Auf der abgelegenen Insel Hopen im Südosten von Svalbard hat es im vergangenen Sommer einen größeren Ausbruch der Vogelgrippe gegeben, wie Hallvard Strøm, Biologe beim Norwegischen Polarinstitut, dem norwegischen Sender NRK mitteilte. Dem Ausbruch sind mehrere tausend Vögel zum Opfer gefallen, betroffen sind vor allem Dreizehenmöwen.
Klippen mit großen Vogelkolonien auf der Insel Hopen.
Ähnliche Ausbrüche gab es vorher auch bereits in Vogelkolonien in Nordnorwegen, wo es vor allem bei Dreizehenmöwen teilweise dramatische Verluste gab. Auf Spitzbergen wurde die Vogelgrippe seit letztem Jahr mehrfach nachgewiesen, aber der Ausbruch auf Hopen ist der erste Fall mit größeren Verlusten, der bekannt geworden ist.
Die Stimmen der Gemeinderatswahl vom Montag sind ausgezählt und die Verteilung der Mandate ist klar. Der Gemeinderat (Lokalstyre), den es seit 2002 gibt, hat 15 Sitze. Laut offiziellem Wahlergebnis, bekannt gegeben durch die Lokalstyre, wird die Partei „Venstre“ sieben Sitze im neuen Gemeinderat haben und damit wahrscheinlich den neuen Bürgermeister stellen. „Venstre“ bedeutet zwar „Links“, aber die Partei ist sozialliberal und steht damit anders in der politischen Landschaft als die deutsche Partei „Die Linke“.
Longyearbyen Lokalstyre: am Montag wurde der neue Gemeinderat gewählt
– erstmals unter Ausschluss von Inhabern nicht-norwegischer Pässe.
Damit verliert die sozialdemokratische Arbeiterpartei (Arbeiderparti) das Bürgermeisteramt. Seit 2002 und bis heute war der Bürgermeister von Longyearbyen durchgehend ein Abgeordneter der Arbeiderparti, die in der neuen Lokalstyre aber nur noch auf drei Sitze kommen wird.
Die links-sozialdemokratische Sosialistisk Venstreparti hat ebenfalls drei Sitze erhalten, die konservative Høyre („Rechte“) kommt auf zwei.
Wahlberechtigt waren 1420 Personen, von denen 808 ihre Stimme abgaben. Die Wahlbeteiligung liegt damit bei 56,9 %. Bei der letzten Wahl gab es noch 1823 Wahlberechtigte, aber wegen des geänderten Wahlrechts haben mehrere hundert in Longyearbyen lebende Personen ohne norwegische Staatsangehörigkeit das Wahlrecht verloren. Einige norwegische Wahlberechtigte hatten angekündigt, aus Protest gegen das neue Wahlrecht nicht zu wählen oder ungültige Stimmzettel abzugeben. Es gab 54 ungültige Stimmzettel.
Zur heutigen Kommunalwahl in Longyearbyen, bei der etwa ein Drittel der früher Stimmberechtigten ihr Stimmrecht aufgrund der Nationalität verloren hat, gab die Gruppe „unwanted foreigners“ folgende Pressemeldung heraus (deutsche Übersetzung vom Inhaber dieser Seite). Sie bezieht sich auf eine Ausstellung in der unmittelbaren Umgebung des Wahllokals, bei der die nicht mehr demokratisch repräsentierten Bürgerinnen und Bürger Longyearbyens ihren Fußabdruck in der Gesellschaft symbolisch sichtbar machen wollen.
Pressemeldung: „unwanted foreigners“ – Bürger ohne Wahlrecht in Longyearbyen
Longyearbyen wählt einen neuen Gemeinderat – für die nicht-norwegischen Einwohnerinnen und Einwohner ein schmerzhafter Tag. Ihnen wurde das Stimmrecht genommen.
Früher konnten nicht-norwegische Staatsbürger ihre Stimme bei der Kommunalwahl abgeben, wenn sie drei Jahre dort gewohnt hatten – genau wie in Gemeinden auf dem norwegischen Festland.
Mit den neuen Regeln haben die meisten Angehörigen der nicht-norwegischen Bevölkerung ihre demokratischen Rechte verloren.
Heute, am 09.10.2023, ist Kommunalwahl in Longyearbyen – ein großer Teil der Einwohner steht dabei nun außen vor. Von diesen haben viele bereits viele Jahre in Longyearbyen gelebt und viel zur Gemeinschaft im Ort beigetragen. Dies wird in Stille gewürdigt – wie es für die, die nun stimmlos geworden sind, angemessen ist.
