Die Sache mit der Brücke war gestern Abend ja noch spannend. Erst viel Rechnerei mit Gezeiten und so, und trotzdem ist man nicht hundertprozentig sicher, ob unsere hohen, schönen Masten auch durchpassen. Wer genau hinschaut, sieht Steuermann Nick ganz oben auf dem Besanmast (der hinterste der drei Masten). Von dort kann man sehen, ob der Großmast mit seinen 31 Metern auch durchpasst unter der Brücke, deren garantierte Mindesthöhe 30 Meter beträgt.
Brücke vor Stokmarknes, Vesterålen.
Es waren noch mehrere Meter Platz.
Kurz darauf war Stokmarknes zu recht später Stunde erreicht. Dort liegt die Finnmarken auf dem Trockenen, ein altes Hurtigruten-Schiff, das heute als Museum dient.
Altes Hurtigrutenschiff Finnmarken in Stokmarknes, Vesterålen.
Nach einem schönen Sonnenuntergang (der letzte der Fahrt!) und einer ruhigen Nacht im Hafen mussten wir morgens konstatieren, dass es wieder zu regnen begonnen hatte. Davon haben wir uns nicht abhalten lassen, sondern eine schöne kleine Wanderung auf die Hügel hinter Stokmarknes gemacht.
Schneefelder in den Hügeln hinter Stokmarknes, Vesterålen.
Trotzdem, es hat Spaß gemacht, schöne Blicke gab es zwischen den Regenschauern hindurch und Bewegung ist sowieso immer fein. Vor allem, wenn man Zeit auf See vor sich hat. Und wir setzen bald Segel Richtung Bjørnøya!
Graufeuchter Blick auf Stokmarknes, Vesterålen.
Heute kamen wir der Sache schon ganz deutlich näher. Es war zwar immer noch etwas grau, aber trocken, und vom Wind war auch nicht mehr viel übrig. Nach kurzer Passage waren wir im Hafen von Skrova, immer wieder eine schöne, interessante Insel mit feinen Möglichkeiten für kleine Touren. Das Skrovafjellet war oben zwar in der Wolke, aber der kleinere Berg Stappen lag völlig frei, so dass die Fraktion, die sich dahin verirrte, schöne Blicke hatte.
Blick über Skrova, Lofoten.
Auf dem weiteren Weg nach Norden hatten wir schönen, leichten Segelwind ohne Wellen. Perfekt, um der Antigua vom Beiboot beim Segeln zuzuschauen! Ein herrlicher Anblick! Dann nahm die Dünung wieder zu und der Wind verschwand, so dass das Vergnügen leider nicht allzu lange währte.
SV Antigua unter Segeln im nördlichen Vestfjord, vor Litlmolla.
Am späteren Nachmittag erreichten wir den berühmten Trollfjord. Ein wunderbares Stückchen Erde, wo die Natur sich selbst mit aller Macht ein Denkmal gesetzt hat. Den eiszeitlichen Gletschern sei gedankt.
SV Antigua im Trollfjord.
Dann tauchte sogar noch ein Seeadler auf und zog mehrere Kreise ums Schiff. Ein schöner, erlebnisreicher Tag!
Wir hatten gestern Abend noch einen richtig schönen Sonnenuntergang auf See, hinter den Bergen der Insel Austvågøy, unter Segeln … schick, schick! Eine schöne Fahrt mit schönen Ausblicken, so macht es Freude!
Und mindestens so schick war, dass wir noch in den kleinen Hafen passten, obwohl dort schon ein kleines Schiffchen war. Aber wir konnten daneben festmachen und hatten damit ein ruhiges Plätzchen. Morgen soll es hier nämlich ziemlich ungemütlich werden.
Sturmwolken über Austvågøy, Lofoten.
Wurde es dann auch. Vormittags war es eigentlich noch ziemlich schön, wobei die Wolken schon eine recht klare Sprache sprachen. Gegen Mittag ging dann der Regen los. Im Lofotenmuseum und im Aquarium ging es uns aber hervorragend. Warm und trocken, und jede Menge Interessantes zu sehen.
