Longyearbyen verändert sich während der Corona-Krise: Seit Anfang März sind laut amtlicher Statistik 273 Personen abgewandert. Dazu kommt eine Dunkelziffer in naturgemäß unbekannter Höhe, da manche sich nicht abmelden oder sich auch vielleicht gar nicht erst angemeldet haben.
Wegen der fehlenden sozialen Absicherung von öffentlicher Seite und der im Frühjahr drastisch gestiegenden Arbeitslosigkeit können viele sich die hohen Lebenshaltungskosten in Longyearbyen nicht mehr leisten und sind in ihre Heimatländer gezogen. Der Spitzbergenvertrag sichert Bürgern vieler Staaten zwar freien Zugang, aber daher bietet Norwegen Spitzbergens Bewohnern keine Unterstützung etwa im Fall von Arbeitslosigkeit. Nach Auslaufen einer einmaligen staatlichen Unterstützung im Frühjahr standen Menschen ohne Einkommen oder finanzielle Reserven daher schutzlos im Regen.
Zu den Verlierern gehört wohl auch Longyearbyens Bank: die SpareBank Nordnorwegen schließt 16 Filialen im Norden des Landes, darunter auch die in Longyearbyen, die einzige Bank im Ort. Das soll allerdings nichts mit Corona zu tun haben, sondern mit verändertem Verbraucherverhalten: Laut SpareBank mache die Digitalisierung den direkten Kontakt mit einer Bankfiliale überflüssig, wie die Svalbardposten erfahren hat. Wie man sich denken kann, stößt die Ankündigung in Longyearbyen gerade in Krisenzeiten auf starke Kritik.
Post und Bank in Longyearbyen: die Post bleibt, die Bank geht.
Glück gehabt hat hingegen die Post: Während in Norwegen die meisten Postfilialen geschlossen werden und Postdienste in großen Teilen des Landes künftig nur noch in Geschäften und Supermärkten zu finden sein werden, bleibt die Post in Longyearbyen erhalten. Darüber hinaus wird es nur noch Filialen in Oslo geben.
Die Serie trauriger Nachrichten aus Spitzbergen will nicht abreißen. Am Mittwoch kam ein Eisbär im Zusammenhang mit einer Betäubung und Markierung durch Wissenschaftler ums Leben, wie der Sysselmannen bestätigte.
Der Vorfall ereignete sich im Wijdefjord in der routinemäßigen Herbstkampagne zum Markieren von Eisbären. Dabei werden Eisbären vom Hubschrauber aus betäubt und anschließend gewogen, markiert und es werden üblicherweise Proben genommen. Das Tier war der „30. oder 31.“ Bär der aktuellen Kampgne.
Bekannt ist zunächst nur, dass der Bär die Prozedur nicht überlebte. Wann und warum er genau starb, ist bislang nicht veröffentlicht. Routinemäßig wurde beim Sysselmannen ein Verfahren eröffnet. Daher wurden bislang keine weiteren Details mitgeteilt, etwa ob ein Tierarzt anwesend war.
An dem Verfahren, regelmäßig eine große Anzahl von Eisbären vom Hubschrauber aus zu betäuben, was für die Tiere mit erheblichem Stress verbunden ist, wurde schon mehrfach substanzielle Kritik laut. Laut Jon Aars, dem führenden Eisbärenforscher des Norwegischen Polarinstituts, „verliere“ man bei 1000 Betäubungen üblicherweise 2 bis 4 Eisbären. Ihm selbst (Aars) sei dies nun seit 2003 zum dritten Mal passiert. Der Svalbardposten teilte Aars mit, dass das „Markieren dadurch gerechtfertigt wird, dass wir als Wissenschaftler meinen, dass die Informationen, die wir erhalten, wertvoll sind“.
Begegnungen zwischen Mensch und Eisbär haben dieses Jahr auf Spitzbergen bereits vier Bären und einen Menschen das Leben gekostet
(Symbolbild: harmloser Fund eines Eiesbärenschädels in der Hinlopenstraße).
Es ist bereits der vierte Vorfall dieses Jahr, bei dem ein Eisbär auf Spitzbergen durch Menschenhand ums Leben kommt. Vor dem tödlichen Angriff Ende August, bei dem ein Mensch starb, war schon Anfang Januar ein Eisbär von der Polizei erschossen worden, ohne dass eine unmittelbare Gefahrensituation vorlag, und Ende Januar starb ein betäubter Eisbär, der aus der Umgebung Longyearbyens ausgeflogen werden sollte, im Hubschrauber, wobei mutmaßlich erhebliche Fehler gemacht worden sind. Beide Fälle, vor allem jedoch die tödliche Betäubung von Ende Januar, zogen starke Kritik auf sich, wobei es auch darum ging, ob das Polarinstitut die Kompetenz zum Betäuben von Eisbären hat oder ob dabei ein Tierarzt anwesend sein sollte. Man darf auch daher gespannt sein, welche Details im aktuellen Fall noch ans Licht kommen werden, etwa ob ein Tierarzt anwesend war.