Viele wollten nicht persönlich vor dem Wahllokal erscheinen. Viele haben es wahrscheinlich als zu schmerzlich empfunden, selbst ihrer demokratischen Rechte beraubt anderen beim Wahlgang zuzuschauen. Eine kleine Ausstellung aus Fußspuren, gearbeitet aus Holz, macht diese Bürgerinnen und Bürger dennoch vor dem Wahllokal sichtbar.
Hier sind einige Texte in ihren Fußabdrücken im Gemeindewesen Longyearbyens:
Seit 9 Jahren auf der Insel. Habe einen norwegischen Betrieb mit 5 Angestellten.
Bewohner seit 15 Jahren – Stimmrecht in Trondheim, aber nicht mehr hier!
19 Jahre auf Spitzbergen. Ich rette dich aus Schneelawinen
21 Jahre auf Spitzbergen. Gewähltes Mitglied des Gemeinderates
Ich besitze einen Betrieb und bin in der Guide-Szene aktiv.
Drei Jahre in Longyearbyen. Skandinavischer Bürger :o(
Vier Jahre in Longyearbyen – lokaler Guide
Ich rette dich aus Gletscherspalten
Ich habe vorher nie gespürt, dass es „die“ und „wir“ war
8 Jahre auf der Insel. Ich repariere deine Kleidung. Habe eine norwegischen Betrieb mit 3 Angestellten.
Wir sind Longyearbyen
Ich sorge dafür, dass du nach dem Marathon zu einem Abendessen gehen kannst
In Longyearbyen aufgewachsen. Norwegische Werte in der Schule gelernt
War bei der letzten Wahl aufgestellt. 16 Jahre in Spitzbergen. Oslo meint, dass ich weniger um Svalbardpolitik weiß als ein frischer Absolvent der Svalbard folgehøgskole (Anm.: eine öffentliche Bildungseinrichtung in Longyearbyen, die vor allem von jungen Erwachsenen genutzt wird)
Samen, Frauen, Ausländer – wir haben es alles schon gehabt. Stimmrecht für alle!
20 Jahre in Longyearbyen – habe für UNIS, NP, Forschungsrat gearbeitet (Anm.: UNIS ist die lokale Universität, NP (norwegisches Polarinstitut) eine große Forschungseinrichtung)
3 Jahre auf der Insel, mit Familie – arbeite im Kundendienst, und engagiere mich freiwillig
20 Jahre auf Svalbard. 20 Jahre in lokalen Betrieben. Ich liebe Longyearbyen und die Menschen, die hier leben. Stimmrecht für ALLE
In Longyearbyen aufgewachsen. In Longyearbyen zur norwegischen Schule gegangen. Spreche gut norwegisch. Aber gehöre jetzt nicht mehr dazu.
Norweger – 9 Jahre in Longyearbyen. Wählen ist sinnlos geworden
7 Jahre auf der Insel. Ich betreibe eine Recyclingwerkstatt (ehrenamtliches Engagement), führe die Svalbard Guide Association & bin ganzjährig Guide. Habe bei UNIS gearbeitet.
Ehrenamtlich engagiert seit 2017. Habe Spitzbergen von Müll befreit. Rotes Kreuz, Sportverein.
5,5 Jahre Svalbard. Habe meine Beiträge zur Gemeinschaft geleistet und werde jetzt als wertlos betrachtet
12 Jahre auf der Insel und halte deine Wohnung sauber
7 Jahre Svalbard – Guide und lokaler Unternehmer – arbeite mit 15 lokalen Firmen und weiteren auf dem Festland zusammen. Ich trage direkt zur norwegischen Wirtschaft bei … aber wir sollen nicht wirklich zählen?
7 Jahre Svalbard – Guide und Logistikmanager Polar X – früher konnte ich wählen! Wir machen die Dokus, die den Blick der Welt auf Svalbard und unsere Natur prägen … aber wir sind nicht wichtig genug, um auf die Lokalpolitik Einfluss zu nehmen (Anm.: Polar X ist eine bedeutende Firma in Longyearbyen, die hochwertige Filmproduktionen realisiert)
Wer wird noch die Geduld haben, um den Norwegern ihre Getränke zu servieren …
Longyearbyen ist meine Heimat
10 Jahre Svalbard. Ich habe Freunde, die für das Recht zu wählen gestorben sind. Norwegen ist nicht besser als Russland
8 Jahre Svalbard. 2,5 Jahre auf dem Festland. Stolzer Kanadier. Wichtiger Arbeiter für Norwegen. Eure „Demokratie“ ist ein Witz – unsere Leben nicht. Schämt euch!
