Das Jahr 2015 endete in Spitzbergen nicht nur mit einer tödlichen Schneelawine, es begann auch so. Im Januar kam ein junger Mann unter herabstürzenden Schneemassen ums Leben. Er hatte allerdings nicht im Wohnzimmer gesessen, sondern auf einem Motorschlitten und war mit diesem nicht in der üblichen Trasse, sondern auf steilen Hängen unterwegs gewesen.
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Unterdessen war ich im tiefen Süden, im Rossmeer. Eine lange, lange Schiffsreise, reich an schönen, spannenden Eindrücken. Nachdem ich diese Fahrt 2013 schon mal gemacht hatte, hatte ich für eine zweite Fahrt ins Rossmeer noch genau drei heimliche Wünsche: Eine Rossrobbe sehen, den wolkenfreien Blick auf den Mount Erebus und das Kap Adare. Hat alles hingehauen, par excellence. Treffer!
Ein kleiner Blick auf das zu Ende gehende Jahr in hohen Breiten. Eigene Erlebnisse in Arktis und Antarktis und prägende Ereignisse in Spitzbergen ließen ja wenig Langeweile aufkommen!
Tag für Tag werden nun hier kleine, aber gut bebilderte Rückblicke auf das Jahr 2015 eingestellt, vom Januar in der Antarktis über den ganzen, langen Arktis-Sommer bis zum Jahresende. Viel Spaß – und frohes neues Jahr!
Die Lawine in Longyearbyen war offensichtlich das Spitzbergen-Thema, das die Leute vor Ort und die interessierte Welt über Weihnachten beschäftigt hat. Die akute Phase ist erst mal vorbei. Die Evakuierungen werden teilweise mindestens bis zum 1.1.2016 aufrecht erhalten, auch da nun wieder ungünstiges Wetter mit Wind, Niederschlag und Temperaturen um den Nullpunkt herrscht. Es wird also noch dauern, bis die Betroffenen wieder in ihr tägliches Leben zurückkehren können, soweit dies überhaupt wieder möglich sein wird. Einige sind bereits in neue Häuser gezogen. Und für das zweijährige Mädchen und den 42-jährigen Mann, die ihr Leben im Schnee ließen, ist sowieso alles auf tragische, traurige Weise abrupt zu Ende gegangen. Für ihre Angehörigen wird das Leben nie wieder so sein wie früher.
Ihr Leben ist abrupt zu Ende gegangen, und natürlich hat niemand am Samstag vor Weihnachten mit der Lawine gerechnet. Allerdings stellt sich nun die Frage, ob die Lawine tatsächlich so unerwartet war, wie es zunächst zu lesen und zu hören war. Tatsächlich sind Lawinen ein Thema, mit dem man sich in Longyearbyen schon seit Jahren beschäftigt. Markus Eckerstorfer hat sich in seiner Doktorarbeit mit der Lawinengefahr in Longyearbyen beschäftigt. In einem Interview mit der norwegischen Zeitung VG weist Eckerstorfer darauf in, dass die Lawinengefahr im betroffenen Gebiet schon 2001 in einem Bericht beschrieben worden ist. Auch später hat man sich in Forschung und Unterricht mit der offensichtlich bekannten Lawinengefahr beschäftigt. Die Gemeindeverwaltung von Longyearbyen (Lokalstyre) hat 2012 selbst darauf hingewiesen, dass Teile von Longyearbyen lawinengefährdet sind und dass Maßnahmen wie technische Sicherung und bei Bedarf Evakuierungen notwendig sein können. Dabei sind nicht nur die bekannten Gefahren durch Steinschlag und Bergsturz v.a. für den Ortsteil Nybyen, sondern auch Schneelawinen gemeint: so ist explizit die Möglichkeit erwähnt, gefährliche Schneewechten präventiv zu sprengen. Auch wenn die Lawine vor Weihnachten nicht von einer Wechte ausging, sondern am Hang abriss, ist doch klar, dass man Schneelawinen auf dem Schirm hatte. In Nybyen hat es in den letzten Jahren bereits Lawinen gegeben, die bis dicht vor die Häuser und die Straße reichten.
