Ein Tag in ein paar der abgelegensten Winkel Svalbards; Ecken, die kaum ein Mensch zu sehen bekommt. Das trifft ganz sicher auf die westliche Nordenskiöldbukta im Norden des Nordaustlands zu: schlechte kartierte, untiefenreiche Gewässer, wo die meisten Schiffe sich fernhalten. Aber Heinrich fährt die Arctica II nahezu wie ein Zodiac, und damit geht ja quasi alles.
So kommt man zum Beispiel mal zu der Gelegenheit einer Gletschertour auf dem Sabinebreen.
Gletscher aus der klassischen Perspektive gab es später beim Rijpbreen.
Als Abschluss des Tages haben wir der Kriegswetterstation Haudegen einen Besuch abgestattet. Finsteres Kapitel der Geschichte, aber spannend.
Galerie – Nordenskiöldbukta & Rijpfjord: Sabinebreen, Rijpbreen und Haudegen-Station
Die Nacht über haben wir Dampf gemacht. Irgendwann muss man die vielen Meilen ja mal machen. Ein Dank allen, die sich die Wachen am Steuer die nächtlichen Stunden hindurch geteilt haben!
Am späten Vormittag haben wir den Tag draußen am Kapp Rubin gestartet, einem felsigen, exponierten Vorgebirge auf der Nordseite des Nordaustlands. Auf den Spuren einer tragischen Überwinterung 1908-09 und der Expedition von Theodor Lerner, der 1913 erfolglos versuchte, dem auf dem Nordaustland tragisch gescheiterten Schröder-Stranz Hilfe zu bringen und dabei selbst sein Schiff verlor und in Not geriet, hier am Kapp Rubin.
Später haben wir den Ekstremfjord erkundet. Schräger Name, eine Erklärung dafür gibt es nicht. Vermutlich nach einem Schiff. Jedenfalls auch extrem viel Plastikmüll am Ufer (nun eine ganze Menge weniger) und auch extrem steinig. Aber auch extrem schöne Ausblicke über eine extrem karg-schöne Landschaft.
Galerie – Nordenskiöldbukta: Von Kapp Rubin zum Ekstremfjord
Was für 24 Stunden! In Ny-Ålesund eingeschlafen, in Ny-Ålesund aufgewacht … die verbleibende Zeit dort haben wir auf das Wesentliche konzentriert, schließlich war der Ort allen schon von früher gut bekannt. „Spitzbergen für Fortgeschrittene“ eben 😉 dafür hatten wir dann bei besten Bedingungen an der Diesetsletta an der Westküste Zeit für einen Landgang, wo man nicht jeden Tag hin kommt …
Dann war es Zeit, nach Norden zu kommen. In Virgohamna haben wir den Tag auf den Spuren von Andrée und Wellman abgerundet.
Es ist wunderbar, vor Anker in einer stillen, sonnigen Bucht aufzuwachen. Da wandert man doch direkt los … so geschehen heute auf dem Prins Karls Forland, und zwar ausgiebig. Wir waren lange unterwegs, die Ausblicke waren es wert!
Nachdem der erste Versuch, Walrosse zu besuchen, gestern bei Poolepynten „gescheitert“ war 😉 haben wir heute einen neuen Anlauf gemacht. Dieser war im originären Sinne erfolgreich. Gute Sache!
Eine stille Nacht vor Anker ist immer eine herrliche Sache! Und noch schöner ist es, wenn man morgens in die sonnenbeleuchtete Landschaft von Trygghamna schaut.
Die grüne Tundra rund ums Alkhornet ist wirklich eine arktische Naturperle. Rentiere, Füchse und mächtige Eiskeile, dazu ein Vogelfelsen wie ein Bienenschwarm, der für die passende Geräuschkulisse sorgt.
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Später ging es mit viel Sonne und etwas Wind in den Forlandsund hinein. Eigentlich hatten wir uns vorgestellt, eine Walrosskolonie zu besuchen. Das fiel aber aus. Da war schon besetzt …
Gestern ging es los in Longyearbyen mit der Arctica II. Nun sind wir gerade mal gut 30 Stunden unterwegs und schon fühlt es sich an, als hätten wir bereits drei Tage hinter uns.
Dabei war die Erwartung für den ersten Tag etwas begrenzt, mit Blick auf die Wettervorhersage. Es hatte in den letzten Tagen auch in Spitzbergen reichlich geregnet. Tatsächlich war es heute auch recht grau, aber immerhin trocken (zumindest da, wo wir waren).
Der Nordenskiöldbreen zieht sich weiterhin kräftig zurück, aber er ist immer noch riesig und hat an einigen Stellen eine beeindruckende Abbruchkante, auch wenn diese mehr und mehr von Felsen unterbrochen wird. Dass dort ein Eisbär unterwegs ist, ist nicht ungewöhnlich. Heute morgen fanden wir ihn (oder sie, besser gesagt). Was für eine Begegnung – die Eisbärin war tiefenentspannt, und wir durften auf höchstem Niveau genießen … noch vor der ersten Landung!
Diese führte von einer Moräne zu einem Fluss, wo die geologisch Interessierten sich über anstehende Steinkohle aus dem Karbon freuen konnten, bis zu der alten Hüttensiedlung Brucebyen aus frühen Bergbauzeiten.