So wohnte man als Fischer. In diesem Raum mit 4 Betten schliefen 8 Männer, arbeiteten, kochten, aßen und trockneten ihre nassen Fischerklamotten (möchte man sich nicht wirklich vorstellen!) …
… und so wohnte man als Besitzer eines „Fiskevær“, was man wohl am besten mit Fischereihafen übersetzen kann.
Der Nachmittag plätscherte so im Regen dahin. Eiderenten dümpeln am Ufer, draußen brechen sich die Wellen an den Felsen. Ein paar Mutige sind zu einer Tour aufgebrochen, die Mehrheit aber besucht das Antigua-Kino und greift hinterher zu einem Buch und einer Tasse Kaffee.
Der Wikingerkönig Øystein hält Ausschau über Kabelvåg.
Sogar ein für den Abend angesagtes Jazzkonzert in der Kirche wurde abgesagt. Schade, das wäre für einen Tag wie heute perfekt gewesen. Aber umso gemütlicher ist es drinnen, während draußen der Regen prasselt und die Brandung an den Uferfelsen hoch geht.
Regenwolken über Austvågøy.
Morgen gibt es einen neuen Tag mit neuem Wetter!
Wir waren schon gespannt, wie das funktionieren würde, mit der Antigua in dem winzigen Hafen von Nusfjord, bei dem teilweise doch recht heftigen Wind! Aber dann war auf einmal kaum noch Wind da, und alles lief völlig problemlos. Später kam sogar die Sonne heraus! Und Nusfjord ist wirklich ein hübscher Ort!
Alte Bekannte in Nusfjord.
Nusfjord ist wahrscheinlich der bekannteste von den alten Fischerorten auf den Lofoten. Es ist eine sehr pittoreske Ansammlung alter Gebäude um einen kleinen, gut geschützten Naturhafen nah beim Vestfjord, und das war für die Fischer früher natürlich perfekt. Der alte Laden war auf und erfreute sich einiger Beliebtheit, und dann wanderten wir noch etwas über die Felshügel in Richtung Vestfjord-Ufer. Ein sehr angenehmer Nachmittag!
Der Hafen von Nusfjord. Und eigentlich auch der ganze Ort.
Jetzt fahren wir nach Norden, oder eher nach Osten, Richtung Kabelvåg.
Einige Stunden unter Segeln (ohne Motor!) brachten uns über den Vestfjord zur Moskenesøya, der südlichsten Lofoteninsel. Die meisten haben die Überfahrt genossen; obwohl es der erste Tag an Bord war, hielten die Kollateralschäden mit Blick auf gleichgewichtsinduzierte Verdauungsstörungen sich insgesamt sehr in Grenzen. Sehr gut! Wir haben auf dieser Fahrt ja noch so einige Meilen auf offenem Meer vor uns.
Los geht’s! Kapitän Mario legt den Hebel auf den Tisch.
Unter Segeln über den Vestfjord zu den Lofoten.
Aber erst mal sind wir in Reine, einem der südlichsten Lofoten-Fischerdörfchen. Zugegeben, wettertechnisch war eine ganze Menge Luft nach oben. Aber das sind hier eben die Lofoten und nicht die Malediven. Und sobald mal ein Sonnenstrahl durch die Wolken bricht, wird es auch gleich richtig schön!
Regenbogen über Reine, Lofoten.
Noch hängt der Fisch auf den Trockengestellen, bald wird er abgeräumt. Bis dahin gibt er lofotentypische Eindrücke und Fotomotive, danach lecker Essen in guten Restaurants.
Trockengestelle mit Kabeljau in Reine, Lofoten.
Dreizehenmöwen sind im Norden ja alltägliche Vögel. Überall brüten sie auf steilen Klippen in kleinen und großen Kolonien. Aber ein Nest in einem Garten auf einem Baum? Nie gesehen! 🙂
Dreizehenmöwe auf ihrem Nest auf einem Baum! Nicht alltäglich bei diesen Klippenbrütern.