29 Jahre Svalbard. Damals fühlte ich mich willkommen.
11 Jahre Forschung und Unterricht in arktischer Ökologie
Demokratie ist etwas, wofür man aufstehen muss
Es hat etwas bedeutet, während der Pandemie zur Renovierung der Nordenskiöldhütte beizutragen (Anm.: die Nordenskiöldhütte ist eine historische Hütte von 1933 und steht auf einem Berg in über 1000 Meter Höhe bei Longyearbyen. Ihre Renovierung erforderte viel Einsatz Freiwilliger)
Bergarbeiter
Svalbard: seit 26 Jahren tragende Säule meines Lebens. Und plötzlich Bürger zweiter Klasse
Ein Jahr auf der Insel. UNIS-Student, Guide und Mitglied der Guide-Vereinigung
6 Jahre auf der Insel. Ich kann dich aus einer Schneelawine retten
Es macht mir Freude, nach der Kohlezeit zur Entwicklung des Ortes beizutragen
12 Jahre auf der Insel, früher konnte ich wählen. In 17 Jahren kann mein Sohn wählen, ich hoffe, mit mir zusammen.
Man ist am besten auf die Gemeinschaft stolz, nicht auf die Nationalität
Am heutigen Montag, 09. Oktober, ist in Longyearbyen Wahltag: Die Wahlberechtigten können mit ihrer Stimme die Zusammensetzung der „Lokalstyre“, des Gemeinderates, bestimmen. Es ist die achte Kommunalwahl, seit Longyearbyen 2002 zu einer Kommune mit Lokaldemokratie wurde. Vorher war Longyearbyen politisch eher als eine Art erweitertes Betriebsgelände aufgestellt.
Longyearbyen Lokalstyre: heute ist Kommunalwahl
– erstmals unter Ausschluss ausländischer Passinhaber.
Zunächst geht es bei dieser Kommunalwahl um Dinge, um die es bei einer Kommunalwahl eben geht: Verkehr in und außerhalb von Longyearbyen, Gesundheit für Mensch und Tier (speziell die Themen „psychische Gesundheit“ und „Tierarzt“ sind in Longyearbyen schwierig), Wohnungsmarkt, Hafengebühren, Wirtschaft, Kultur, Sport, Schule, Energie und Umwelt.
Daneben ist die Wahl selbst aber auch Wahlthema. Wie schon mehrfach berichtet, hat die norwegische Ministerin für Justiz und Bereitschaftsdienste, Emilie Mehl (Senterparti), per Vorschrift verfügt, dass Ausländer ab der heutigen Wahl ihr aktives und passives Stimmrecht verlieren: Wer ohne norwegische Staatsbürgerschaft in Longyearbyen wählen oder gewählt werden will, muss zuvor mindestens drei Jahre auf dem norwegischen Festland gelebt haben und direkt von dort nach Longyearbyen gezogen sein. Wer zwischendurch außerhalb von Norwegen gelebt hat oder auch in Spitzbergen außerhalb von Longyearbyen (etwa in Ny-Ålesund – mindestens einen Fall dieser Art gibt es), hat damit das Wahlrecht verloren.
Da die neue Regelung eine Vorschrift ist und nicht etwa ein Gesetz, wurde sie auch nicht vom norwegischen Parlament (Storting) diskutiert und beschlossen, sondern trat direkt aus dem Ministerium heraus in Kraft.
Alle der vier in Longyearbyen zur Wahl angetretenen Parteien treten dafür ein, dass alle in Longyearbyen lebenden Menschen an politischen Prozessen teilnehmen können sollen, und zumindest zwei dieser vier Parteien wollen die neue Vorschrift rückgängig machen und länger in Longyearbyen lebenden Ausländern wieder die Teilnahme an der Lokalwahl ermöglichen. Zuständig ist allerdings die Regierung in Oslo. Die norwegischen Grünen sind nach der Wahlrechtsänderung lokal nicht wieder angetreten, da sie ohne ihre nicht-norwegischen Mitglieder im Gegensatz zu früheren Wahlperioden nicht genügend Kandidatinnen für ihre Liste zusammen bekommen.
Betroffene Ausländer haben sich lose unter der Bezeichnung „unwanted foreigners“ („unerwünschte Ausländer“) zusammengeschlossen und versuchen, dadurch politisch sichtbar zu werden. Betroffen sind mehrere hundert Personen, die Rede ist von etwa einem Drittel der früher Wahlberechtigten. Viele davon leben seit vielen Jahren in Longyearbyen, einige sind dort aufgewachsen und so ziemlich alle fühlen sich nun als Verlierer in einer politischen Zweiklassengesellschaft.
