Die am 20. September vom norwegischen Wetterdienst veröffentliche Eiskarte ist derart auffällig, dass man sie sich ansehen sollte. So wenig Eis im Nordatlantik hat es schon lange nicht mehr gegeben, und es ist nur zu hoffen, dass die Entwicklung in naher Zukunft wieder mehr Eis zu den Küsten von Spitzbergen und Franz Josef Land bringt, nachdem das übliche saisonale Minimum Ende September überschritten ist.
Während Norwegens öffentliche Aufmerksamkeit sich am 22. Juli auf den Prozess gegen den Attentäter Breivik richtete, hat der Ölriese Statoil neue Suchaktivitäten in der Arktis angekündigt. Im Hoop-Feld, 250 km nördlich der Sørøya unweit des Nordkaps von Norwegen und nur gut 100 Seemeilen südöstlich der Bäreninsel, sollen bereits 2013 2-3 Suchbohrungen niedergebracht werden.
Das schnelle Vorgehen steht bei Umweltschützern in der Kritik: Die Exploration rückt in die Nähe der saisonalen Treibeisgrenze sowie der ökologisch sehr wichtigen Polarfront, aber fernab ausreichender Bereitschaftskapazitäten im Fall von Havarien.
Im Juli 2012 hat es in den Hotels und Gästehäusern Spitzbergens 11200 Übernachtungen gewesen, die zu etwa 2/3 Freizeitzwecken wie Reise und Urlaub dienten. Von der Gesamtzahl entfallen etwa 56 % auf norwegische Gäste, womit der Anteil der internationalen Belegung um 8 % im Vergleich zum Juli 2011 angestiegen ist.
Das Umsatzwachstum von 3 % ist somit auf Preissteigerungen zurückzuführen.
Im Sommer 2012 haben 38500 Touristen auf Kreuzfahrtschiffen besucht, ein Wachstum von 75 % im Vergleich zum Vorjahr. Das Wachstum liegt praktisch aussschließlich im Segment der großen Kreuzfahrtschiffen mit Kapazitäten von vielen hundert oder mehreren tausend Passagieren. Die Anzahl der Schiffsbesuche ist etwa konstant geblieben, aber die Größe der Schiffe steigt an. Im Segment der deutlich kleineren Expeditionskreuzfahrtschiffe bleiben die Zahlen konstant.
In den Häfen Nordnorwegens liegt das Wachstum bei immer noch eindrücklichen 41 %.
Die Aida Cara (Passagierkapazität 1339) am 02. Juli in Longyearbyen.
Vor der Nordküste Spitzbergen ist vergangene Woche ein kleines Segelboot nachdem es auf Grund gelaufen war, gesunken. Die beiden englischen 70jährigen Segler konnten ca. 2 Stunden nachdem sie in ihr Rettungsboot gestiegen waren per Hubschrauber gerettet werden. Die Männer waren mit ihrem Segelschiff auf eine unter der Wasseroberfläche liegende Klippe aufgelaufen. Zunächst versuchten die Segler, sich auf einer Rettungsinsel in Sicherheit zu bringen, aber die Rettungsinsel war defekt. Sie konnten dann gerade rechtzeitig ein noch zusammengepacktes Schlauchboot aufblasen, bevor, unmittelbar nachdem sie im Schlauchboot saßen, ihr Segelschiff sank. Trotz schlechter Sicht und Schneegestöber konnte der Hubschrauber sie mit leichten Unterkühlungen ins Krankenhaus nach Longyearbyen fliegen.
Die Untiefe an der Mündung zum Raudfjord ist auf den Seekarten deutlich eingezeichnet.
Nordküste Spitzbergens von der Insel Moffen aus gesehen
Am Sonntag (02. September) hat es im Nordatlantik, westlich von Spitzbergen, ein Erdbeben der Stärke 5,2 gegeben. Damit war das untermeerische Beben allerdings zu schwach, um ernsthaft spürbar zu sein, allenfalls in Ny Ålesund, dem nächstgelegenen Ort, hätten aufmerksame Beobachter die leichten Erschütterungen wahrnehmen können.
Zwei Tage zuvor hatte es in der Nähe von Jan Mayen ein untermeerisches Erdbeben gegeben, das bei der Station zu großen Erlebnissen und kleinen Sachschäden führte. Der mittelatlantische Rücken, der zwischen Spitzbergen und Grönland verläuft, ist eine Zone häufiger Erdbeben, die aber nur sehr selten nennenswerte Stärke erreichen. Spitzbergen selbst ist keine Erdbebenzone, nur im Storfjord verläuft ein kleines Erdbebengebiet, und auch nur sehr selten von spürbaren Erdbeben betroffen.
Diese Verwerfungen im Billefjord gingen in der geologischen Vergangenheit mit kräftigen Erdbeben einher, sind aber heute von Natur aus »stillgelegt«.