Ansonsten gibt es in diesen schönen Lofotendörfern ja überall etwas zu entdecken. Selbst bei grauem Wetter findet man Farben und beeindruckende Landschaften. Aber es war in der Tat eine feine Sache, dass um 11 Uhr das Café öffnete, wo sich, oh Wunder, auch fast alle bald einfanden!
Bunte Blüten und bunte Häuser.
Nun sind wir unterwegs nach Nusfjord und sind gespannt, was der Nachmittag für uns bereit hält.
Bodø! Hier schließt sich ja gerne der arktische Kreis. Nicht der Polarkreis, den haben wir hier schon 44 Meilen südlich von uns. Aber der Kreis des Arktis-Erlebnisses, das die Sommermonate im hohen Norden bringen. Die erste Arktis-Reise der Saison beginnt Ende Mai in Bodø und hier endet Anfang November auch die letzte. Dazwischen liegen mehrere tausend Meilen Spitzbergen unter Segeln sowie eine ganze Menge Meilen im Zodiac, viele Kilometer über die Tundra und auf den einen oder anderen Berg zu Fuß, viele Erlebnisse, Abenteuer, Eindrücke, Begegnungen mit Natur, Tieren und Menschen, Wind und Wetter … und sicher sehr viele schöne Fotos und ein paar Dutzend Blog-Einträge, die auf diesen hier folgen werden.
SV Antigua startklar in Bodø.
In ein paar Stunden werden wir an Bord vollzählig sein, mit knapp 30 Arktisfahrern aus den Niederlanden, Deutschland und Österreich. Dann wird es über den Vestfjord zu den Lofoten gehen, später nordwärts nach Tromsø und danach beginnt das Abenteuer Spitzbergen. Wer gedanklich mitreisen will, muss nur in den nächsten Wochen und Monaten immer wieder mal hier im Blog vorbeischauen!
Das Eis der Arktis ist deutlich stärker mit Mikroplastik verunreinigt als bisher angenommen. Das stellten Forscherinnen und Forscher des Alfred-Wegener-Institutes in Bremerhaven in einer Studie fest, die Ende April veröffentlicht wurde.
Untersucht wurden Proben aus drei Expeditionen von 2014 und 2015. Durch eine verbesserte Untersuchungsmethode mithilfe von Infrarotlicht konnten mehr und auch deutlich kleinere Teile identifiziert werden als bei früheren Untersuchungen.
Vermutlich stammt das Mikroplastik aus den Müllstrudeln im Atlantik und im Pazifischen Ozean zwischen Hawaii und Nordamerika. Aber auch lokale Verursacher der Verschmutzung wurden ausgemacht, zum Beispiel beim Fund von Lackpartikeln aus Schiffsanstrichen oder Nylonresten von Fischernetzen.
Mikroplastik sind winzige Plastikteilchen, die kleiner als fünf Millimeter groß sind. Es entsteht beim Zerfall größerer Plastikteile, bei der Wäsche synthetischer Fasern, ist aber auch in vielen Reinigungsmitteln und Kosmetikprodukten enthalten.
Über die Folgen der Verunreinigung mit Mikroplastik für Umwelt und Mensch ist noch wenig bekannt. In Laborstudien zeigten Muscheln jedoch Entzündungsreaktionen und Fische Verhaltensänderungen.
Auch Plastikmüll aus Deutschland landet in der Arktis. So wurde bei der Untersuchung von Plastikmüll, der an Spitzbergens Stränden gesammelt wurde und den man noch geografisch zuordnen konnte, festgestellt, dass sieben Prozent davon aus Deutschland stammten!
Touristinnen und Touristen auf Spitzbergen sammeln jedes Jahr in privaten und öffentlichen Initiativen tonnenweise Plastikmüll von den Stränden. Übrigens auch auf den Spitzbergen Segelreisen mit der Antigua :-).
