Aufgrund außergewöhnlicher Kälte in der höheren Atmosphäre ist etwa die Hälfte der arktischen „Ozonschicht“ in den letzten Wochen verloren gegangen. Die Kälte ist ein natürlicher Vorgang, begünstigt aber die Zerstörung des Ozons durch die menschgemachten „Ozonkiller“ (FCKW etc.). Auch bereits seit längerem verbotene Substanzen sind wegen ihrer langen Verweildauer noch für viele Jahre in der Atmosphäre.
Da sich die hochpolaren Luftmassen mit jenen in mittleren Breiten vermischen, empfehlen Wissenschaftler, auch in der gemäßigten Klimazone im Frühjahr besonderen Wert auf Sonnenschutz zu legen.
Manche Vorgänge im arktischen Himmel sind sehr schön, andere weniger
Ein schwedischer Familienvater hat gezeigt, wie man es nicht macht, und dabei nicht nur sich selbst, sondern auch seine beiden Söhne (11 und 20 Jahre alt) sowie Rettungsmannschaften gefährdet. Als Individualtouristen angereist, mietete die Familie Motorschlitten und Satellitentelefon (immerhin) in Longyearbyen für eine Tour nach Barentsburg. Wegen schwieriger Wetterverhältnisse, die schlechte Sicht und Lawinengefahr mit sich brachten, hatten von Guides geführte Gruppen ihre Touren nach Barentsburg abgesagt und stattdessen andere, sichere Routen gewählt. Der schwedische Familienvater entschied sich, trotz mangelnder Lokalkenntnis und Erfahrung die Fahrt anzutreten.
Die Rückfahrt von Barentsburg hätte zur Katastrophe führen können: Trotz Wetterwarnung und Rat vom Sysselmannen, das schlechte Wetter in Barentsburg abzuwarten, fuhren die drei los, anscheinend beunruhigt von der Aussicht, ihren Rückflug zu verpassen. Unterwegs blieben sie im Schnee stecken, und unter den schwierigen Bedingungen mussten Rettungsmannschaften von Sysselmannen und Rotem Kreuz ihre Versuche, mit Hubschrauber und Motorschlitten zu den Verunglückten vorzustoßen, mehrfach aufgeben und umkehren. Erst gegen Mitternacht gelang es, zu den Dreien vorzustoßen, die mittlerweile von Nässe und Kälte angegriffen waren.
Von offizieller Seite wird Zugereisten mit mangelnder Erfahrung empfohlen, sich geführten Touren anzuschließen und den Rat Erfahrener sowie das Wetter sorgfältig zu bedenken. Dass die Familie sowohl in Longyearbyen als auch in Barentsburg Warnungen ignorierte und dennoch loszog, ist nicht nur fahrlässig, sondern kann möglicherweise noch ein teures Nachspiel haben: Die Kosten für die Rettungsaktion werden um 15.000 Euro geschätzt. Bei grober Unachtsamkeit kann die Rechnung den Geretteten präsentiert werden.
Sollte ernst genommen werden: Arktis im Winter
Nachtrag: In einem Leserbrief (Svalbardposten 10/2011) gibt die Familie an, vor der Rückfahrt von Barentsburg nicht vor der Fahrt gewarnt worden zu sein, im Gegenteil habe der Sysselmannen zu einem Versuch geraten. Weiter hätten technisches Versagen eines Motorschlittens sowie die schlechte Batterieleistung des gemieteten Satellitentelefons dazu beigetragen, dass die Familie auf Hilfe angewiesen war.
Die norwegische Gesamtrechnung für Spitzbergen war 2009 erstmalig seit 33 Jahren wieder positiv. Vor allem größere Steuereinnahmen haben dazu geführt, dass die öffentlichen Einnahmen die Ausgaben überwogen haben. Der größte Steuerzahler ist die Bergbaugesellschaft Store Norske mit 278 Millionen Kronen, die 2009 an die Staatskasse gingen, gefolgt vom Öl- und Gasplattformdienstleister Seadrill Norge (92 Millionen Kronen). 2009 flossen unterm Strich 33 Millionen Kronen mehr von Spitzbergen nach Norwegen als umgekehrt, zum Vergleich: 2007 wurde Spitzbergen netto mit 310 Millionen Kronen subventioniert, 2008 waren es 347 Millionen Kronen.
