Die Store Norske Spitsbergen Kulkompani (SNSK), Betreiberin und Eignerin der norwegischen Kohlesiedlung Sveagruva, hat vom Sysselmannen die Genehmigung bekommen, das Fjordeis im Van Mijenfjord bis zum Hafen von Svea aufzubrechen.
Da der Fjord durch die lange, schmale und quer im Eingang liegende Akseløya vom offenen Meer abgetrennt ist, bildet sich das Fjordeis dort früher und weiter als in den anderen Fjorden an der Westküste. Dadurch ist der Van Mijenfjord heute der einzige Fjord in diesem Teil Spitzbergens, der noch recht verlässliche Eisverhältnisse bietet. Somit ist er im Frühjahr ein wichtiges Habitat für Ringelrobben, die auf dem Eis liege, ausruhen und dort ihren Nachwuchs bekommen, und Eisbären, die dort auf Jagd gehen.
Bei den Behörden hält man den Schutz dieser Tiere zu dieser für sie wichtigen Jahreszeit, die gerade jetzt beginnt, eigentlich hoch: so wurde kürzlich das Fjordeis im Tempelfjord für Motorschlitten gesperrt, um Störungen vorzubeugen, obwohl solche nur bei rowdyhaftem, auch vorher schon gesetzwidrigem Verhalten vorkommen und das Fjordeis durch den Motorschlittenverkehr nicht beschädigt wird. Ähnliche Sperrungen waren auch für die Rindersbukta im Van Mijenfjord im Gespräch, dort ist es aber – zumindest bislang – noch nicht zu einem Verbot gekommen.
Für das Aufbrechen des Eises mit Eisbrechern scheinen allerdings andere Regeln zu gelten, beziehungsweise werden die gleichen Regeln anders ausgelegt. Zwar betont der Sysselmannen in einer Pressemeldung, dass Verkehr in Spitzbergen grundsätzlich „auf eine Weise geschehen solle, die nicht die natürliche Umwelt oder denkmalgeschützte Artefakte beschädigt, verunreinigt oder sonstwie beeinträchtigt oder unnötig Menschen oder Tiere stört.“ Hier allerdings wurde den Interessen der Store Norske Spitsbergen Kulkompani mehr Gewicht gegeben als dem Schutz des in Spitzbergen selten gewordenen, großflächigen Fjordeises und der Tiere, die es als Habitat brauchen.
Der Hintergrund: aufgrund von Fehlberechnungen geht in Sveagruva der Diesel zur Neige, der nicht nur Fahrzeugen, sondern auch dem dortigen Kraftwerk als Brennstoff dient. Der vorhandene Vorrat würde „aufgrund des erhöhten Verbrauchs im Winter vermutlich noch bis etwa Mai“ (Sysselmannen, eigene Übersetzung) reichen, nicht aber, wie ursprünglich geplant, bis zum Sommer, wenn das Fjordeis ohnehin von alleine aufgebrochen sein wird.
Ohne Diesel für das Kraftwerk müsste Svea evakuiert werden. Die Folge wäre mindestens ein vorübergehender Stop der Aufräumarbeiten, die nun dort nach dem Ende des Kohlebergbaus folgen, möglicherweise aber auch Schäden an der Infrastruktur. Verbunden wäre dies mit „erheblichen wirtschaftlichen Folgen“ für die Store Norske. Daher bekommt die SNSK nun die Erlaubnis, mit einem Frachter den Hafen am Kapp Amsterdam bei Sveagruva anzulaufen. Ein Transport über Land von Longyearbyen wäre zwar technisch möglich, aufgrund der Menge des benötigten Kraftstoffs wird aber angenommen, dass die theoretischen benötigten etwa 60 Transportfahren insgesamt eine größere Umweltbelastung und ein höheres Risiko für Verunreinigungen bringen würden.
Als früher in Sveagruva noch Kohle abgebaut und verschifft wurde, war das Brechen des Eises im Frühjahr nicht ungewöhnlich. Aber die Zeiten haben sich geändert, heute wird dort keine Kohle mehr abgebaut, in anderen Fjorden gibt es viel weniger Eis und dieses darf anderswo nicht befahren werden, so wie viele sich das wünschen. Dass die Store Norske in dieser Situation die Erlaubnis bekommt, über 30 Kilometer solides Fjordeis aufzubrechen, stößt, wie man erwarten kann, auf Kritik.
Man darf auf den Witterungsverlauf nach dem Aufbrechen gespannt sein. Mit Glück friert die Eisbrecherspur schnell wieder zu. Ein Sturm könnte das vorgeschädigte Eis allerdings auch leichter komplett aufbrechen.
Die bereits vor Wochen angekündigten und heiß diskutierten Sperrungen des Fjordeises im Tempelfjord sind Mittwoch (13.03.2019) in Kraft getreten. Eine Ankündigung nach Beschluss hat es nicht gegeben, die Sperrung trat mit der Verkündung unmittelbar in Kraft.
Im Frühjahr sind auf dem Fjordeis im Tempelfjord häufig Eisbären zu sehen. Auch derzeit halten sich dort mehrere auf. Zudem beginnt bald die Wurfsaison der Ringelrobben. Es wird befürchtet, dass der in den letzten Jahren zunehmende Motorschlittenverkehr auf dem Eis die Eisbären und Robben beim Jagen beziehungsweise Ausruhen stört.