Plastikmüll, gesammelt am Strand der Hinlopenstraße im Nordosten Spitzbergens
An dieser Stelle soll auch der Hinweis auf zwei unterstützenswerte Projekte nicht fehlen: The Ocean Cleanup entwickelt technische Systeme mit dem Ziel, einen riesigen Plastikstrudel im Pazifik in fünf Jahren um 50% zu reduzieren und das gefilterte Plastik am Ende Recyclingsystemen zuzuführen. Ocean Care führt Schutz- und Forschungsprojekte durch, organisiert Kampagnen und Bildungsprojekte und engagiert sich in internationalen Gremien, zum Beispiel als UN Sonderberaterin für Fragen im Meeresschutz.
Die kleine Insel Hopen macht schon wieder durch eine denkwürdige Tierbeobachtung von sich reden: nachdem Ende April dort ein Eisfuchs mit Tollwut aufgetaucht ist, bekam die Besatzung der Wetterstation auf Hopen am 04. Mai eine Beobachtung der Jahrhundertklasse. Eisbärensichtungen sind auf Hopen grundsätzlich nichts ungewöhnliches. Im Winterhalbjahr kommt es in manchen Jahren zu mehreren hundert Eisbärensichtungen in der Nähe der Wetterstation! Was am 04. Mai geschah, war aber mehr als außergewöhnlich.
Zunächst gingen die 4 Wetterfrösche davon aus, dass es sich bei den beiden Eisbären, die in der unmittelbaren Nähe der Station umeinander schlichen und sich immer wieder anbrüllten, um eine Mutter mit einem etwas ungezogenen „Teenager“ handeln würde.
Routigemäßig versuchte die Besatzung der Wetterstation Hopen Meteo zunächst, die Eisbären mit Lärm zu verscheuchen. Die beiden verzogen sich aufs Eis, kamen aber später wieder; offensichtlich hatten sie zwischendurch Jagderfolg gehabt, wie die blutige Nase zeigte.
Dann wurde aber klar, was im Gange war: es handelte sich um ein Männchen und ein Weibchen im Paarungsritual. Nach einer Weile kamen die beiden zur Sache und die Paarung begann.
Die beiden ließen sich von der Wetterstation überhaupt nicht stören, sondern vollzogen ihre Paarung mit Ausdauer und, wie die Fotos nahelegen, mit Genuss. Der Akt dauerte eine gute Stunde! Damit bekam die vierköpfige Mannschaft von Hopen Meteo die Gelegenheit zu einer Eisbärenbeobachtung von höchstem Seltenheitswert und natürlich auch die Möglichkeit, einzigartige Fotos zu machen. Von dieser Möglichkeit machte Ted Torfoss, Meteorologe und eifriger Fotograf, fleißig Gebrauch. Ein paar seiner Bilder dürfen wir hier mit Teds freundlicher Genehmigung zeigen, wer mehr sehen will, sei auf die Webseite der Station verwiesen. Vielen Dank, Ted Torfoss, für die Genehmigung, die Fotos auf dieser Seite zeigen zu dürfen! Vielleicht war das einzigartige Erlebnis ein Geburtstagsgeschenk der Natur? Bald darauf konnte Ted auf Hopen nämlich seinen 60. Geburtstag feiern. Herzlichen Glückwunsch! 🙂
Natürlich sind Paarungen bei Eisbären in der Natur im Frühjahr ein regelmäßig vorkommendes Ereignis, das aber nur äußerst selten beobachtet wird. Es gibt nur wenige Filmaufnahmen und Fotos. Frühere Beobachtungen dieser Art sind von Hopen nicht bekannt, und dieses von Menschen bewohnte Eisbärennest ist sicher der Ort, wo die Chancen noch am besten sind.
Vor ein paar Wochen konnte eine glückliche Touristengruppe im Tempelfjord ebenfalls eine Eisbärenpaarung beobachten. Die Bilder des Guides Yann Rashid zirkulierten im Internet und haben ohne Zweifel ebenfalls Seltenheitswert, sind aufgrund der deutlich größeren Entfernung aber nicht mit den Fotos vergleichbar, die Ted Torfoss vor ein paar Tagen auf Hopen machen konnte.