Nach den vielen Reiseblog-Einträgen der letzten Monate wird es nun Zeit, die Abteilung „Nachrichten“ wieder stärker zu aktivieren. Das wird auch rückwirkend geschehend, mit der einen oder anderen wissenswerten Information aus den letzten Wochen.
Fangen wir mit einem Beitrag aus dem naturkundlichen Bereich an, der zunächst harmlos erscheint, aber doch einen unerfreulichen Beigeschmack hat: Im Colesdalen, 20 Kilometer südwestlich von Longyearbyen, ist die Moltebeere erstmals mit Frucht nachgewiesen worden. Der erstaunliche Fund wurde zufällig von Stein Tore Pedersen aus Longyearbyen während eines privaten Ausflugs gemacht, wie das norwegische Polarinstitut schreibt.
Das Colesdalen. Irgendwo im Bild sind sicher auch Moltebeeren 🙂.
Die vitaminreichen Früchte der Moltebeere sind in Skandinavien weithin bekannt und beliebt. Auf Spitzbergen wurde die Pflanze um 1908 von der Botanikerin Hanna Resvoll-Dieset erstmals wissenschaftlich nachgewiesen, aber es wurden bislang keine Funde von Früchten belegt. Es gab Gerüchte um gelegentliche Funde der Frucht, wobei die Beweise aber jeweils direkt dem Appetit der Finder zum Opfer gefallen sein sollen. Erlaubt ist das übrigens nicht: Die gesamte Vegetation Spitzbergens steht unter strengem Schutz, Beeren dürfen nicht geerntet werden. Nur das Sammeln von Pilzen und Seetang ist erlaubt. Damit ist auch das Pflücken von Moltebeeren verboten.
Es wird vermutet, dass dieser erste Fund von von Moltebeeren mitsamt Früchten auf Spitzbergen mit dem rekordwarmen Sommer zusammenhängt und damit letztlich mit dem Klimawandel, der in großen Teilen der Polargebiete besonders schnell verläuft.
Nach der Saisonpause geht es nun weiter mit Spitzbergen(.de) Nachrichten, wo demnächst auch rückblickend noch das eine oder andere aufgegriffen werden wird. Und natürlich gibt es nun auch wieder die Fernsehtipps. Marga ist nämlich auch wieder online.
Arktis-TV in Villa Fredheim, viele Jahre lang das Zuhause des legendären Jägerpaares Hilmar und Helfrid Nøis. Das berühmte Häuschen kann man hier virtuell besuchen.
Die Listen werden bei Bedarf aktualisiert. Sachdienliche Hinweise werden von jeder Spitzbergen.de-Dienststelle entgegengenommen.
Margas Arktis-Fernsehtipps auf Arte im Oktober …
… lauten wie folgt:
Montag, 16.10., 17.50 Uhr: „Die letzten Paradiese: Patagonien – Am Ende der Welt“ (GB 2021)
Samstag, 21.10, 20.15 Uhr: „Die Arktis – 66,5 Grad Nord (1/3): Eisige Schönheit“ (D 2021 EA)
Samstag, 21.10, 20.55 Uhr: „Die Arktis – 66,5 Grad Nord (2/3): Die Jagd nach Schätzen“ (D 2021, EA)
Samstag, 21.10, 21.40 Uhr: „Die Arktis – 66,5 Grad Nord (3/3): Das große Schmelzen“ (D 2021, EA)
Zwei kleine Mitteilungen in eigener Sache: Mit der Antigua fahren wir ab heute in den Spitzbergen-September hinein und hoffen auf das schöne Licht, das diese Zeit hier bringen kann. Natürlich soll es möglich sein, diese Fahrt auch aus der Ferne über den Reiseblog auf dieser Seite mitzuerleben, aber das wird im Vergleich zu den letzten Wochen nur eingeschränkt möglich sein, da die Verbindung auf dieser Fahrt im Vergleich deutlich weniger komfortabel ist. Ich hoffe aber, dass es dennoch einen Reiseblog geben wird, wenn auch sicherlich mit deutlich geringerer Ausstattung im Bildmaterial. Aber das kommt ja dann später mit dem Reisetagebuch …
Schon am 5. August hat der russische Bischof Iyakov in Pyramiden ein sieben Meter hohes, hölzernes orthodoxes Kreuz geweiht, das unmittelbar zuvor im Rahmen einer Zeremonie am Hang aufgestellt wurde. Das Kreuz steht nah genug am Hafen, um für Besucher gut sichtbar zu sein.