Eckerstorfer weist im Interview auch explizit darauf hin, dass die Wetterlage mit starkem Ostwind, wie sie zum Unglück vor Weihnachten führte, als starker auslösender Faktor für die Lawinengefährdung bekannt war. Ohne dass konkrete Vorwürfe an bestimmte Institutionen oder gar Personen gerichtet werden, steht die Frage nach Verantwortung im Raum.
Angesichts zweier Todesopfer, der Zerstörung von elf Wohnhäusern, der nun für alle offensichtlichen Gefährdung auch weiterer bewohnter Häuser und dem mittlerweile bekannten Umstand, dass man von Glück sprechen muss, dass die Anzahl der Opfer nicht noch deutlich höher liegt, wird man der Frage nach Verantwortung und Konsequenzen nun kaum noch ausweichen können.
Schon vor der Lawine vor Weihnachten wurde immer wieder gefordert, Longyearbyen in Norwegens Lawinenwarnsystem einzubeziehen. Vorher wurde viel und lange darüber geredet, aber nun ging es plötzlich schnell: jetzt gibt es auf varsom.no zumindest vorläufig Informationen zur aktuellen Lawinengefährderung in Longyearbyen.
Wenigstens einige Bewohner von Longyearbyen, die am Wochenende ihre Wohnungen räumen mussten, können jetzt ein Stück weit zum normalen Leben zurückkehren, soweit davon in Anbetracht der Lage überhaupt die Rede sein kann.
In folgenden Adressen ist die Evakuierung aufgehoben und die Bewohner können in ihre Häuser und Wohnungen zurückkehren:
Vei 230 nr. 29, 31, 33, 35, 37 und 39. Das alte Krankenhaus. Nybyen und die Straße dorthin. Der Seitenweg vom Hilmar Rekstens Vei hoch zu den untersten Spisshusene in Vei 230 kann verwendet werden.
Für die weiteren evakuierten Gebiete dauern die Evaluierungen an. Allerdings haben die Bewohner heute zwischen 12 und 14 Uhr wegen günstiger Wetterbedingungen die Möglichkeit, kurz in ihre Wohnungen zu gehen, um die wichtigsten persönlichen Gegenstände zu holen (An- und Abmeldung erforderlich).
Das von der Lawine getroffene Gebiet und die beschädigten Häuser bleiben vollständig gesperrt.
So haben viele im Sommer die „Spisshusene“ gesehen. Diesen Anblick wird es so nicht mehr geben. Der Berg links ist der Sukkertoppen, die Lawine löste sich am Hang hinter dem Mast/Ständer der alten Kohleseilbahn (taubane).
Tragische Neuigkeiten von der katastrophalen Lawine gestern in Longyearbyen: Eines der Kinder, die gestern zur Universitätsklinik in Tromsø gebracht wurden, ist tot. Die anderen beiden Kinder sind weniger schwer verletzt.
Somit hat die Lawine nun zwei Menschenleben gekostet: das des 42-jährigen Atle Husby und das heute verstorbene Kind. Der Name von Atle Husby wurde heute veröffentlicht, nachdem seine Angehörigen ihre Zustimmung gegeben hatten.
Die Evakuierung vieler Gebäude am östlichen Ortsrand von Longyearbyen, unterhalb des Hanges des Sukkertoppen, sowie in Nybyen wird auf unbestimmte Zeit aufrecht erhalten. Derzeit können daher etwa 180 Personen nicht in ihre Wohnungen zurückkehren. Ein extra-Flug wurde heute Abend eingerichtet, damit die Betroffenen Spitzbergen verlassen und zu ihren Familien in Norwegen und anderswo gelangen können. Für Betroffene wurde eine größere Anzahl von Sitzen kostenlos zur Verfügung gestellt.