Fahrverbote für Motorschlitten im Tempelfjord: das rot schraffierte Gebiet ist vollständig gesperrt. Das blau schraffierte Gebiet darf auf kürzester möglicher Route gequert werden. Karte: Sysselmannen på Svalbard (Ausschnitt).
Tatsächlich waren in vergangenen Jahren und auch diese Saison bereits Zwischenfälle beobachtet worden, bei denen Tiere durch rücksichtsloses Verhalten von Motorschlittenfahrern gestört wurden. Dabei handelt es sich um rücksichtsloses und auch bisher schon regelwidriges Verhalten Einzelner. Die bei weitem überwiegende Mehrheit, sowohl Einheimische als auch Touristen in geführten Gruppen, verhält sich regelkonform und hält weiten Abstand von Tieren ein. Dieses rücksichtsvolle Nebeneinander hat bislang weitgehend gut funktioniert, nur das rücksichtslose Verhalten Einzelner sorgte für Störungen und Aufsehen.
Da der Sysselmannen sich nicht in der Lage sieht, das bislang bereits geltende Recht durchzusetzen, kommt es nun zum flächendeckenden Verbot für alle: ab 13.03.2019 ist das Fjordeis im inneren Tempelfjord, ab der Linie Kapp Schoultz-Kapp Murdoch (siehe Abbildung), für den motorisierten Verkehr (sprich: Motorschlitten) vollständig gesperrt.
Das Fjordeis westlich dieser Linie darf zum Zweck der direkten Querung auf kürzester möglicher Route befahren werden. Dabei darf nicht angehalten werden, es sei denn, es ist aus Sicherheits- oder technischen Gründen erforderlich. Diese Querung ist Bestandteil häufig genutzter Routen nach Norden, etwa nach Pyramiden.
Damit ist die Gletscherfront des Tunabreen, bislang ein unter Einheimischen und Touristen beliebtes Ausflugsziel, ab sofort nicht mehr aus der Nähe zugänglich.
Das Verbot gilt zunächst bis auf weitere Ankündigung, maximal aber bis zum 1. Juni.
Nicht motorisierter Verkehr (Skiwanderer, Hundeschlitten) ist nicht betroffen. Schiffsverkehr nach Aufbrechen des Fjordeises ist ebenfalls nicht betroffen.
Der Krabbentrawler Northguider war am 28. Dezember letzten Jahres beim Sparreneset in der Hinlopenstraße auf Grund gelaufen. Wie zuvor auf dieser Seite berichtet, konnte die ganze Mannschaft unverletzt mit Hubschraubern gerettet werden.
Die Mannnschaft hatte die Havarie und die Stunden bis zur Rettung bei Dunkelheit, starker Kälte und kräftigem Wind als sehr dramatisch erlebt.
Der Fischtrawler Northguider auf Grund in der Hinlopenstraße, dicht vor dem Sparreneset auf dem Nordaustland. Foto: Kystverket.
Im Januar konnten die 300 Tonnen Diesel sowie andere Gefahrstoffe (Schmieröle, Farben, …) und umweltgefährliches loses Gut wie Netze geborgen werden. Die Northguider sitzt allerdings weiterhin auf Grund. Experten des Sjøfartsdirektoratet, der norwegischen Seefahrtsbehörde, zufolge, liegt die Northguider derzeit soweit stabil. Der Vorteil daran: Wind, Strömungen und Eis werden sie wohl nicht so schnell von der Untiefe ziehen und schieben, so dass die Gefahr des Versinkens derzeit gering erscheint. Der Nachteil daran: auch Bergungsschiffe werden die Northguider wohl nicht so schnell von der Untiefe weg bekommen. Tatsächlich wird damit gerechnet, dass die Bergung des Schiffes mehrere Wochen Arbeit vor Ort erfordern wird.
Nun haben der Sysselmannen als die für die Unfallstelle zuständige Verwaltungsbehörde sowie die Fachbehörden (Sjøfartsdirektorat, Küstenwache) entschieden, dass die Bergung der Northguider im August vorgenommen werden soll. Zu dieser Zeit sind mit Blick auf Eis, Kälte, Wetter und Licht insgesamt die besten Bedingungen zu erwarten.
Aktuell ist das Küstenwachenschiff KV Svalbard noch einmal zur Unfallstelle in der Hinlopenstraße unterwegs, um sicherzustellen, dass sich an Bord der Northguider keine umweltgefährlichen Gegenstände und Substanzen mehr befinden und dass das Schiff soweit stabil liegt. Die weitere Überwachung soll u.a. durch Bewegungsmelder und Positionssender gewährleistet werden.
Die Lunckefjellet-Grube ist ein politisch-wirtschaftliches Phänomen. Im November 2013 wurde die erste Tonne Kohle aus dem Berg geholt – eine Symbolhandlung, der produktive Betrieb hatte noch nicht begonnen. Das war auch bei der offiziellen Eröffnung am 25. Februar 2014 noch nicht der Fall, aber die Grube, die bis dahin bereits mehr als eine Milliarde norwegische Kronen (über 100 Millionen Euro) verschlungen hatte, war immerhin betriebsbereit.
Forschungsfahrt zum Lunckefjellet.