Bischof Iyakov ist als Unterstützer von Putins Krieg in der Ukraine und seiner geopolitischen Ambitionen bekannt. Speziell in der Arktis hat er vielfach Stützpunkte geweiht, auch militärische, und auch Zeremonien durchgeführt, bei denen Soldaten und Waffen geweiht werden. Bei der Zeremonie in Spitzbergen fielen Formulierungen wie „russisches Pyramiden“, auch Worte wie „heiliges Mutterland“ und „göttliche Segnung heiliger Grenzen“ etc. werden von Iyakov oft verwendet. Das Kreuz ist mit Bändern in Farben dekoriert, die auch viele russische Waffen im Krieg gegen die Ukraine tragen sollen, oft in Form des berüchtigten „Z“-Symbols.
Kleineres russisches Kreuz, das schon länger recht unauffällig bei Pyramiden steht. Das am 5.8. errichtete und geweihte Kreuz ist viel größer und steht oberhalb des Hafens.
Der Vorfall muss in Zusammenhang gesehen werden mit anderen Ereignissen wie der erstmals militaristisch aufgeblasenen Parade am Tag des Sieges am 6. Mai oder der Flottenparade am 30. Juli. Insgesamt scheint Russland die Strategie zu verfolgen, Norwegen und der Welt die historisch-kulturelle Zugehörigkeit mindestens der russischen Siedlungen Spitzbergens zu Russland zu verdeutlichen.
Vom Sysselmester hieß es, die Umweltabteilung werde den Fall verfolgen. Die Errichtung von Bauwerken, auch Denkmälern, ist genehmigungspflichtig; die norwegischen Behörden waren offenbar vorher nicht informiert worden.
Am Freitag (5.8.) Abend ist ein Eisbär im Krossfjord erschossen wurden, als er versuchte, in eine Hütte einzudringen, in der sich mehrere Personen aufhielten. Vorher soll versucht worden sein, den Bären zu verscheuchen, was aber nicht gelang.
Der Vorfall wird untersucht. Weitere Informationen sind noch nicht veröffentlicht, etwa der genaue Ort, der Verlauf oder wer involviert war.
Die Arktis zu definieren ist gar nicht so einfach. Je nach Kontext gibt es mehrere mögliche Definitionen. In Klimafragen zählen üblicherweise jene Regionen zur Arktis, deren Monatsmitteltemperatur auch im wärmsten Monat, dem Juli, unterhalb von 10 Grad bleibt. Wird es wärmer, schwindet auf Dauer der Permafrost und es wachsen irgendwann Sträuche und Bäume.
Temperaturen oberhalb arktischer Werte an zwei Messstationen
Ganz so weit ist es in Spitzbergen noch nicht, aber mehrere lokale Messstationen haben im Juli Werte aufgezeichnet, die die Zuordnung zum Bereich „Arktis“ schon nur noch randlich zulassen: Die Wetterstation am Flughafen bei Longyearbyen hat ein Monatsmittel von 10,1°C aufgezeichnet, in Pyramiden wurden 10°C gemessen. Am Flughafen lag die Temperatur ganze 3,1 Grad über dem derzeit gültigen Mittelwert, laut Zahlen des norwegischen meteorologischen Instituts, die in Medien wie dem Barentsobserver wiedergegeben werden.
Im Juli konnte man sich in Spitzbergen über Sonne und sommerliche Temperaturen freuen – klimatisch bedeutet das allerdings gar nichts Gutes: Die Erwärmung schreitet rasch voran, wieder wurden Temperaturrekorde gebrochen.
Nun wird es noch eine ganze Weile dauern, bis man in Spitzbergen echte Waldspaziergange machen kann, aber der Trend hin zur dramatischen Erwärmung ist klar: In der Messperiode 1991-2020 lag die Durchschnittstemperatur in den Sommermonaten von Juni bis August am Flughafen bei 5,5°C, aber wenn man nur die letzte Dekade betrachtet, ist der Wert laut norwegischem Polarinstitut bereits auf 6,4 Grad gestiegen. Aufgrund regionaler Effekte, vor allem dem Verlust von Meereis, verläuft die globale Erwärmung in der Arktis etwas dreimal so schnell wie anderswo.