Die Evakuierungszone in Longyearbyen ist sicherheitshalber ausgeweitet worden. Waren gestern zunächst nur die Häuser betroffen, die dem Hang des Sukkertoppen am nächsten gestanden haben, so ist jetzt der gesamte Ortsteil Lia zwischen Hilmar Rekstens Vei (die Straße hinter (=östlich) des Svalbardbutikken) und Sukkertoppen vorsorgehalber evakuiert worden. Mittlerweile sind somit etwa 180 Personen evakuiert. Die Wohngebiete sind gesperrt, so dass die Betroffenen vorerst keine Möglichkeit haben, persönliche Gegenstände aus ihren Wohnungen zu holen. Für die Evakuierten werden lokal Versorgungs- und Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen. Viele, die schon in den Weihnachtsferien sind, haben ihre derzeit leer stehenden Wohnungen zur Verfügung gestellt, andere haben Betroffene bei sich in ihren Wohnungen aufgenommen. Die Hilfsbereitschaft ist groß.
Die Schneelawine, die gestern 10 der sogenannten Spisshusene (Spitzhäuser) am östlichen Ortsrand von Longyearbyen am Berg Sukkertoppen zerstört hatte, hat ein Menschenleben gefordert und mehrere Menschen verletzt. Mehrere Verletzte, darunter 2 Kinder, sind nach Tromsø ausgeflogen worden.
Es werden keine weiteren Personen vermisst, aber sicherheitshalber wird das Lawinengebiet heute weiter abgesucht.
Der betroffene Ortsteil im Überblick: der blaue Kreis markiert das Abrissgebiet der Lawine, der rote Kreis die unmittelbar betroffenen Häuser. Das Gebiet im orangen Kreis ist nun evakuiert.
Die Lawine in Longyearbyen vom heutigen Vormittag hat ein Menschenleben gekostet. Rettungskräfte bargen die Leiche eines Mannes, der zwischen 40 und 50 Jahre alt war und in Longyearbyen gewohnt hatte. Mehrere Personen sind verletzt und etliche Häuser beschädigt. Weitere Personen werden bislang nicht vermisst.
Weitere Häuser im betroffenen Ortsteil, die nah am Hang des Sukkertoppen stehen, wurden vorsorglich evakuiert. Das betrifft die Adressen Vei 230 Nr. 29 – 39, Vei 228 – Nr. 6 -16 und 15-21, Vei 226 Nr. 10, 12 und 31 – 37 und Vei 222 Nr 5-17 sowie Vei 224 Nr. 6 und 7 sowie das alte Krankenhaus (darin befinden sich schon lange Wohnungen) und der gesamte Ortsteil Nybyen, wo sich Gästehäuser und Studentenwohnheime befinden. Der Weg zwischen Nybyen und Zentrum ist gesperrt.
Etwa 100 Rettungskräfte und Freiwillige sind im Einsatz. Einwohner haben Wohnungen und Gästezimmer zur Verfügung gestellt, um Betroffene aufzunehmen.
Ein paar der Häuser, die heute von der Lawine beschädigt wurden (Archivbild).
Seit Tagen hat es für Spitzbergen für die letzte Nacht Sturmwarnungen bis Orkanstärke gegeben. Das Unwetter, das am Freitag losbrach und die Nacht über anhielt, ist der schwerste Sturm in Longyearbyen seit 30 Jahren, wie es bereits heißt. In Longyearbyen ist es zu Sturmschäden gekommen. Vom Sukkertoppen, dem kleinen Berg auf der Ecke zwischen Longyeardalen (wo der Hauptteil des Ortes ist) und dem Adventdalen, ist eine Schneelawine abgegangen, die 10 Häuser beschädigt hat, soviel man bislang weiß. Alle verfügbaren Einsatzkräfte und Freiwillige sind vor Ort, helfen Betroffenen und suchen nach eventuellen Verletzten. Bislang ist unklar, ob Menschen zu Schaden gekommen sind. Die beschädigten Häuser gehören zur Reihe der „Spisshusene“ (Spitzhäuser), die bunten, traditionellen Unterkünfte im Ortsteil Lia (die Hausreihe, vor der im Sommer so schön das Wollgras steht). Teilweise scheinen die Häuser verschoben zu sein. Ein paar der Häuser stehen leer, da sie von ehemaligen Angestellten der Bergbaugesellschaft Store Norske Spitsbergen Kullkompani bewohnt gewesen waren, die aber von Entlassungswellen betroffen waren. Andere Bewohner sind möglicherweise bereits auf dem Festland, wo viele Einwohner über Weihnachten sind. Andere Häuser sind definitiv derzeit bewohnt, teilweise von Familien mit kleinen Kindern. Die Situation vor Ort ist unübersichtlich, genauere Informationen liegen bislang nicht vor. Immerhin gibt es auch bislang keine konkreten Hinweise auf Vermisste oder gar Tote.