In den produktiven Betrieb sollte sie aber nie gehen. Stattdessen ging es mit den Kohlepreisen auf dem Weltmarkt bergab, und die Gruben bei Sveagruva, dem norwegischen Bergbauort im Van Mijenfjord, gingen in einen Erhaltungsbetrieb, der nur dazu diente, den Verfall aufzuhalten und die Möglichkeit eines künftigen Betriebes für ein paar Jahre offen zu halten.
Sveagruva: norwegische Bergbausiedlung (schwedische Gründung 1917) im Van Mijenfjord.
Im Herbst 2017 schließlich zog die Regierung in Oslo die Reißleine. Die Store Norske Spitsbergen Kulkompani (SNSK), Eigner aller norwegischen Kohlegruben in Spitzbergen, gehört zu 100 % dem norwegischen Staat, so dass dieser als Eigner ganz direkt das Schicksal des Kohlebergbaus auf Spitzbergen lenken kann. Die Entscheidung: der Bergbau im Ort Sveagruva sollte endgültig eingestellt werden. Sowohl die über etliche Jahre profitable Grube Svea Nord als auch die neue Lunckefjellet-Grube sollten abgewickelt werden, und dazu der ganze Ort gleich mit. Weitergeführt wird der norwegische Kohlebergbau in Spitzbergen nur noch in der Grube 7 bei Longyearbyen, dort immerhin seitdem wieder im Zweischichtbetrieb.
Tagesanlagen und Grubeneingang am Lunckefjellet.
Der Grund: wirtschaftlich, so die offizielle Angabe. Sehr auskunftsfreudig ist die Regierung an dieser Stelle allerdings nicht, stattdessen verweisen Regierungsvertreter mitunter gerne auf den nichtöffentlichen Status relevanter Informationen und Unterlagen. Natürlich sehen viele das Ende des Bergbaus in Sveagruva, insbesondere in der gerade erst gebauten Lunckefjellet-Grube, mit großem Missbehagen, da hier Tradition, Arbeitsplätze und eine für Longyearbyen wichtige Industrie abgewickelt werden. Das Ende des Bergbaus in Spitzbergen war so und anders absehbar, das weiß man hier und seit Jahren werden andere Wirtschaftszweige entwickelt, wobei Forschung, Ausbildung und Tourismus ganz oben stehen. Dennoch ist Longyearbyen historisch und bis heute zumindest teilweise gefühlt vom Bergbau geprägt und der absehbare Verlust schmerzt so manchen im Ort zumindest emotional und oft auch wirtschaftlich. Auf Angebote von Investoren, Sveagruva und das Lunckefjellet zu übernehmen, ist die Regierung gar nicht erst eingegangen, was die Angabe von rein wirtschaftlichen Aspekten als Grund für die Schließung etwas fadenscheinig erscheinen lässt.
Stollen in der Kohlegrube im Lunckefjellet.
In diesen Tagen wird die Lunckefjellet-Grube geschlossen. Die Belüftungsanlagen werden derzeit abgebaut, und danach könnte nur noch – theoretisch – speziell ausgebildetes Personal mit taucherartigen Atemschutzvorrischtungen die Kohlemine betreten, und auch das nur noch eine recht kurze Zeit, solange die mechanische Festigkeit des Hangenden (die Decke) einigermaßen zuverlässig ist. Das wird nicht lange der Fall sein. Die Lunckefjellet-Grube wird daher bald ungefähr so gut erreichbar sein wie die Rückseite des Mondes.
Mit solchen Bewegungsmessern, genannt „telltale“, werden Felsbewegungen im Hangenden (Stollendecke) überwacht.
Diese Bolzen zur Sicherung des Hangenden (Stollendecke) sind ständiger Korrosion und Belastung ausgesetzt. Werden sie nicht regelmäßig überwacht und ergänzt, wird eine Kohlegrube schnell hochgefährlich und unbegehbar.
Letzte Woche (5.-7. Februar 2019) waren Geologen der Bergbausgesellschaft Store Norske und von UNIS im Lunckefjellet, um die buchstäblich letzte Gelegenheit zu nutzen, wissenschaftlich wertvolle Proben am Kohleflöz zu nehmen. Die Geologie der Kohle Spitzbergens ist weniger genau bekannt, als man vermuten könnte: wie die Landschaft wirklich ausgesehen hat, in der sie sich bildete, weiß niemand so ganz genau.
Geologe Malte Jochmann bei der Arbeit im Lunckefjellet.
Natürlich handelte es sich um Moore und Sümpfe, wahrscheinlich hat das Salzwasser einer nahen Küste phasenweise einen wichtigen Einfluss ausgeübt. Aber welche Rolle spielte Süßwasser, was für Flüsse und Seen gab es? Was haben kiesführende Sandsteinschichten (Konglomerat) in der Kohle zu suchen, wann stieg und wann sank der Meeresspiegel an der nahen Küste, gab es tektonische Aktivität, und wenn ja, was für welche? Gab es Hügel oder gar Berge in der Umgebung, oder war alles drumherum flach?
Die Geologen Malte Jochmann, Maria Jensen und Christopher Marshall bei der Arbeit im Lunckefjellet: Aufschlüsse und mögliche Probennahmestellen werden begutachtet.