Eisbärenalarmsysteme für Zeltlager sind ein Ärgernis: Für sicheres Zelten sind sie erforderlich, sofern kein zuverlässiger Polarhund oder genügend Personen für eine nächtliche Eisbärenwache vorhanden sind. In Longyearbyen ist aber derzeit kein System zuverlässig auf dem Markt erhältlich. Im Oktober 2011 wurde auf dieser Seite davon berichtet, dass die britische Firma Arctic Limited ein eigens hergestelltes System vertreibt. Nun liegen erste Erfahrungsberichte von Nutzern vor:
»Wir haben uns nach vielen Tests und Überlegungen für dieses System von Arctic Ltd. entschieden und vier Einheiten gekauft. Unsere Erfahrung ist durchwachsen. Die Teile sind nicht billig, aber hervorragend verarbeitet und recht klein und leicht, also auch auf Skitouren gut zu transportieren. Wir haben nicht den mitgelieferten, sehr dünnen Faden verwendet, sondern eine Rolle stärkere Schnur (die auch besser zu sehen war). Wir haben Knallpatronen mitgebracht, die sich allerdings bei Wind als nicht besonders laut erwiesen haben. Evtl. gibt es da vor Ort andere Patronen mit einem lauteren Knall. Das System hat einmal nachts bei Wind ausgelöst, weil ein Pulkagestänge umgekippt und auf den Zaun gefallen ist. Einmal habe ich es morgens aus Versehen (einfach den Zaun übersehen) ausgelöst. Ansonsten sind uns beim Aufbau (genauer beim Scharfmachen) einige Patronen losgegangen, weil die Schnur zu sehr gespannt war. Aufgespannt haben wir den Zaun mithilfe der Skier, an welche das System mit Spannriemen befestigt wurde. Das hat sich gut bewährt. Nur ein Teil war so konstruiert, dass man es am Ski nur schlecht spannen, bzw. scharfmachen konnte.
Wir haben keine Vergleichsmöglichkeiten zu den auf Spitzbergen üblichen Modellen. Wir hätten uns gewünscht, dass das System von Arctic Ltd. etwas lauter gewesen wäre. Zudem muss man es aufgrund der geringen Größe beim Scharfmachen doch ziemlich vorsichtig behandeln, um nicht aus Versehen einen Schuss auszulösen.«
Auch der Autor hat das System im Juli 2012 getestet. Das Fazit vorneweg: Das System von Arctic Ltd. ist empfehlenswert, nicht nur, weil es derzeit das am leichtesten erhältliche ist. Im Gegensatz zu den sonst »üblichen« (aber derzeit kaum zugänglichen) Modellen sind die Knallkörper (Schrotpatronen ohne Schrot) deutlich preisgünstiger, der Anschaffungspreis geht in die Auslösermechanismen, die vielfach wiederverwendbar sind und nicht in Einwegkomponenten. Diese (also die Knallkörper) sind so leicht und billig, dass man problemlos eine relativ hohe Anzahl davon mitführen kann, was sehr praktisch ist, da gelegentliche Fehlauslösungen auf Dauer kaum vermeidbar sind (Wind, unaufmerksame Lagerbewohner, Rentiere, …).
Einigkeit besteht, dass der Knall lauter sein sollte. Laut Hersteller gibt es Spezialmunition, die diesem Wunsch entspricht. Auch die ideale Schnur ist noch zu finden: Nach Ansicht des Autors sollte diese so dünn wie möglich sein, um für Eisbären möglichst unsichtbar zu sein und um die Gefahr unbeabsichtigter Auslösungen durch Wind zu reduzieren. Gleichzeitig muss sie natürlich reiß- und abriebfest sein und sie sollte nicht dehnbar sein (dann wird sie vorm Auslösen möglicherweise fühlbar).
Im Fall der Bestellung des Autors nahm der Versand einige Zeit in Anspruch, was aber nicht am Hersteller, sondern an der Post lag. Laut Hersteller ist der Versand etwa nach Deutschland rechtlich problemlos, Gegenstimmen hat es hier allerdings auch schon gegeben, denen zufolge bestimmte amtliche Prüfungen erst noch erfolgen müssten, immerhin handelt es sich um Mechanismen, die zum Abschuss von Schrotmunition (ohne Lauf) geeignet sind. Dies ist derzeit nicht abschließend geklärt.
Entscheidend für die möglichst zuverlässige Funktion sind auch solide, gut im Boden verankerte Pfosten. Hier haben sich robuste Aluminiumrohre bewährt. Um sich auf verschiedene Untergründe einstellen zu können, kann eine Befestigung der Auslöser sinnvoll sein, die in der Höhe verstellbar ist, etwa mit Schlauchschellen. Zwei Drähte übereinander erhöhen die Sicherheit noch einmal deutlich.
Wie wichtig das Thema Eisbärensicherheit beim Zelten ist, hat deutlich sichtbar zuletzt der tödliche Eisbärenangriff auf ein englisches Zeltlager im August 2011 gezeigt (auf dieser Seite wurde mehrfach berichtet).
Eisbärenalarmsystem von Arctic Ltd., mit Kabelbinder und starkem Klebeband an einem Alurohr befestigt.
Seit 30 Jahren überwacht das norwegische meteorologische Institut ständig die Treibeisausbreitung, ähnliche Einrichtungen in anderen Arktis-Anrainerstaaten tun dasselbe mit vergleichbaren Ergebnissen: Nie war die Treibeisfläche in der Arktis so gering wie jetzt, nicht einmal im Spätsommer 2007, als die kräftig geschrumpfte Fläche bereits für breite Medienaufmerksamkeit sorgte. Im Vergleich zu 1979 fehlen jetzt 3 Millionen Quadratkilometer Eis, was der achtfachen Fläche Norwegens (ohne Spitzbergen) entspricht.
Sorgen bereitet nicht nur der Flächenverlust, sondern auch die qualitative Änderung: Der früher hohe Anteil an solidem, mehrjährigem Eis ist stark geschrumpft. Stattdessen besteht die Packeisfläche um den Nordpol überwiegend nur noch aus relativ dünnem einjährigen Eis, das weder in Sachen Dauerhaftigkeit noch als Lebensraum mit den dickeren mehrjährigen Schollen mithalten kann.
Die Treibeisgrenze bei Spitzbergen liegt derzeit fernab aller Küsten weit nördlich der Inselgruppe. Bedeutend dramatischer ist der Eisschwund aber auf der anderen Seite der Arktis, nördlich von Westkanada, Alaska und Sibirien.
Eis in der Hinlopenstraße, Mitte Juli 2005: so etwas hat es diesen Sommer nicht gegeben.