Während der vergangenen Nacht hatte die lokale Aufmerksamkeit noch eher dem Hundehof am Ortsausgang zum Adventdalen gegolten, wo mehrere Leute Wache hielten, damit nicht Hunde unkontrolliert tief zugeschneit werden. Die Tiere sollen alle wohlauf sein.
Mehrere Hausdächer im Ort sind beschädigt, unter anderem das Dach der Schule.
Über eventuelle Schäden in Barentsburg oder von anderen Orten und Stationen in Spitzbergen liegen bislang keine Informationen vor.
Wir denken an die Menschen in Longyearbyen!
Ein Eindruck vom Ort der Lawine. Foto (c) Svalbardposten.
Die aktuelle Eiskarte sieht um Spitzbergen herzzerreißend weiß aus. Nachdem 2014 ein gutes Eisjahr gewesen ist, mit viel Eis vor allem im Osten Spitzbergens, enttäuscht der Frühwinter 2015 in Sachen Eis bislang auf ganzer Linie:
In der Arktis insgesamt bewegt sich die aktuelle Situation im unteren Durchschnitt der letzten Jahrzehnte. Laut National Snow and Ice Data Center liegt der November 2015 auf Platz 6 der Negativ-Hitliste der schlechten Eisjahre, aber innerhalb von „zwei Standardabweichungen“ vom Durchschnitt (vulgo: im unteren Durchschnitt). In Spitzbergen sieht es aktuell hingegen schlecht aus. Nachdem der Winter 2014-15 viel Treibeis und damit auch den Eisbären eine gute reproduktive Saison gebracht hat, sieht es derzeit absolut mau aus. Das letzte Jahr mit so wenig Eis in Spitzbergen im November war 1991.
Selbst die traditionell eisreichen Gebiete im Osten wie Nordaustland, Kong Karls Land und Hopen sind bislang völlig eisfrei. Dies bringt die trächtigen Eisbärenweibchen, die sich nun in diesen Gebieten in Schneehöhlen befinden müssten, um in einigen Wochen dort ihren Nachwuchs zur Welt zu bringen, vermutlich in große Schwierigkeiten. Ein paar Weibchen sind wahrscheinlich bereits seit einer Weile auf diesen Inseln, andere erreichen sie eventuell schwimmend. Eisbären sind gute Schwimmer, aber trächtige Weibchen müssen Energie sparen und werden wahrscheinlich keine längeren Strecken schwimmen. Tun sie es notgedrungen dennoch, wird der Energieverlust beim Langstreckenschwimmen die Chancen einer erfolgreichen Schwangerschaft aller Wahrscheinlichkeit nach deutlich herabsetzen. Erst im März verlässt die junge Familie die Schneehöhle, bis dahin ist die Mutter mitsamt Nachwuchs völlig auf die mütterlichen Fettreserven angewiesen.
Traditionell bleiben die Eisbärinnen bestimmten Gebieten treu, um ihren Nachwuchs zur Welt zu bringen. Es ist unklar, ob zumindest ein Teil der Population nach Franz Josef Land zieht, wo die Eisbedingungen besser sind. Aber ob die Eisbärinnen das wissen ..?