Methanaustritte durch schmelzende Gletscher
Das führt zu beunruhigenden, die Entwicklung noch verstärkenden Effekten: Wissenschaftler haben nun in kürzlich von schmelzenden Gletschern freigegebenen Gebieten Gasaustritte entdeckt, wo vorher im Untergrund gespeicherte Gase freigesetzt werden. Dabei handelt es sich vor allem um Methan, das als Treibhausgas vielfach stärker wirkt als etwa Kohlendioxid. Die jährlich so in Spitzbergen derzeit freigesetzte Menge Methan wird in der Größenordnung von 2000 Tonnen geschätzt – immerhin ein Zehntel dessen, was in Norwegens Öl- und Gasindustrie so entweicht. Mit Fortschritt des Gletscherrückzugs könnte es allerdings noch viel mehr werden. Das berichtet die University of Cambridge auf ihren Seiten, wo auch der entsprechende Fachartikel verlinkt ist.
Bis Spitzbergen tatsächlich offiziell kein arktisches Klima mehr hat, wird es aber noch dauern: Beim eingangs erwähnten 10-Grad-Julimittel zählt die langfristige Betrachtung über eine klimatische Messperiode von 30 Jahren hinweg.
Fangfrisch präsentiert: Margas Arktis-Fernsehtipps für den August 2023. Soweit Gelegenheit zum Fernsehen ist. Ein paar Glückliche sind ja einen großen Teil des Monats über auf der Arctica II dabei und haben die Arktis tagtäglich rund um sich herum. Das gleiche gilt für die Meander Ende des Monats bis Anfang September. Da sind übrigens immer noch ein paar Plätze frei. In der ersten Reihe! Wer nicht dabei sein kann, aber gerne will, verfolgt Rolfs Arktis-Reiseblog 🤗. Und schaltet zu den untenstehenden Terminen die Glotze ein.
Im September wird es übrigens keine Fernsehtipps geben, da die zuständige Redaktion mit an Bord ist.
Arktis-TV in Villa Fredheim, viele Jahre lang das Zuhause des legendären Jägerpaares Hilmar und Helfrid Nøis. Das berühmte Häuschen kann man hier virtuell besuchen.
Die Listen werden bei Bedarf aktualisiert. Sachdienliche Hinweise werden von jeder Spitzbergen.de-Dienststelle entgegengenommen.
Fotografieren mit der „Elektromöwe“ (Drohne) kann viel Freude machen und völlig neue Perspektiven auf die Welt eröffnen. Leider glauben aber anscheinend nach wie vor viele, dass es keine Regeln gibt: Innerhalb von nur wenigen Tagen wurden in Longyearbyen mehrfach Touristen dabei erwischt, während sie ihre Drohnen innerhalb der Flugverbotszone in der Luft hatten. Diese gilt im Umkreis von fünf Kilometern um den Flughafen und umfasst auch fast ganz Longyearbyen. Das Resultat: Beschlagnahme der Drohnen und Bußgelder von jeweils 12000 Kronen, im Einzelfall können es auch mehr sein.
Drohnenfliegen in Spitzbergen:
geht prinzipiell – aber es gelten Regeln, die es zu beachten gilt.
Wer vor hat, in Spitzbergen eine Drohne zu verwenden, sollte sich unbedingt über die geltenden Regeln informieren, auf der Seite des Sysselmesters oder natürlich auch im Spitzbergen-Reiseführer. Da steht ja alles drin 😉
Auf Schiffsreisen gelten über die gesetzlichen Regeln hinaus oft zusätzliche Einschränkungen durch die Reederei/den Veranstalter.
Hier sind Margas Arktis-Fernsehtipps für den Juli 2023. Soweit Gelegenheit zum Fernsehen ist. Wer das Glück hat, demnächst um Spitzbergen zu fahren, etwa mit der Antigua oder Meander, hat kein Fernsehen und braucht das auch nicht. Wer nicht dabei sein kann, aber gerne will, verfolgt Rolfs Arktis-Reiseblog 🤗.
Arktis-TV in Villa Fredheim, viele Jahre lang das Zuhause des legendären Jägerpaares Hilmar und Helfrid Nøis. Das berühmte Häuschen kann man hier virtuell besuchen.
Die Listen werden bei Bedarf aktualisiert. Sachdienliche Hinweise werden von jeder Spitzbergen.de-Dienststelle entgegengenommen.
Margas Arktis-Fernsehtipps auf Arte im Juli
Soviel ist es auch gar nicht.
Samstag, 01.07., 14.00 Uhr: „Bärland“ (D 2023). Es geht u.a. um Eisbären.