Beim Gang durch die Stollen gibt es alle paar Meter aufschlussreiche Blicke in die geologische Vergangenheit, wobei sich mindestens ebenso viele Fragen wie Antworten ergeben. Nur zwei Tage hatten die Geologen Malte Jochmann (SNSK/UNIS), Maria Jensen (UNIS) und Christopher Marshall (University of Nottingham) Zeit, um Aufschlüsse wenigstens skizzenhaft zu dokumentieren und Proben zu nehmen, deren Auswertung künftig wenigstens ein paar dieser Fragen beantworten könnte.
Auch unter Tage vergisst man nicht, dass man in der Arktis ist: die Temperatur liegt konstant unter null Grad, an den Wänden blühen auf der schwarzen Kohle wunderschöne Eiskristalle.
Nun wird die Grube zurückgebaut, viele Gerätschaften sind schon entfernt worden. Schon bald wird sie niemand mehr betreten können. Auch von Sveagruva wird nach einem umfangreichen und teuren Aufräumen, das bereits in Gang gesetzt wurde, wohl nicht viel übrig bleiben. Nur die Anlagen, die historischen Wert haben (in Spitzbergen allgemein älter als 1946, in Svea wird man die Grenze wohl auf 1949 hochsetzen) werden stehen bleiben und eventuell ein paar einzelne Gebäude zur künftigen Nutzung – Forschung? Begrenzter Tourismus? Das weiß man derzeit noch nicht so wirklich.
Bergbau wird es jedenfalls nicht sein.
Sternenhimmel auf dem Rückweg von Sveagruva nach Longyearbyen.
Für Aufsehen sorgen derzeit Medienberichte über das Auftreten von bakteriellen Resistenzgenen in arktischen Bodenproben, die für die Ausprägung einer Multiresistenz bei Bakterien verantwortlich sind. Viele Medien und Menschen fragen sich, wie diese Resistenzgene in die unberührte Natur Spitzbergens gelangen. Einige Medien sehen sich mit diesem Fakt bestätigt, multiresistente Bakterien als noch größere Bedrohung verglichen mit Klimawandel und Krieg darzustellen.
Fraglos sind der unkontrollierte, globale Einsatz von Antibiotika und das zunehmende Auftreten multiresistenter Bakterien sehr ernsthafte Probleme.
In Bodenproben, die bei Ny-Ålesund genommen wurden, wurden bakterielle Resistenzgene nachgewiesen, die derzeit für mediale Aufregung sorgen.
Zunächst überraschend, aber für Fachleute gar nicht so unerwartet ist das Auftreten solcher multiresistenten Bakterien auch auf Spitzbergen zumindest der Umgebung der Siedlungen, also etwa in dem Bereich im Kongsfjord nahe der Siedlung Ny-Ålesund, wo deren Genmaterial in den Proben für die aktuelle Studie gefunden wurde.
So unberührt, wie oft beschrieben, ist die Natur Spitzbergens im Kongsfjord nämlich nicht. Die Siedlung Ny-Ålesund existiert seit 1916 und war wie alle Siedlungen auf Spitzbergen zunächst ein Bergbauort, in dem Kohle abgebaut wurde. Weltweit berühmt wurde Ny-Ålesund in den 1920er Jahren durch eine Reihe von Versuchen, auf dem Luftweg zum Nordpol zu gelangen. Nachdem 1963 der Bergbau eingestellt wurde, entwickelte sich Ny-Ålesund zu einer Forschungssiedlung, in der sich bis heute Wissenschaftler aus der ganzen Welt aufhalten und Polarforschung in verschiedensten Fachrichtungen betreiben. Regelmäßig legen Schiffe in Ny-Ålesund an, darunter Forschungs- und Versorgungsschiffe und in den Sommermonaten Passagierschiffe. Der Ort liegt außerdem im unmittelbaren Einflussgebiet des Golfstroms.
Der Originalpublikation Understanding drivers of antibiotic resistance genes in High Arctic soil ecosystems (McCann, C.M., Environment International) ist zu entnehmen, dass alle 8 Bodenproben aus der unmittelbaren Nähe der Siedlung stammen. Das dabei gefundene Resistenzgen NDM-1 (Neu Dehli-Metallo-Betalaktamase) wurde erstmals 2008 in Schweden aus medizinischen Proben eines Patienten isoliert, der sich zuvor in einem indischen Krankenhaus hatte behandeln lassen. Bakterien, die dieses Enzym besitzen, sind gegen mehrere Antibiotikagruppen wie auch gegen eine Gruppe sogenannter Reserveantibiotika resistent.
Klebsiella-pneumoniae (Darmbakterium).
In dieser Art wurde 2008 erstmals eine NDM-1 nachgewiesen.
Weitere Untersuchungen in der Folgezeit ergaben, dass Bakterien, die dieses Resistenzgen tragen, insbesondere auf dem indischen Subkontinent weit verbreitet sind, aber sich auch in anderen Ländern z.B. Japan, China, Australien, Kanada oder auch europäische Länder darunter Großbritannien, Frankreich, Österreich, Deutschland, Norwegen, Schweden und Belgien nachweisen lassen. Menschen können stille Träger solcher Bakterien sein, die sich vor allem im Darm aufhalten. Dies führt nicht unbedingt zu einer Erkrankung.