Endlich mal Geld in der Kasse: Rentiere im Adventdalen
Zum Umwelteinfluss von Expeditionskreuzfahrten wurde eine neue Studie veröffentlicht. Erstellt wurde sie von Akvaplan-Niva, einer privatwirtschaftlichen Beratungsgesellschaft zu Forschung, Nutzung und Umwelt in mariner Umwelt und Frischwasserökosystemen, angeregt wurde die Studie von AECO, dem Interessenverband der in Svalbard aktiven Expeditionskreuzfahrtveranstalter. Die Studie ist detailliert und geht auf verschiedene Aspekte ein, nachdem die Forscher mehrere Schiffe in Spitzbergen begleitet hatten, um die Praxis zu beobachten. Eine erste Durchsicht des umfangreichen Berichts fördert zusammenfassend folgende Punkte zutage:
Das Umweltbewusstsein von Mannschaften, Guides und Passagieren wird als sehr hoch angesehen.
Schiffsoperationen und touristische Aktivitäten sind bereits stark reguliert.
Emissionen von Schiffen in Luft und Wasser haben einen „vergleichsweise geringen“ Einfluss auf die marine Umwelt.
Potentiell sehr schädlich kann die Einfuhr neuer Arten durch Ballastwasser, am Schiffsrumpf oder an Bekleidung sein, der Bericht schlägt Schutzmaßnahmen vor.
Zur Beurteilung des etwaigen Einflusses von Geräuschemissionen und Personengruppen auf Seevögel und Säugetiere sind detaillierte Studien erforderlich.
Das größte Umweltrisiko geht von Ölverschmutzung nach Schiffsunfällen aus. Die Risikoanalyse zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit einer von Expeditionskreuzfahrtschiffen ausgehenden, größeren Ölverschmutzung »relativ gering« ist, beziffert als einmal in 300 Jahren und voraussichtlich bald fallend auf einmal in 700 Jahren, sobald verbesserte Seekarten zur Verfügung stehen. Positiv hervorgehoben wird, dass die kleinen Schiffe (meist 70-100 Passagiere) ausschließlich mit marinem Diesel (MDO/MGO-Treibstoff) fahren und nicht mit dem deutlich gefährlicheren Schweröl, so dass die Konsequenzen im Fall eines Treibstoffverlustes vergleichsweise gering wären, lokal aber dennoch dramatisch sein könnten, indem sie etwa für einzelne Seevogelkolonien zum Verlust einer Brutsaison führen könnten.
Der oft gefürchtete, dramatische Anstieg des Tourismus entspricht nicht der Realität: Die Anzahl an Land gegangener Personen sowie die Anzahl der aufgesuchten Landestellen ist seit 2004/2005 insgesamt stabil. Das stärkste Wachstum haben die großen Überseekreuzfahrtschiffe, die praktisch nur die Siedlungen und den Magdalenefjord besuchen. Das Ende der Übergangsregelungen für den Gebrauch von Schweröl wird ab 2015 voraussichtlich die Anzahl großer Kreuzfahrtschiffe in Spitzbergen stark reduzieren.
Für Verwirrung sorgte ein Brief der norwegischen Ausländerbehörde an Jason Roberts, australischer Staatsbürger mit ständigem Wohnsitz in Longyearbyen. Roberts betreibt schon lange eine Firma zur Filmproduktionsassistenz und steht regelmäßig für die lokale Logistik großer Filmproduktionen (BBC, …).