Auf der zu Svalbard (Inselgruppe Spitzbergen) gehörenden Insel Hopen ist ein Eisfuchs mit Tollwut gefunden worden, wie der Sysselmannen mitteilt. Am 26. April griff der Fuchs die zur Wetterstation Hopen Meteo gehörenden Hunde an und wurde von diesen getötet. Routinemäßig wurde der tote Fuchs nach Oslo gebracht und dort tiermedizinisch untersucht, wobei Tollwut nachgewiesen wurde.
Hopen liegt fern im Südosten von Svalbard, 90 Kilometer von der nächsten größeren Insel entfernt, der Edgeøya, 200 Kilometer von der Hauptinsel Spitzbergen und fast 300 Kilometer von Longyearbyen. Es ist aber nicht auszuschließen, dass weitere, tollwutinfizierte Eisfüchse sich schon weiter westlich befinden oder bald dorthin gelangen, wo Menschen wohnen und Touristen häufiger unterwegs sind: Derzeit steckt der Osten von Svalbard überwiegend noch in dichtem Treibeis, über das Füchse schnell große Entfernungen zurücklegen können. Auf diesem Weg ist der Tollwuterreger nun auch mit größter Wahrscheinlichkeit aus der russischen Arktis nach Hopen gelangt. Dies passiert langfristig mehr oder weniger regelmäßig: Seit 1980 gab es sieben Tollwutepisoden auf Svalbard, den aktuellen Nachweis eingeschlossen. 2011 wurde das Virus bei Rentieren und Eisfüchsen auf Hopen, im Hornsund und um Longyearbyen nachgewiesen.
Eisfuchs auf der Edgeøya: Neugier ist ein völlig normales Verhalten, Aggressivität ein Tollwut-Warnsignal.
Das Tollwutvirus kann für Menschen sehr gefährlich sein: „Man sollte niemals Füchse berühren, insbesondere keine toten Füchse, auch keinen Kot. … Bei versehentlichem oder unvermeidbarem Umgang mit potenziell betroffenen Tieren sind Gummihandschuhe und anschließende, gründliche Handhygiene (möglichst Desinfektion) wichtig. Eine Übertragung des Virus durch bloßen Hautkontakt ist sehr unwahrscheinlich, gefährlich wird es bei Bisswunden. Bei Tollwutverdacht ist der Sysselmann umgehend zu benachrichtigen, betroffene Personen können zeitnah auch nach Kontakt mit eventuell infizierten Tieren oder Tierleichen durch nachträgliche Impfung noch Schutz erhalten. Tollwutinfektionen enden für Menschen fast immer tödlich!“ (Zitat aus dem Spitzbergen-Reiseführer).
Ungewöhnliches Verhalten von Eisfüchsen wie Aggressivität gegenüber Menschen oder größeren Tieren ist ein deutliches Hinweis auf eine wahrscheinliche Infektion mit Tollwut.
Das tatsächliche Risiko einer Infektion ist für Menschen äußerst gering, solange man sich nicht grob fahrlässig verhält, und die aktuelle Episode bedeutet keine allgemeine Gefahr für Reisen nach Spitzbergen. Aber man sollte diese Information im Hinterkopf haben, falls man auf Tiere mit auffälligem Verhalten oder tote Tiere stößt.
Es ist unglaublich, wie hartnäckig sich manche Gerüchte halten. Sie sind so zäh, dass sie nicht nur ständig von schlecht recherchierenden Medien wieder hervorgekramt werden, sondern man bekommt sie mitunter sogar von ebenso schlecht informierten Guides in Spitzbergen zu hören.
Dadurch steigt der Wahrheitsgehalt allerdings nicht.
Wer diese Seite besucht, soll in Sachen Spitzbergen besser informiert sein, und deswegen wird hier in Bezug auf ein paar der blödesten, ständig wiederkehrenden Quatsch-Behauptungen aufgeräumt.