Es ist somit leicht vorstellbar, dass sich diese Bakterien schnell und unbemerkt auch bis in die Arktis verbreiten. Die Wege sind vielfältig. Die Menschen selbst können, wie beschrieben Träger sein. Die Bakterien gelangen ins Abwasser und damit in die Umwelt. Nicht zuletzt sind Wildtiere ebenfalls Träger von multiresistenten Bakterien. Bei Zugvögeln wurde dies gut untersucht. Diese nehmen die Bakterien etwa in den Regionen auf, in denen sie überwintern, und tragen sie bis in die Arktis. Gerade der Kongsfjord an der milderen Westküste Spitzbergens ist ein beliebtes Brutgebiet für eine Reihe von Zugvogelarten.
Insofern schlussfolgern die Autoren der Originalpublikation richtig, dass der Nachweis des Resistenzgens NDM-1 keine gesundheitliche Bedrohung in der Region oder für Ny-Ålesund darstellt, sondern dass dies einmal mehr zeigt, dass die durch den unkontrollierten Einsatz von Antibiotika entstehenden resistenten Bakterien sich schnell global verbreiten. Dies ist an sich wenig überraschend. So traurig die Verbreitung von Resistenzen in entlegene Winkel der Erde wie Spitzbergen ist und so katastrophal multiresistente Erreger für Menschen sein können – der Nachweis von Resistenzgenen in Bodenproben aus der Nähe arktischer Siedlungen bedeutet für diese globale Problematik keine Steigerung, sondern zeigt, dass der Mensch seine hausgemachten Probleme auch ungewollt global verteilt. Die reißerischen Schlagzeilen vieler aktueller Medienberichte, die Vergleiche mit Weltuntergangszenarien wie Krieg und drastischen Folgen des Klimawandels bemühen, werden der Komplexität des Problems nicht gerecht.
Interessant wäre in diesem Zusammenhang eine vergleichbare Analyse von einer tatsächlich nahezu unberührten Region Spitzbergens, die den oben beschriebenen Einflüssen zumindest weniger ausgesetzt ist.
Text: Dr. Kristina Hochauf-Stange (med. Mikrobiologin)
Die Information, dass die Erderwärmung kaum eine Region der Welt so stark betreffen und wohl auch verändern wird wie die Arktis, ist zwar alles andere als neu. Trotzdem wurde es still im Saal, als auf einer gut besuchten Bürgerversammlung in der Universität von Longyearbyen am letzten Montag der Klimabericht „Climate in Svalbard 2100“ vorgestellt wurde.
Das Ergebnis des Berichtes: Eine um sieben bis zehn Grad erhöhte Durchschnittstemperatur bis zum Jahr 2100, deutlich mehr und intensivere Niederschläge, schmelzende Gletscher, tauende Permafrostböden, der Rückzug des Meereises und ein deutlich kürzerer Winter könnten den Alltag von Mensch und Natur auf Svalbard innerhalb von nur zwei Generationen radikal verändern. Schnee- und Schlammlawinen würden zunehmen, das Wasser in den Flüssen ansteigen und die Höhe der Gletscher um mehr als zwei Meter jährlich absinken.
Was klingt wie das düstere Horrorszenario eines schlechten Umweltthrillers, ist tatsächlich ein vom Norwegischen Klimaservicecenter für das Umweltministerium erstellter Bericht, hinter dem renommierte Institutionen aus dem Bereich Meteorologie, Energie und Polarforschung stehen. Im Klimabericht formulieren die Forscherinnen und Forscher Prognosen für den Fall, dass die Ziele der Pariser Klimakonferenz von 2015 nicht erreicht werden.
Bereits jetzt ist die Durchschnittstemperatur auf Spitzbergen um zwei Grad gegenüber vorindustrieller Zeit angestiegen, und das ist auch spürbar. Berichte über Temperaturrekorde häuften sich in den letzten Jahren in schöner Regelmäßigkeit. Den meisten Einwohnerinnen und Einwohnern von Longyearbyen dürfte zum Beispiel der Winter 2012 noch gut im Gedächtnis geblieben sein, wo Regen, Überschwemmungen und Glatteis im Januar eher an herbstliches Schmuddelwetter in Norddeutschland erinnerten als an einen echten Polarwinter in der nördlichsten Stadt der Welt, rund 1000 Kilometer vom Nordpol entfernt. Auch im letzten Jahr gab es im Januar Plusgrade und Regen in Longyearbyen, und seit 2010 gab es keinen Winter mehr, der unterhalb der üblichen Durchschnittswerte lag.
Paradox dabei: Spitzbergen selbst trägt nicht unerheblich zu dieser Entwicklung bei. Die Siedlungen werden durch Kohlestrom mit Energie versorgt, genau dem Energieträger, der am meisten CO2 in die Atmosphäre bläst. Neben dem Kohlebergbau ist der Tourismus der wichtigste Arbeitgeber auf Spitzbergen. Doch Touristen, die nach Svalbard reisen, nutzen vor allem die beiden treibhausgasintensivsten Verkehrsmittel Flugzeug oder Kreuzfahrtschiff. Und auch die Einheimischen sind bisher bei der Wahl ihrer Transportmittel auf das Flugzeug und mit Verbrennungsmotoren betriebene Schneemobile und Autos angewiesen.