Da Roberts aus seiner Firma 2009 eine Aktiengesellschaft machte, für die andere Regeln gelten, wurde anschließend sein Antrag auf Arbeitserlaubnis in Norwegen abgelehnt. Für Svalbard, wo aufgrund des Spitzbergen-Vertrages andere Regelungen gelten als in Norwegen, benötigt Roberts eine solche Erlaubnis jedoch gar nicht. Dennoch erhielt er neulich einen Brief von der Ausländerbehörde, in dem mitgeteilt wurde, er »müsse Norwegen freiwillig verlassen« und solle zwecks Regelung der Abreise mit dem Sysselmannen Kontakt aufnehmen. Dort bestanden von vornherein keine Zweifel an der Fehlerhaftigkeit des Schreibens. Auf Svalbard hat Roberts, wie alle Passinhaber der Unterzeichnerstaaten des Spitzbergen-Vertrages, uneingeschränktes Aufenthalts- und Arbeitsrecht. Aus der Ausländerbehörde war zu hören, der Brief sei »etwas missverständlich« gewesen. Jason Roberts war nicht amüsiert und wurde in seinen Kommentaren deutlicher als die Absender des Schreibens.
Der japanische Zoo Nihondaira hat bei der Behörde für Naturverwaltung in Oslo die Lieferung einer Eisbärin von Spitzbergen beantragt, um diese zusammen mit einem bereits vorhandenen männlichen Bären im Rahmen einer Ausstellung zur Klimaänderung zu zeigen und möglichst Nachwuchs zu produzieren.
Die Reaktionen beim Sysselmannen in Longyearbyen waren zurückhaltend: Man könne keinen guten Grund erkennen, in Spitzbergen einen Eisbären zu fangen und diesen an einen japanischen Zoo zu liefern, und betrachte die Sache als nicht aktuell. In Spitzbergen sind Eisbären seit 1973 vollständig geschützt.
Bleibt gerne, wo sie ist: Eisbärin in Svalbard
Bei der polnischen Forschungsstation im Hornsund ist ein Eisbär auf die Stationshunde losgegangen und hat einen getötet sowie zwei weitere verletzt. Der Bär hatte sich bereits mehrere Tage in der Nähe aufgehalten, die Hunde angegriffen und war auch durch Lärm, Knallschüsse und Gummigeschosse nicht zu vertreiben.
Der Sysselmannen hat nun mit dem Hubschrauber versucht, den Bären zu vertreiben. Da Stationsmitglieder mit den angegriffenen Hunden in Berührung gekommen sind, wurden sicherheitshalber alle gegen Tollwut geimpft.
Eisbär und Polarhund, Kapp Linné (1999). Der Hund kam seinerzeit unverletzt davon, musste dem Bären aber sein Futter abtreten
Wegen der Bestimmungen des Spitzbergenvertrages ist Spitzbergen mehrwertsteuerfreie Zone, und die Gewerbesteuer liegt bei 16 % statt 28 %, wie sonst in Norwegen. Daher zieht es mehr und mehr Betriebe nach Longyearbyen. Die Steuerbehörden prüfen allerdings zunehmend streng, ob die Bedingungen zur Besteuerung in Spitzbergen erfüllt sind: Ein Betrieb muss Büro und Führung in Spitzbergen haben. Die günstige Regelung ist für lokale Betriebe gedacht und nicht für Steuerflüchtlinge.
Zwei Betriebe wurden jetzt steuerlich „ausgewiesen“, darunter der Ölplattformbetreiber Seadrill Norge beziehungsweise eine Tochtergesellschaft. Mit einer Belegschaft von einem Mann vor Ort hatte die Firma in Longyearbyen 2009 Einnahmen in Höhe von etwa 700 Millionen Kronen (ca. 88 Millionen Euro), also deutlich mehr als der größte lokale Arbeitgeber Store Norske (Bergbau, 557 Millionen Kronen).
Alle reden von der Klimaänderung und dass die Arktis ein Schlüsselgebiet ist, aber was passiert tatsächlich? Das norwegische Polarinstitut, genauer gesagt das Tochterinsitut MOSJ (Umweltüberwachung Svalbard und Jan Mayen) hat Daten zusammengetragen, die zeigen, dass der sich beschleunigende Klimwandel in der Hocharktis eine beobachtbare Tatsache ist: Insbesondere die Temperatur zeigt im 20. Jahrhundert ansteigende Tendenzen, verstärkt seit den 1970er Jahren und in jüngerer Vergangenheit noch schneller werdend. Bei den Niederschlägen gibt es ebenfalls einen Trend zur Zunahme, wenn auch deutlich schwächer und weniger eindeutig ausgeprägt.