Das Adventdalen – genauer: das untere Adventdalen – soll Naturreservat werden. Der Gesetzvorschlag liegt nun bis zum 15. Oktober zur öffentlichen Anhörung aus, wie der Sysselmester mitteilt. Bis dahin können alle Interessierten ihre Meinung ins Verfahren eingeben.
Es geht um ein 62 Quadratkilometer großes Gebiet mit weiten Tundraflächen und Flussbetten.
Das Adventdalen ist eins von Spitzbergens größten eisfreien (nicht gletschergefüllten) Tälern mit weiten Tundraflächen und Feuchtgebieten, die vielen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum bieten, darunter seltenen Arten und solchen, die auf der norwegischen Roten Liste stehen. Der Erhalt dieser Lebensräume steht im Vordergrund des aktuellen Schutzvorhabens.
Viel ändern würde sich in der Praxis am Status quo nicht; tatsächlich geht es ja genau darum, diesen zu erhalten. Weitgehend ausgeschlossen wären künftig größere bauliche Eingriffe wie neue Wege, Straßen oder Gebäude. Die existierende Infrastruktur (Wege, Hütten etc.), sofern sie im fraglichen Gebiet liegt, genießt Bestandsschutz und dürfte auch künftig bei Bedarf repariert und instand gehalten werden. Auch Maßnahmen zur Erhaltung des künstlichen Sees Isdammen, der der Trinkwasserversorgung von Longyearbyen dient, bleiben möglich.
Arktischer Lebensraum Tundra im Adventdalen: hier blüht die Silberwurz.
Wer sich künftig auf Tour, privat oder organisiert, im dann geschützten Bereich bewegt, hat kaum mit neuen Einschränkungen zu tun. Der Verkehr in der Fläche findet weitestgehend in Form von Motorschlittenverkehr statt. Dieser ist ohnehin nur auf gefrorenen, schneebedeckten Fläche erlaubt (Anmerkung: hier dürften die Kontrollen gerne etwas strenger sein). Für Vögel sind die fraglichen Flächen als Rast- oder Brutgebiete ohnehin erst nach der Schneeschmelze von Bedeutung, so dass die zeitliche Trennung hier von alleine Probleme löst, bevor sie entstehen.
Verkehr auf Rädern auf nicht schneebedecktem Boden wird nicht möglich sein, aber das entspricht der bisherigen Vorschrift und Praxis. Eventuell könnten sich für die Nutzung von FatBikes Änderungen ergeben, die mitunter in nicht von Pflanzen bewachsenen Flächen wie Flussbetten genutzt wurden.
Odinshühnchen im Adventdalen: eine eher seltene der vielen Arten,
die hier Lebensräume finden.
Zudem soll die bereits bestehende Leinenpflicht für Hunde während der Brutsaison dahingehend verschärft werden, dass Leinen maximal 5 Meter lang sein dürfen.
Einschränkungen soll es auch für den Luftverkehr geben: Tiefflüge unterhalb von 300 Metern und Landungen sollen verboten werden, mit Ausnahmen für Bereitschaftsdienste (Polizei, Rettungsdienst). Auch das entspricht weitgehend der aktuellen Praxis.
Die Verwendung von Drohnen soll im geschützten Gebiet verboten sein.
Nach Abschluss des Hörungsverfahrens (Eingabefrist: 15. Oktober 2023) geht der Gesetzvorschlag seinen Weg durch die Instanzen, bis er ggf. in geltendes Recht überführt wird.
Kommentar
Es kann der Eindruck entstehen, dass sich durch das vorgeschlagene Gesetz gar nicht viel ändern würde. Das stimmt, und das ist auch angestrebt: basierend auf der Erkenntnis, dass der aktuelle Status quo die gewünschte Artenvielfalt ermöglicht, geht es um die Erhaltung genau dieses Zustandes. Aktivitäten, die diesen Zustand nicht gefährden, sollen möglich bleiben, auch wo meinungsstarke, aber praxisferne Bürokraten gerne schon mal unter Berufung auf ein präventives Vorgehen nach folgenreichen Verboten rufen. So hatte man im aktuellen Fall in Longyearbyen befürchtet, dass der für den Ort so wichtige Motorschlittenverkehr im fraglichen Gebiet stark eingeschränkt oder gar verboten würde. Das wird nach derzeitigem Stand nicht passieren.
Man muss ganz sicher nicht jeden motorisierten Verkehr im Adventdalen, touristisch oder wie auch immer geartet, gut oder gar sinnvoll finden, aber für ein Verbot braucht es gute Gründe. Solange entsprechende nachvollziehbare und gut belegte Gründe nicht vorliegen, sind Verbote fehl am Platz. Die Meinung, dass ein bestimmter Verkehr oder eine Aktivität unnotwendig ist, vielleicht sinnlos, gar doof, reicht dazu nicht aus.