Erstens: Immer wieder ist zu hören, es sei in Longyearbyen oder wahlweise in ganz Spitzbergen verboten, zu sterben. Zunächst fragt man sich, wie so ein Verbot durchzusetzen wäre. Was passiert denn, wenn man in Longyearbyen stirbt? Bekommt man dann eine Geldstrafe oder muss man gar ins Gefängnis statt ins Grab? Spaß beiseite: irgendwo haben solche Behauptungen natürlich ihren Ursprung. Der liegt einmal darin, dass Longyearbyen über lange Zeiten seiner bis 1906 zurückreichenden Geschichte eine „company town“ war, also Betriebsgelände eines produzierenden Kohlebergwerks und nichts anderes. Es gab keinen freien Wohnungsmarkt, sondern nur firmeneigene Unterkünfte für Angestellte. Wer das Arbeitsverhältnis beendete, musste automatisch abreisen. Das galt natürlich auch für ein Arbeitsende aus Altersgründen. Schon aus diesem einfachen Grund war es nicht möglich, in Longyearbyen seinen Lebensabend zu genießen und daher starb zumindest aus Altersgründen dort niemand. Auch heute kommt man aufs Festland, wenn man für größere medizinische Probleme Behandlung braucht oder gesundheitlich oder durch Alter bedingte Pflege, einfach weil es die entsprechenden Einrichtungen in Longyearbyen nicht gibt. Das Krankenhaus ist klein und wäre für viele Spezialfälle nicht ausgestattet, Alters- oder Pflegeheime gibt es nicht. Deshalb fliegt man bei Bedarf logischerweise zum Festland.
In Longyearbyen wird vor allem fleißig gelebt …
Stirbt ein Bewohner von Longyearbyen, dann besteht meistens der Wunsch nach einem Grab in der Heimatgemeinde auf dem Festland. Die wenigsten leben mit ihrer Familie über Generationen in Longyearbyen, stattdessen haben die meisten eine starke Anbindung an einen Ort anderswo und wollen dort begraben werden. Wenn jemand seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof in Longyearbyen haben will, so geht auch dies. Einzige Einschränkung: nur als Urnenbegräbnis. Die bislang letzten Begräbnisse in Longyearbyen gab es 2014, weitere wird es über kurz oder lang sicher geben.
Das und sonst nichts steckt hinter dieser blödsinnigen Behauptung eines Sterbeverbots, das es tatsächlich nie gegeben hat.
… und manchmal, wenn auch selten, wird dort auch gestorben. Ein „Sterbeverbot“ hat es nie gegeben! Der Friedhof in Longyearbyen.
Warum werden solche Behauptungen eigentlich immer wieder aufgestellt? Ist das der Versuch, Longyearbyen irgendwie noch spannender, noch exotischer darzustellen? Ist doch gar nicht nötig, Longyearbyen ist schon interessant genug, so wie es tatsächlich ist. Vielleicht ist es auch einfach zu mühsam, tatsächlich ein wenig zu recherchieren, und vielleicht wird vermutet, in Zeiten von „fake news“ spielten die tatsächlichen faktischen Hintergründe auch gar keine Rolle mehr. Dem muss man entgegentreten und laut sagen: Unfug! Das tat unter anderem Leif-Magne Helgesen, Priester in Longyearbyen, vor ein paar Jahren in einem deutlichen Leserbrief an die Svalbardposten.
Wo wir schon dabei sind, ein kurzer Blick auf das andere, erfreulichere Ende des Lebens, nämlich den Anfang: Meistens wird im gleichen Atemzug behauptet, es wäre auch verboten, in Longyearbyen geboren zu werden. Das ist natürlich genauso Quatsch. Nur ist es aus den erwähnten praktischen Gründen – mangelnde medizinische Möglichkeiten für den Fall von Komplikationen – sicherer, die Geburt in einem größeren Krankenhaus oder zumindest in der Nähe eines solchen stattfinden zu lassen. Daher fliegen schwangere Frauen ein paar Wochen vor Geburt aufs Festland, nach Tromsø oder zu einem Ort ihrer Wahl. Ein gesetzliches Verbot, auf Spitzbergen geboren zu werden, gibt es natürlich nicht, wie man sich eigentlich denken kann.
