeder Spitzbergen.de-Dienststelle entgegengenommen.
Margas Arktis-Fernsehtipps auf Arte im Juni
Freitag, 03.06., 16.55 Uhr: „Kanada – Eine Familie auf sich gestellt in Yukons Wildnis“ (CDN 2014, EA)
Samstag, 04.06., 08.05 Uhr: GEO-Reportage: „Norwegen, die Rentierprinzessin“ (D, 2018)