Was hingegen arktische Lebensräume tatsächlich auf größerer Fläche und dauerhaft bedrohen würde, gar zerstören könnte, wird verboten, darunter neue Wege und Gebäude und sonstige Eingriffe ins Gelände.
Es ist erfreulich, dass die norwegischen Behörden hier gezeigt haben, dass sie auch heute noch in der Lage sind, genau hinzuschauen und durch gezielte Maßnahmen zu schützen, was schützenswert ist, dabei aber auch hinzuhören, was die Menschen vor Ort wollen und brauchen und das weiterhin zuzulassen, sofern nicht tatsächlich gute Gründe für Einschränkungen und Verbote sprechen.
Am Samstag hat die Antigua in Longyearbyen abgelegt – vor sich die große, lange Sommerfahrt, 19 Tage lang. Allen möglichen Spitzbergen-Erlebnissen entgegen.
An Bord auch viele bekannte Gesichter, sowohl in der Gruppe als auch bei der Mannschaft. Die Stimmung zum Start gut, freudig und gespannt. So soll es sein!
Die Antigua beim Ablegen am Samstag (25.6.) in Longyearbyen. Gute Fahrt!
Für mich persönlich fühlte es sich trotzdem komisch an, denn: ich bin dieses Mal nicht dabei. Es ist die erste (und soweit wir derzeit wissen, auch die letzte) Spitzbergen-Reise der Geographischen Reisegesellschaft, an deren Durchführung ich nicht unmittelbar beteiligt bin.
Der Grund dafür ist ganz einfach: am 1. Juli geht es mit der Meander los. Beide Fahrten überschneiden sich zu großen Teilen, daher geht logischerweise nur eine. Auf der Antigua ist nun mit Michelle van Dijk eine gute, sehr Spitzbergen-erfahrene Kollegin mit einem von ihr ausgewählten Team. Da liegt alles in besten Händen.
Warum ich meinerseits auf die Meander gehe und nicht auf die Antigua? Bis vor kurzem hatten wir schon fast gedacht, dass der Sommer 2023 die letzte Spitzbergen-Saison der Antigua sein wird. Es ist gar nicht lange her, da war die Antigua öffentlich zum Verkauf angeboten, und auf die endgültigen Zusagen vom Eigner für die Saison 2024 haben wir dieses Jahr deutlich länger gewartet als sonst. Daher waren auch die Planungen für 2024 bis vor kurzem immer noch nicht abgeschlossen, während sonst die Planung fürs Folgejahr eigentlich im April schon steht.
Nun haben wir es schwarz auf weiß: die Antigua wird auch 2024 wieder in Spitzbergen fahren, und wir sind wieder mit an Bord. Jetzt folgt allerdings ein großes „aber“: 2024 wird die letzte Saison der Antigua in Spitzbergen sein, so hat der Eigner es uns nun mitgeteilt. Künftig wird die Antigua nach ihrem langjährigen Spitzbergen-Abenteuer, das immerhin 2009 begann, wieder wärmere Gewässer befahren. Möglicherweise die Ostsee – auch ein schönes Revier, vielleicht machen wir längerfristig ja dort mal etwas? Mal schauen.
Klar ist aber, dass wir über 2024 hinaus in Spitzbergen nicht mit der Antigua planen können. Das kam nun nicht als große Überraschung. Aber gleichzeitig mit dieser sich abzeichnenden Entwicklung kam die Meander nach Spitzbergen, und sie ist gekommen, um eine ganze Weile zu bleiben.
Deshalb: am 1. Juli geht es auf der Meander an Bord, und wir setzen Kurs Spitzbergen. Nicht zum ersten Mal und ganz sicher nicht zum letzten Mal. Ich freue mich auf viele schöne Spitzbergen-Fahrten mit der Meander! So wie ich mich auch auf die verbleibenden Spitzbergen-Fahrten mit der Antigua freue, dieses Jahr im September und nächstes Jahr auch noch zwei Mal. Hier geht es zur Übersicht über unsere für 2024 geplanten Reisen.
Und jetzt sage ich erst mal: Antigua, gute Fahrt! Ich wünsche allen an Bord eine unvergesslich schöne Zeit und viele tolle Erlebnisse und Eindrücke!
Und auch über 2024 hinaus wünsche ich der Antigua schon mal: allzeit gute Fahrt. Wir sehen uns bestimmt wieder …