Eher halbherzig wurden auf dem Treffen dann auch mögliche Maßnahmen diskutiert, die Svalbard anstrengen könnte, um zum Erreichen der norwegischen Klimaziele beizutragen und die Erderwärmung zu begrenzen. Vielleicht die Anzahl der Flüge von und nach Spitzbergen reduzieren? Zu erneuerbarer Energieproduktion übergehen? Weder der Chef der Gemeindeverwaltung Hege Walør noch Sysselmannen Kjerstin Askholt hatten Antworten auf diese Fragen.
Lediglich Gemeinderat Arild Olsen ließ sich nicht von der Schockstarre beeindrucken und formulierte die Idee, Longyearbyen zu Norwegens erster Null-Emissions-Gemeinde zu machen.
Ob das realistisch ist, bleibt abzuwarten. Kaum jemand bestreitet jedoch, dass Anpassungen an den Klimawandel dringend nötig sind, eine Menge Geld kosten werden und eventuell auch zu veränderten Gesetzen führen könnten.
Auch im Dezember 2015 sorgten Temperaturen bis zu neun Grad plus für Tauwetter und Überschwemmungen. Dieser Fluss im Bolterdalen ist im Winter normalerweise trockengefallen und gefroren.
Das feste Eis in den Fjorden Spitzbergens, so es denn ausreichend fest wird, ist für Tiere wichtig und bei Menschen beliebt: Ringelrobben bringen hier im Frühjahr ihren Nachwuchs zur Welt, Eisbären streifen umher und jagen.
Früher sind auch Menschen in der Arktis auf dem Fjordeis auf Jagd gezogen, heute genießen sie dort die beeindruckende Landschaft und gegebenenfalls Tiere. Früher – vor vielen, vielen Jahren – waren es ein paar Jäger und Forscher und die wenigen Einheimischen, die mit Ski und Hundeschlitten in den einsamen Fjorden unterwegs waren.
So einsam sind die Fjorde nicht mehr. Touristen haben die Arktis seit mehreren Jahrzehnten als spannendes Reiseziel entdeckt, und Motorschlitten machen auch weiter entfernte Gebiete im Winter relativ einfach zugänglich. Das Fjordeis etwa im Tempelfjord und an der Ostküste sind im Frühjahr traditionell beliebte Ausflugsziele, sowohl für Einheimische als auch für geführte Touristengruppen.
Wichtiger Lebensraum für Eisbären und Ringelrobben: Fjordeis.
Im Gegensatz zur kurzfristig verhängten Maßnahme von 2018 hat der Sysselmannen nun frühzeitiger eine öffentliche Hörung initiiert, um einerseits Betroffenen die Möglichkeit zu geben, sich zu äußern, und andererseits durch die öffentliche Diskussion dafür zu sorgen, dass alle sich der Entwicklung bewusst sind und Bescheid wissen, so es zu entsprechenden Fahrverboten kommt.
Beliebtes Exkursionsziel für Einheimische und Touristen: Fjordeis.
Es ist absehbar, dass ein prinzipielles Fahrverbot auf dem bislang bei Einheimischen und Touristen beliebten Fjordeis für scharfe Diskussionen sorgen würde. Der Sysselmannen hat bereits darauf hingewiesen, dass solche Maßnahmen bei Bedarf kurzfristig und ohne Gesetzänderung verhängt werden kann, wie bereits 2018. Denkbar ist aber auch, solche Verbote gesetzlich zu verankern.
Ob es dabei Unterschiede zwischen Einheimischen und Touristen geben wird, ist nicht absehbar. Entsprechende Forderungen wurden bereits laut.
Konkret betroffen sein können der Tempelfjord, der Billefjord, die Rindersbukta und die Ostküste Spitzbergens zwischen Mohnbukta und Negribreen. Querungen auf vorgegebener Strecke können teilweise, wie auch 2018, erlaubt bleiben, um häufig genutzte Routen nicht vollständig zu verhindern, wie die Querung von Tempelfjord und Billefjord auf dem Weg nach Pyramiden.
Bislang ist nur die Rede davon, diese Fjorde für den motorisierten Verkehr (Motorschlitten) zu sperren. Skitouren und Hundeschlitten wären wohl weiterhin möglich.
Die Zeiten, in denen Longyearbyen eine kleine, kohlestaubige Bergbausiedlung war, in der Rentier und Eisfuchs sich gute Polarnacht sagen, sind seit Jahrzehnten vorbei. Mittlerweile ist Longyearbyen ein kulturell sehr lebendiger, international geprägter Ort.
Der Store Norske Mannskor, hier beim „Vorspiel“ zum Polarjazz Festival 2019, ist eine feste Größe im kulturellen Longyearbyen.
Die aktive Kulturszene findet in diversen Chören und Kulturveranstaltungen ihren Ausdruck, von denen mehrere es in die internationalen Veranstaltungskalender geschafft haben. Neben dem Dark Season Blues Festival, das traditionell Anfang Oktober stattfindet, gibt es unter dem Motto „Cool Place Hot Music“ das Polarjazz Festival. Eröffnet wurde es Mittwoch Abend mit dem sogenannten „Vorspiel“, das lokale Künstner im Kulturhaus gestalten. Dabei gaben sich Künstler von jungen, neuen Talenten über den beliebten Store Norske Mannskor (Männerchor) bis hin zur mit mehreren CDs etablierten Liv Mari Schei das Mikrofon in die Hand.
Liv Mari Schei: bekannter Singvogel in und aus Longyearbyen.