Andere Baustelle, ähnliches Quatschniveau: immer wieder bekommt man zu hören, man sei auf Spitzbergen „gesetzlich verpflichtet, eine Waffe zu tragen“. Auch das ist echter arktischer Quatsch. Hat jemals jemand so ein Gesetz gesehen? Nein, denn so etwas hat es nie gegeben. Der gesunde Menschenverstand fordert das Tragen einer geeigeneten Waffe außerhalb bewohnter Siedlungen im Eisbärengebiet und das ist auch absolut üblich, das Gesetz fordert aber nur ein „geeignetes Abschreckmittel“, wozu meist eine Signalpistole mit spezieller Munition getragen wird. Die Behörden (Sysselmannen) fordern zwar zur Erteilung einer Genehmigung für Touren in entlegenen Gebieten, dass eine Waffe mitgeführt wird, aber nur aus Vernunftgründen und nicht weil das gesetzlich vorgeschrieben ist (und so eine Genehmigung braucht man ohnehin nur in abgelegeneren Gebieten, außerhalb des sogenannten Verwaltungsgebietes 10). Wer ohne Gewehr außerhalb von Longyearbyen spazierengeht, ist vielleicht etwas lebensmüde, tut aber nichts Illegales. Ein Gesetz, dass zum Tragen einer Waffe verpflichtet, gibt es nicht!
Genausowenig wie ein Sterbeverbot gibt es eine gesetzliche Pflicht, auf Spitzbergen eine Waffe zu tragen. Wer im Eisbärenland keine dabei hat, ist allerdings lebensgefährlich unterwegs.
So, jetzt haben wir einen arktischen Unfug aufgeräumt. Bis demnächst!
In der Mohnbukta an der Ostküste Spitzbergens sind zwei Motorschlitten im Eis eingebrochen. Verletzt wurde niemand. Die beiden gehörten zu einer Gruppe mit neun Motorschlitten, allesamt Einwohner aus Longyearbyen, auf privater Tour. Nach offiziellen Angaben hatte die Gruppe alles richtig gemacht und sich kurz zuvor noch von der Mächtigkeit („Dicke“) der Eisschicht überzeugt und dabei solide 70 Zentimter gemessen, ein Wert, bei dem man davon ausgeht, entspannt Gas geben zu können. Kurz darauf brachen jedoch zwei Motorschlitten durch die Oberfläche.
Da die einzelnen Fahrzeuge richtigerweise einen ausreichend großen Abstand zueinander gehalten hatten, wurden nicht noch mehr Motorschlitten in die jeweiligen Havarien mit einbezogen. Die Fahrer konnten sich jeweils selbst schnell auf tragfähiges Eis zurückziehen, und mit vereinten Kräften gelang es der Gruppe, die noch an der Oberfläche befindlichen Motorschlitten zu bergen. Dennoch informierte die Gruppe anschließend unmittelbar den Sysselmannen, für den Fall, dass andere den Vorfall beobachtet hatten und Alarm geschlagen hatten.
Unterwegs auf dem Eis in der Mohnbukta an der Ostküste Spitzbergens: schön, aber nie ganz risikofrei.
Der Vorfall, der sich bereits Samstag ereignete, zeigt, dass das Fjordeis auch bei umsichtiger Vorgehensweise gefährlich ist und bleibt. Vorsicht und die richtige Ausrüstung für den Fall der Fälle wie Seile und „Eisnägel“ oder brauchbare Messer o.ä., die einem im schlimmsten Fall dabei helfen, sich selbst aus dem Wasser aufs Eis zu ziehen, können Leben und Material retten.
Mehrfach wurde gefragt, warum es derzeit keinen Arktis-Reiseblog gibt. Das liegt daran, dass es einen aktuellen, bestens gefütterten Reiseblog aus dem tiefen Süden gibt, der hier zu finden ist. Man kann nicht in der Arktis und Antarktis zugleich sein 🙂
Mit dem Arktis-Reiseblog geht es auf dieser Seite in ein paar Wochen weiter, wenn zu Beginn der zweiten Maihälfte die Saison im Norden unter Segeln beginnt.