Die Eisbedingungen haben innerhalb einzelner Regionen immer kräftigen Schwankungen unterlegen, aber der Trend der jüngeren Vergangenheit hin zu eisarmen Wintern um Spitzbergen ist trotz des letzten eisreichen Winters deutlich. Ein deutliches Zeichen des sich bemerkbar machenden Klimawandels, das die dringende Notwendigkeit unterstreicht, in Paris bei der derzeitigen Klimakonferenz ein wirklich gutes Ergebnis zu erreichen.
Spannende Reise-Ideen für Spitzbergen 2016: Zusammen mit Spitzbergen Adventures und Alexander Lembke haben wir eine Fotoreise in den arktischen Winter gestaltet. Im März bringt der Wechsel von Tag und Nacht ständig wechselnde Lichtstimmungen in die Landschaft. Eine Woche lang soll es, ausgehend von Longyearbyen und Barentsburg, in die wilden, winterlichen Landschaften Spitzbergens gehen, von Gletscherhöhlen über weite Täler bis an die kalten Küsten (wörtlich: „Svalbard“). Mehr zu dieser Reise gibt es hier (klicken).
Spitzbergen Adventures, namentlich Doreen Lampe in Longyearbyen, hat sich zudem noch ein ganz besonderes und definitiv neues Abenteuer ausgedacht: Spitzbergen aus der Vogelperspektive im Heißluftballon! Nachdem touristische Rundflüge mit Flugzeugen und Hubschraubern in Spitzbergen seit vielen Jahren vollständig verboten sind, bietet sich hier die ebenso aufregende wie umweltfreundliche Gelegenheit, diese Landschaft aus einer ganz eigenen Perspektive zu erleben. Spektakulär getestet während der Sonnenfinsternis im März 2015, gibt es nun im März und April 2016 mehrere Termine für Interessierte (hier klicken für mehr Info).
Eine Wanderung von Longyearbyen nach Pyramiden in der Polarnacht hört sich nicht an wie ein guter Plan. Ohne gute Ausrüstung wird es nicht besser, und wer sich auf diesen Weg macht, ohne auch nur einen guten Schlafsack, solide wintertaugliche Wanderstiefel oder eine Waffe dabei zu haben, ist entweder verrückt oder suizidal veranlagt.
Macht keiner? Doch. Gestern (Montag, 23.11.) rückte der Sysselmannen per Hubschrauber aus, um einen Touristen zu suchen, der sich mit genau diesen Plänen auf den Weg ins Adventdalen gemacht hatte – alleine. Der aus England stammende Mann hatte mehreren Personen vorher von seinen grandiosen Plänen erzählt; diese hatten wiederum den Sysselmannen informiert.
Wie sich zeigte, hatten die vielen Warnungen von Ortskundigen, die der Mann im Laufe verschiedener Gespräche bekommen hatte, ihnen allerdings bereits umgestimmt: Er hatte seine Pläne einer Tour nach Pyramiden bereits zugunsten einer Wanderung zur Grube 7 aufgegeben.
Die Entfernung nach Pyramiden beträgt 50 Kilometer Luftlinie, über Land liegt die Distanz aber bei weit über 100 Kilometern, vor allem wenn die Fjorde, wie derzeit, noch nicht gefroren sind. Unterwegs sind mehrere spaltige Gletscher zu passieren: alleine und in Dunkelheit ein unmögliches Unterfangen.
Der letzte Teil der Überlandroute nach Pyramiden: der Nordenskiöldbreen (vorn) und der Billefjord (hier zugefroren).
Während ganz Europa über schärfere Grenzkontrollen redet, wird seit einigen Wochen der im Zusammenhang mit der aktuellen Flüchtlings- und Sicherheitsdebatte wohl am wenigsten wichtige Grenzabschnitt des Schengenraums schärfer kontrolliert: Bei Reisen nach und von Spitzbergen wird nun am Flughafen in Oslo oder Tromsø nach Reisepässen gefragt. Früher waren Personalausweise auch für nicht-norwegische Staatsangehörige aus der EU in der Praxis ausreichend. Offiziell ist das in Bezug auf den Grenzübertritt immer noch so, aber nun fragen die Airlines beim Check-in nach dem Pass.