Der Kartenvorverkauf blieb hinter den Erwartungen zurück, aber zumindest beim „Vorspiel“ des Polarjazz-Festivals waren die Reihen voll bis hin zu Treppen und Gängen.
In den nächsten Tagen werden bekannte Künstler aus Norwegen Longyearbyens Bühnen beherrschen.
Diese große Menge marinen Dieselöls in einem Schiff, dass mit beschädigtem Rumpf in einem streng geschützten Naturreservat auf Grund liegt, stellte eine große Bedrohung der Umwelt dar. Beim Austreten wären umfassende Umweltschäden zu befürchten gewesen.
Bergungsarbeiten auf dem Krabbentrawler Northguider auf Grund in der Hinlopenstraße. Foto: Kystverket/Küstenwache.
Die norwegische Küstenwache ist mit dem Schiff KV Svalbard vor Ort und hat die Bergung des Diesels ermöglicht, durchgeführt wurde die Sicherung des Treibstoffs von Spezialisten der niederländischen Bergungsfirma Ardent Global. Die Arbeiten gingen schneller voran als erwartet, wozu auch die übers Wochenende ruhigen Wetterverhältnisse vor Ort wesentlich beitrugen, neben der guten Arbeit der niederländischen Spezialisten und der Mannschaft der KV Svalbard und anderer involvierter Behörden (Sysselmannen, Kystverket).
Über 300 Tonnen Diesel wurden bis Sonntag früh vom Krabbentrawler Northguider, der in der Hinlopenstraße auf Grund gelaufen ist, geborgen. Foto: Kystverket/Küstenwache.
Nun werden noch kleinere Mengen Motoröl und andere Schmierstoffe, Chemikalien und sämtliche weiteren Gegenstände geborgen, die der Umwelt schädlich sein können.
Die Bergung des Schiffes selbst wird eine deutlich größere Operation sein. Wann und wie sie durchgeführt wird, ist derzeit offen.
Für die Kosten muss der Schiffseigner aufkommen, die Reederei Opilio AS.
Gegen Ende April 2017 ereignete sich im Tempelfjord ein schweres Unglück, als eine Gruppe Motorschlittenfahrer durch das dünne Eis brach. Sechs Motorschlitten brachen durchs Eis und die Fahrer landeten im Wasser, wo sie schnell auskühlten. Sechs Personen waren im Wasser, insgesamt wurden sieben verletzt. Vier Personen verbrachten die extrem lange Zeit von bis zu 48 Minuten im eisigen Wasser. Ein Mann starb ein paar Tage später im Krankenhaus in Tromsø.
Dabei handelte es sich um einen Guide der Gruppe, bei der es sich um russische Touristen handelte. Die Gruppe befand sich auf einer Tour, die von der Arctic Travel Company Grumant organisiert war. Bei der Arctic Travel Company Grumant handelt es sich um eine Tochtergesellschaft des Trust Arktikugol, der somit letztlich als Arbeitgeber und Veranstalter verantwortlich ist.
Der Trust Arktikugol ist Eigner und Betreiber von Barentsburg und den dortigen Kohlegruben, entwickelt seit einigen Jahren aber auch intensiver den Tourismus als zukunftsträchtigen Wirtschaftszweig.
Im Zusammenhang mit dem Unglück wird der Arctic Travel Company Grumant und damit dem Trust Arktikugol vorgeworfen, keine ausreichenden Sicherheitsroutinen für den Umgang mit Meereis etabliert zu haben. Vor der fatalen Tempelfjordpassage wurden keine Maßnahmen ergriffen, um die Dicke und Stabilität des Eises zu ermitteln.
Gletscherfront des Tunabreen im Tempelfjord: im Lichtwinter eine sehr beliebte Tagestour, aber das Eis kann gefährlich sein.
Der Tempelfjord ist mit der Gletscherfront des Tunabreen im späten Winter („Lichtwinter“) ein beliebtes Ausflugsziel, allerdings sind die Eisverhältnisse dort in jüngeren Jahren nicht mehr so zuverlässig und stabil wie früher. Die klassische Tempelfjord-Tour über das Eis hin zu den Gletschern funktioniert nicht mehr jedes Jahr. 2018 waren die Eisverhältnisse gut, aber in der Hauptsaison wurde das Fjordeis für den motorisierten Verkehr gesperrt, um Robben und Eisbären, die zu der Zeit im Tempelfjord häufig sind, nicht zu stören.
Der Wetterbericht für die nächsten 2 Tage verheißt für Longyearbyen Sturm und Schneefall. Die größten Windgeschwindigkeiten werden für die Nacht von Donnerstag auf Freitag erwartet – bis zu 26 Meter pro Sekunde (gut 90 km/h, Windstärke 10 = schwerer Sturm auf der Beaufortskala), Böen können noch darüber hinaus gehen.
Diese Bedingungen bedeuten zudem hohe Lawinengefahr.
Der Trawler Northguider liegt nach wie vor am Sparreneset in der Hinlopenstraße auf Grund. Auf Bildern des Kystverket ist erkennbar, dass der Havarist sehr nah vor der Küste des Nordaustland liegt. In dieser Gegend fallen die Tiefen in Ufernähe sehr steil auf bis unter 400 Meter ab. Bislang ist noch nicht bekannt, wie das Schiff in diese Position gelangen konnte. Technische Probleme soll es vor dem Unglück nicht gegeben haben.