Eisbär auf der Phippsøya, an einem Tierkadaver nagend.
Wahrscheinlich war es genau dieser Eisbär, der 11 Tage später am gleichen Ort
von Mitarbeitern der MS Bremen erschossen wurde.
Zu dem Fall war es am 28. Juli 2018 gekommen, als insgesamt 14 Mannschaftsmitglieder der MS Bremen auf der Phippsøya, die zu den Sjuøyane gehört, an Land gingen, um einen Landgang für die Passagiere vorzubereiten. Unter den 14 Personen befanden sich der Expeditionsleiter, vier Eisbärenwächter, ein Fotograf und weitere Mannschaftsmitglieder. Als zwei der Eisbärenwächter losgeschickt wurden, um nicht einsehbares Gelände zu kontrollieren, begegneten sie dem Eisbären, der eine der beiden Personen angriff und am Kopf verletzte. Auch Schreckschüsse brachten den Bären nicht dazu, den Angriff zu unterbrechen, so dass zwei Personen insgesamt drei Schüsse abfeuerten und den Bären damit töteten. Der angegriffene Mann überlebte leicht verletzt.
Der Vorfall wurde von dem anwesenden Fotografen dokumentiert, so dass sich das Geschehen gut und unzweifelhaft rekonstruieren ließ.
Nach einer Entscheidung der Staatsanwaltschaft Troms und Finnmark (Nordnorwegen) wurde das Verfahren nun eingestellt. Einen Eisbären zu erschießen ist grundsätzlich verboten und strafbar, im vorliegenden Fall wurde aber Notwehr festgestellt.
Auch das Verfahren gegen die Firma wurde eingestellt. Hier war untersucht worden, ob die Sicherheitsroutinen ausreichend waren.
Die Untersuchung des Vorfalls war im November 2019 abgeschlossen, das Verfahren wurde danach jedoch noch wegen unklarer Zuständigkeiten und dann wegen der Corona-Krise verzögert.
Die norwegische Regierung hat beschlossen, mehrtägige Schiffsreisen in Spitzbergen noch weiter einzuschränken: Nun dürfen sich nur noch insgesamt – also Passagiere und Mannschaft zusammen – 30 Personen an Bord befinden. Ausgenommen sind Tagesfahrten ohne Übernachtung an Bord.
Die Regierung begründet dies mit den Schwierigkeiten, die ein Covid-19-Ausbruch an Bord eines größeren Schiffes in Spitzbergen mit sich bringen würde.
Die Le Boreal (hier 2015 im Liefdefjord) war eines der wenigen Schiffe, die diesen Sommer überhaupt in Spitzbergen mehrtägige Reisen durchgeführt haben.
Im Juni wurde die Tür für Expeditionskreuzfahrten einen Spalt weit geöffnet. Allerdings hielten die Auflagen wie etwa die Halbierung der Passagierkapazität viele Veranstalter und Reedereien davon ab, ihre Schiffe überhaupt nach Spitzbergen zu bringen. Nach einem Corona-Ausbruch auf der MS Roald Amundsen hat Hurtigruten die Expeditionsreisen vor ein paar Wochen bereits wieder eingestellt. Darüber hinaus war an größeren Expeditionskreuzfahrtschiffen nur noch die Le Boreal in Spitzbergen unterwegs, neben ein paar deutlich kleineren Schiffen: Der Origo gelangen ein paar Fahrten. Auch die Cape Race hat aktuell eine Reise gemacht, musste die weiteren, geplanten Reisen in Spitzbergen wegen der kürzlich eingeführten Quarantänepflicht für Reisende aus Deutschland aber bereits wieder absagen und wird nun versuchen, alternativ Reisen in Schottland anzubieten. Viel Glück!
Spätestens zum 1. November soll diese neue Regel wieder geprüft werden. Hier besteht kein Grund zur Eile: Für Anbieter mehrtägiger Schiffsreisen ist die Saison in Spitzbergen bis dahin ohnehin längst gelaufen – soweit sie 2020 überhaupt stattgefunden hat.
Das Wrack des Krabbentrawlers Northguider und Bergungsschiffe
im August 2019 vor dem Nordaustland in der Hinlopenstraße.
Die für 2019 geplante Bergung des Schiffes scheiterte aber zunächst. Erst verzögerte Treibeis die Arbeiten, und dann zeigte sich, dass das Wrack zu stark beschädigt war, um, wie zunächst geplant, in einem Stück entfernt zu werden.
Nun wurde die Northguider vor Ort in kleinere Teile zerlegt, die nach Norwegen gebracht wurden. Taucher bestätigten, dass sich vor Ort auch am Meeresboden keine Reste des Wracks mehr befinden, wie der Sysselmannen in einer Pressemeldung mitteilt.