Wichtig ist, darauf zu achten, dass der bei Buchung angegebene Name wirklich genau mit dem Namen im Pass übereinstimmt, sonst verweigern die Webseiten der Fluglinien mittlerweile den weit verbreiteten online-check in. Auch das Personal an den Check-in Schaltern am Flughafen kann sich querstellen und im schlimmsten Fall den Flug verweigern, wenn es Abweichungen beim Namen zwischen Pass und Ticket gibt.
Spitzbergen steht unter norwegischer Souveränität, allerdings mit Einschränkungen, die seit 1920 im Spitzbergen-Vertrag festgeschrieben sind. Daher ist Spitzbergen für Norwegen zolltechnisch Ausland. Flüge von Oslo nach Longyearbyen starten vom internationalen Teil des Flughafens Oslo Gardermoen. Norwegen gehört zum Schengen-Gebiet, Spitzbergen hingegen nicht, so dass bei Flügen nach Longyearbyen eine Außengrenze des Schengenraums überschritten wird.
Mit der aktuellen Flüchtlingsdebatte hat dieser Schritt wohl wenig zu tun. Wahrscheinlicher ist, dass der überraschende und von Norwegen scharf kritisierte Besuch des russischen Vizepremiers Rogosin im Frühjahr der Anlass war (siehe Russischer Vizepremier Rogosin in Spitzbergen). In diesem Zusammenhang kam die Frage nach verstärkten Kontrollen auf. Ob Norwegen dem stellvertretenden russischen Regierungschef die Einreise in Longyearbyen hätte verweigern dürfen, ist eine andere Frage.
Ohne Reisepass kein check-in mehr für Flüge nach Longyearbyen. Das gilt auch für Elche.
Das norwegische Öldirektorat (Oljedirektoratet) hat im September und Oktober sieben Probebohrungen nordöstlich von Spitzbergen durchführen lassen. Die Finanzierung der Bohrungen wurde vom norwegischen Parlament (Storting) bewilligt.
Solche Aktivitäten sind vor allem deshalb höchst umstritten, weil Norwegen eindeutig festgelegt hat, dass jenseits der Meereisgrenze, also der Grenze der maximalen Ausdehnung des Meereises im Frühjahr, nicht nach Öl oder Gas gebohrt werden darf. Gebohrt wurde diesmal entlang der Ostküste Svalbards bis hoch zur Insel Kvitøya, und die Bohrungen gingen bis zu 200 Meter tief unter den Meeresboden. Das Gebiet liegt zwar außerhalb der Schutzzone, die die Inselgruppe umgibt, aber weit nördlich der Meereisgrenze. Entsprechend erklärte das Öldirektorat auch, die Bohrungen hätten mit der Öl- und Gaswirtschaft nichts zu tun, sie dienten lediglich der Untersuchung geologischer Strukturen.
Die kritischen Oppositionsparteien im Storting, die sozialliberale Venstre und die grüne MDG, verurteilten die Aktion scharf. Wenn die Öl- und Gasförderung so weit nördlich ohnehin nicht erwünscht und zumindest bislang auch gar nicht erlaubt ist, handle es sich um reine Geldverschwendung, so ein Sprecher der Venstre.