Die weitere Fahrt durch den Billefjord nahm viel Zeit in Anspruch – so viele Weißwale (Belugas) und auch ein einsamer Buckelwal, das dauert einfach … 🙂
Am Svenskehuset haben wir den Tag, soweit er draußen stattfand, beendet. Ein spannender Ort mit spannender, dramatischer Geschichte.
Am Freitag (5.8.) Abend ist ein Eisbär im Krossfjord erschossen wurden, als er versuchte, in eine Hütte einzudringen, in der sich mehrere Personen aufhielten. Vorher soll versucht worden sein, den Bären zu verscheuchen, was aber nicht gelang.
Der Vorfall wird untersucht. Weitere Informationen sind noch nicht veröffentlicht, etwa der genaue Ort, der Verlauf oder wer involviert war.
Die Arktis zu definieren ist gar nicht so einfach. Je nach Kontext gibt es mehrere mögliche Definitionen. In Klimafragen zählen üblicherweise jene Regionen zur Arktis, deren Monatsmitteltemperatur auch im wärmsten Monat, dem Juli, unterhalb von 10 Grad bleibt. Wird es wärmer, schwindet auf Dauer der Permafrost und es wachsen irgendwann Sträuche und Bäume.
Temperaturen oberhalb arktischer Werte an zwei Messstationen
Ganz so weit ist es in Spitzbergen noch nicht, aber mehrere lokale Messstationen haben im Juli Werte aufgezeichnet, die die Zuordnung zum Bereich „Arktis“ schon nur noch randlich zulassen: Die Wetterstation am Flughafen bei Longyearbyen hat ein Monatsmittel von 10,1°C aufgezeichnet, in Pyramiden wurden 10°C gemessen. Am Flughafen lag die Temperatur ganze 3,1 Grad über dem derzeit gültigen Mittelwert, laut Zahlen des norwegischen meteorologischen Instituts, die in Medien wie dem Barentsobserver wiedergegeben werden.
Im Juli konnte man sich in Spitzbergen über Sonne und sommerliche Temperaturen freuen – klimatisch bedeutet das allerdings gar nichts Gutes: Die Erwärmung schreitet rasch voran, wieder wurden Temperaturrekorde gebrochen.
Nun wird es noch eine ganze Weile dauern, bis man in Spitzbergen echte Waldspaziergange machen kann, aber der Trend hin zur dramatischen Erwärmung ist klar: In der Messperiode 1991-2020 lag die Durchschnittstemperatur in den Sommermonaten von Juni bis August am Flughafen bei 5,5°C, aber wenn man nur die letzte Dekade betrachtet, ist der Wert laut norwegischem Polarinstitut bereits auf 6,4 Grad gestiegen. Aufgrund regionaler Effekte, vor allem dem Verlust von Meereis, verläuft die globale Erwärmung in der Arktis etwas dreimal so schnell wie anderswo.
Methanaustritte durch schmelzende Gletscher
Das führt zu beunruhigenden, die Entwicklung noch verstärkenden Effekten: Wissenschaftler haben nun in kürzlich von schmelzenden Gletschern freigegebenen Gebieten Gasaustritte entdeckt, wo vorher im Untergrund gespeicherte Gase freigesetzt werden. Dabei handelt es sich vor allem um Methan, das als Treibhausgas vielfach stärker wirkt als etwa Kohlendioxid. Die jährlich so in Spitzbergen derzeit freigesetzte Menge Methan wird in der Größenordnung von 2000 Tonnen geschätzt – immerhin ein Zehntel dessen, was in Norwegens Öl- und Gasindustrie so entweicht. Mit Fortschritt des Gletscherrückzugs könnte es allerdings noch viel mehr werden. Das berichtet die University of Cambridge auf ihren Seiten, wo auch der entsprechende Fachartikel verlinkt ist.
Bis Spitzbergen tatsächlich offiziell kein arktisches Klima mehr hat, wird es aber noch dauern: Beim eingangs erwähnten 10-Grad-Julimittel zählt die langfristige Betrachtung über eine klimatische Messperiode von 30 Jahren hinweg.
Fangfrisch präsentiert: Margas Arktis-Fernsehtipps für den August 2023. Soweit Gelegenheit zum Fernsehen ist. Ein paar Glückliche sind ja einen großen Teil des Monats über auf der Arctica II dabei und haben die Arktis tagtäglich rund um sich herum. Das gleiche gilt für die Meander Ende des Monats bis Anfang September. Da sind übrigens immer noch ein paar Plätze frei. In der ersten Reihe! Wer nicht dabei sein kann, aber gerne will, verfolgt Rolfs Arktis-Reiseblog 🤗. Und schaltet zu den untenstehenden Terminen die Glotze ein.
Im September wird es übrigens keine Fernsehtipps geben, da die zuständige Redaktion mit an Bord ist.
Arktis-TV in Villa Fredheim, viele Jahre lang das Zuhause des legendären Jägerpaares Hilmar und Helfrid Nøis. Das berühmte Häuschen kann man hier virtuell besuchen.
Die Listen werden bei Bedarf aktualisiert. Sachdienliche Hinweise werden von jeder Spitzbergen.de-Dienststelle entgegengenommen.