Das Meereis ist April (maximale Ausbreitung) von 1979 bis 2009 um 35-40 % in der Fläche zurückgegangen und ist dünner geworden (um Hopen von 1966 bis 2006 Abnahme von 1,20 Meter auf 0,80 Meter). An der Permafrost-Oberfläche steigen die Temperaturen mittlerweile mit rasanten 1°C/Jahrzehnt, und die beobachteten Gletscher um Ny Ålesund sind seit Messbeginn 1936 im Schnitt (auf die Gesamtfläche gemittelt) um 15 Meter dünner geworden, ebenfalls mit stark beschleunigter Tendenz in den letzten Jahren.
Eisbär in offenem Treibeis, Symbol des Klimawandels
Die Skottehytte („Schottenhütte“) auf der Ostseite des Billefjord wird seit 1984 regelmäßig von polnischen Wissenschaftlern als Basis für Feldarbeit genutzt. 2008 kündigte der Sysselmannen an, diese Praxis nicht länger zu genehmigen. Grund war, dass die Hütte, die dem Jäger- und Anglerverein in Longyearbyen gehört, soweit mit Ausrüstung zugestellt wurde, dass andere sie nicht mehr nutzen konnten.
Der anschließende Antrag der polnischen Forschung, in der nahen Umgebung eine neue Forschungsstation zu errichten, wurde abgelehnt mit der Begründung, dass dadurch der Wildnischarakter der Region zu stark beeinträchtigt wird. Laut politischer Rahmenvorgabe sollen Forschungsaktivitäten im Wesentlichen auf vorhandener Infrastruktur basieren.
Als einziges Land verfügt Polen gleich über mehrere permanente Stationen auf Spitzbergen außerhalb der Siedlungen: Die Station im Hornsund, eine Außenstelle 12 Kilometer nordwestlich davon, eine Station auf Kaffiøyra im Forlandsund und im Sommer eine Hütte im alten Grubencamp Calypsobyen im Recherchefjord.
Anfang Januar wurden die Hunde der Wetterstation auf Hopen (im Südosten der Spitzbergen-Inselgruppe) von einem Eisfuchs angegriffen, der mehrere Hunde in Nase und Beine biss. Schließlich wurde der Fuchs von den Hunden getötet.
Nun hat sich herausgestellt, dass der Fuchs Tollwut hatte. Nachweise dieser Krankheit sind auf Spitzbergen selten, hat es aber schon gegeben (erstmalig 1980, letztmalig 1999). Unbehandelte Infektionen verlaufen auch beim Menschen tödlich. Als Vorsichtsmaßnahme sollte man keine Fuchskadaver oder Fuchslosung berühren und tote Füchse der Verwaltung melden.
Das im Mai 2009 bei der Bäreninsel havarierte russische Fischerei-Versorgungsschiff Petrozavodsk enthält nach wie vor kleinere Mengen von Umweltgiften wie bromierte Flammschutzmittel, Blei, Kadmium und andere. Diese konnten in Sedimenten und Seetang unmittelbar am Wrack bereits nachgewiesen werden, auch wenn die Konzentrationen bislang im unschädlichen Bereich liegen.
Das Wrack liegt unmittelbar unterhalb von Vogelfelsen, die zu den größten im Nordatlantik zählen und gesetzlich streng geschützt sind. Daher hat der Sysselmannen nun die Entfernung der Schadstoffe und anschließend des Wracks empfohlen. Problematisch ist, dass bei der Bergung schädliche Stoffe freigesetzt oder Personen gefährdet werden könnten.
Das Wrack der Petrozavodsk im Südosten der Bäreninsel, Anfang Juli 2010