Richtig geile Landschaft mit Bäumen? Man glaubt es kaum, aber das gibt es! Im Patagonien-Reiseblog. Aber keine Angst, im Antarktis-Reiseblog gibt es auch richtig geile Landschaft ohne Bäume.
Mitten in der winterlichen Hochsaison hat der Sysselmannen den motorisierten Verkehr, sprich Motorschlitten, weitgehend vom Fjordeis in Tempelfjord (innerer Isfjord), Billefjord (bei Pyramiden) und Rindersbukta (Van Mijenfjord) verbannt. Hintergrund der Fahrverbote sind nicht etwa Stickoxide oder Feinstaub, sondern die vermutete Belastung für Tiere. Ringelrobben sind auf das Fjordeis angewiesen, um dort ihren Nachwuchs zur Welt zu bringen, was derzeit geschieht. Eisbären sind in den letzten Wochen in allen diesen Buchten regelmäßig beobachtet worden. Nach Einschätzung des Sysselmannen wird die Gesamtbelastung durch den Motorschlittenverkehr zu hoch für diese Tiere in einer wichtigen Zeit des Jahres zur Reproduktion (Ringelrobben) und Jagd (Eisbären).
Bis zum ersten Juni – also über das nicht genau absehbare Ende der laufenden Saison hinaus – darf in den genannten Fjorden nicht mehr motorisiert auf dem Fjordeis gefahren werden. Kleinräumige Ausnahmen bestehen im Billefjord, wo man auf kürzester, sicherer Strecke auf der üblichen Route vom Nordenskiöldbreen nach Pyramiden fahren darf. Auch der Tempelfjord darf auf kürzester, sicherer Strecke von der Südseite westlich von Kapp Schoultz zum Kapp Murdoch befahren werden; diese Strecke gehört zur üblichen Route nach Pyramiden. Detailkarten gibt es auf der Seite vom Sysselmannen.
Nichtmotorisierter Verkehr ist nicht betroffen.
In diesem Frühjahr hat sich das Fjordeis besser als in den letzten Jahren entwickelt. Erstmals seit mehreren Jahren ist der Tempelfjord überhaupt wieder regelmäßig befahrbar.
Augenscheinlich tragen gut geführte Gruppen und Motorschlittenfahrer in Eigenregie bei gutem Benehmen wenig zur Störung besagter Tiere bei, die rücksichtsvollen Verkehr offenkundig tolerieren, wie die Erfahrung zeigt. Problematisch kann allerdings das schwer kontrollierbare Fehlverhalten rücksichtsloser Einzelner sein.
Der Sysselmannen erinnert daran, dass jeder selbst verantwortlich ist für die Einschätzung, ob das Eis sicher ist.
Gletscherfront im Tempelfjord: beliebtes Tourenziel, aber nun für Motorschlitten gesperrt.
Einmal in die Antarktis reisen – ein Traum, den sich nur wenige verwirklichen können. Alle anderen träumen weiter und schicken derweil Postkarten mit spektakulären antarktischen Motiven an ihre Liebsten. Unter den Motiven finden sich Königs- und Kaiserpinguin, Seelöwe, ein sehr seltener „Ökotyp D“ Schwertwal sowie spektakuläre Landschaften auf abgelegenen antarktischen Inseln, zum Beispiel auch ein Tafeleisberg, die für die Antarktis einzigartige und charakteristische Eisbergform.
608 Seiten dick ist er geworden, der neue Spitzbergen Reiseführer „Spitsbergen – Svalbard“ für das englischsprachige Publikum, und hat damit um fast 100 Seiten zugelegt! Alle Kapitel wurden aktualisiert und mit neuen Details versehen, insbesondere auch mit Karten, die umfangreich aktualisiert wurden. >>>Hier gibt es die neue, vierte englische Auflage von „Spitsbergen – Svalbard“
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Die neue Auflage des Reiseführers SPITSBERGEN – SVALBARD
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