Das Küstenwachenschiff KV Svalbard war vor Ort und hat die erste Phase der Arbeit abgeschlossen, wobei es sich zunächst nur um eine Aufnahme der Situation des Havaristen handelte. Nachdem das Wetter die Arbeiten zunächst behindert hatte, konnten Mitarbeiter der Küstenwache schließlich an Bord der Northguider kommen. Diese liegt bislang unverändert mit 15 Grad Schlagseite auf Grund. Von den 300 Tonnen Diesel ist soweit noch nichts ausgetreten, soweit bekannt. Viele kleinere Gegenstände wie Batterien, Farben, Fischereiausrüstung und andere Gegenstände wurden geborgen.
Der Fischtrawler Northguider auf Grund in der Hinlopenstraße, dicht vor der Küste des Nordaustland. Foto: Kystverket.
Die Untersuchung zeigte aber auch, dass das Schiff zu stark beschädigt ist, um ohne Weiteres vom Grund geschleppt werden zu können. Bevor das versucht werden kann, soll nun zunächst der Diesel abgepumpt werden.
Nun ist die KV Svalbard zunächst nach Longyearbyen zurückgekehrt, um dort weitere Ausrüstung zu holen. Das Kystervket nimmt an, dass die Bergungsarbeiten einige Zeit in Anspruch nehmen werden.
Unterdessen stellen viele kritische Fragen, was ein Fischereischiff in der Polarnacht in einem Naturreservat zu suchen hat, wo mitunter bereits die Präsenz von Touristen als Problem betrachtet wird, weil sie auf ein Blümchen treten oder ein Walross aufwecken könnten. Der Umweltschutzbeauftragte des Sysselmannen, Morten Wegede, bezeichnete die Situation als sehr unerfreulich und sagte, der Schutz der Natur durch Entfernung aller schädlichen Materialien habe nun erste Priorität. Hierzu arbeite der Sysselmannen eng zusammen mit der Küstenwache, der zuständigen Schifffahrtsbehörde (Kystverket), dem Norwegischen Polarinstitut und dem Eigner der Northguider.
Allen Besucherinnen und Besuchern dieser Seite zunächst ein frohes neues Jahr! In Longyearbyen verlief der Jahreswechsel weitgehend ruhig – natürlich auch mit einem kleinen Feuerwerk. Der Sysselmannen musste nur bei einer kleinen Rangelei im Huset einschreiten, sonst verlief Silvester in Spitzbergen friedlich.
Aber das Fischereischiff Northguider, das am Freitag in der Hinlopenstraße auf Grund lief – das wird wohl noch eine Weile für Spannung sorgen. Zwar konnten alle 14 Besatzungsmitglieder schnell mit Hubschraubern gerettet werden, aber das Schiff liegt weiterhin auf Grund. Immerhin scheint seine Position stabil zu sein und Diesel scheint auch nicht ausgetreten zu sein, zumindest soweit das vom Hubschrauber aus zu beurteilen ist – bislang ist noch kein Schiff eingetroffen. Die Küstenwache ist mit der KV Svalbard unterwegs; dieses Schiff ist am besten dafür geeignet, den Havaristen möglichst zu bergen. Dabei wird die Priorität zunächst darauf liegen, Diesel, Gas und andere mögliche Schadstoffe abzupumpen. Dann muss beurteilt werden, ob die Northguider weiter schwimmfähig ist, so dass sie abgeschleppt werden kann. Seetüchtig ist sie selbst nicht mehr, da Wasser in den Maschinenraum eingetreten ist.
Idealerweise kann die KV Svalbard die Northguider nach dem Leerpumpen der Dieseltank und Sicherung anderer Gefahrstoffe die Northguider in Schlepp nehmen und zunächst nach Longyearbyen bringen. Ob das so möglich sein wird, muss sich aber erst noch zeigen.
Dazu kommt, dass die Bergung nun wohl ein Wettrennen mit der Zeit wird: Neben einem jederzeit möglichen Abrutschen des Havaristen in tieferes Wasser kann das nahende Eis nun jederzeit erhebliche Schwierigkeiten schaffen. Trotz Negativrekorde der Eisentwicklung und erschreckend wenig Eis in der frühen Polarnacht beginnen die Ufergewässer in Spitzbergen nun zu gefrieren, und im Norden ist das Treibeis im Anmarsch, wie die aktuelle Eiskarte zeigt. Noch vor Wochen war die ganze Inselgruppe Svalbard fast völlig eisfrei, aber wie die Eiskarte zeigt, breitet das Eis sich derzeit zügig aus. Eine Abriegelung der Northguider vom Treibeis würde jegliche weitere Arbeit vor Ort weitgehend unmöglich machen. Viel wird nun von Wetter und Strömungen in den nächsten Tagen abhängen.
Unterdessen wird im politischen Oslo die Frage nach Konsequenzen gestellt. Krabbenfischerei ist in tieferen Gewässern auch in den Naturreservaten Spitzbergens erlaubt – die Northguider liegt im Nordaust Svalbard Naturreservat – und rund ums Jahr sind Krabbentrawler auch in abgelegenen Gebieten wie eben der Hinlopenstraße unterwegs. Nun wird die Frage nach der Sicherheit der Fischerei in diesen entfernten Regionen, weitab von Häfen und Rettungseinrichtungen, wohl neu diskutiert werden.