In den letzten Jahren hat Norwegen die Exploration der Öl- und Gasfelder im Nordatlantik – vor den Lofoten und den Vesterålen – und in der Barentssee stark vorangetrieben. Selbst hier ist eine Förderung jedoch längst nicht überall bewilligt und nach wie vor umstritten. Sie wird u.a. von Teilen der Lokalbevölkerung, von Umweltverbänden und der Fischereiwirtschaft abgelehnt. Werden allerdings weiter große Öl- und Gasvorkommen entdeckt und erkundet, wie kürzlich in der Barentssee, nordwestlich von Hammerfest, so schafft dies natürlich Fakten, unabhängig von der aktuellen Rechtslage. Zukünftige politische Entscheidungen werden durch wachsende Begehrlichkeiten beeinflusst. Bereits 2012 hatte der damalige Außenminister Espen Barth Eide von der sozialdemokratischen Arbeiderpartiet klar gemacht, dass wirtschaftliche Erwägungen Vorrang haben, wenn es um die norwegischen Öl- und Gasvorkommen geht. Die Umweltpolitik kann gegebenenfalls angepasst werden (siehe auch Spitzbergen.de-Nachricht: Öl und Gas in der Arktis: Norwegens Außenminister spricht Klartext vom November 2012).
Nordost-Svalbard ist ein guter Ort für Eis, Eisbären und Wildnis, nicht für die Öl- und Gasindustrie.
Dies ist die Fortsetzung des Artikels von gestern (Eisbär durch Markierung verletzt) mit neuen Informationen. Eine kanadische/US-amerikanische Gruppe ist unterwegs, um den Eisbären, der „Andy“ genannt wird, zu suchen. Polar Bears International teilt mit (eigene Übersetzung):
„Der Bär wurde seit dem 13. Oktober nicht mehr gesehen. Ein gemischtes US-kanadisches Team macht Erwägungen, wie weiter vorgegangen werden soll. Die Situation wird dadurch erschwert, dass das Meer zuzufrieren beginnt, so dass die Eisbären sich von Kaktovik aus verstreuen, und dass das Halsband nicht mehr sendet (andernfalls wäre es früher schon entfernt worden). Es handelt sich um ein logistisch schwieriges Problem, und sie tun ihr Bestes, um es zu lösen …“
Dazu noch ein paar Kommentare von Morten Jørgensen aus Dänemark, der die Lage derzeit genau verfolgt (in eigener Übersetzung):
„Das ist traurig. Und es bringt mehr Fragen als Antworten.
Der Kommentar, dass das Halsband schon früher entfernt worden wäre, wenn der Sender noch funktionieren würde, ist merkwürdig. Bedeutet dies, dass das Schicksal von „Andy“ schon länger bekannt war? Heißt es, dass die Expedition (Anm.: die erwähnte US-amerikanisch-kanadische Gruppe) schon früher hätte geschickt werden können? Heißt dies wiederum, dass die Gruppe weniger geschickt wurde, um „Andy“ zu retten, als um die wachsende Zahl beunruhigter Leute zu beruhigen?
Davon abgesehen, wissen wir wenig (sehr wenig) mehr.
1. Wir wissen, dass das Halsband kein Signal mehr sendet und dass das bereits eine Weile so ist – was bedeutet, dass der Eisbär es für absolut nichts trägt.
2. Und wir wissen, dass „Andy“ irgendwo draußen in der einsetzenden Polarnacht unterwegs ist, und vermutlich langsam durch die Wunden und Folgen durch dieses „Instrument“ stirbt, wenn die Situation sich nicht ändert.
In jedem Fall bleiben viele Fragen offen. Sobald die Verantwortlichen von ihrer Expedition zurück sind, erwarten wir Antworten.“
Soweit der Kommentar von Morten Jørgensen. Sobald es etwas Neues gibt, wird an dieser Stelle davon berichtet.
Der durch Satellitensenderhalsband verletzte Eisbär Andy ist jetzt auf dem Meereis unterwegs. Seine Chancen, gefunden und gerettet zu werden, sinken.
Jahr für Jahr werden Eisbären in verschiedenen Teilen der Arktis durch Wissenschaftler betäubt und markiert. Proben werden genommen, teilweise werden Eisbären mit einem Halsband mit Satellitensender versehen, um ihre Wanderungen verfolgen zu können. Dies geschieht üblicherweise aber nur mit weiblichen Eisbären, da männliche Tiere einen zu kräftigen Nacken haben: Ein Halsband würde entweder schnell abfallen oder, bei strammer Befestigung, zu Schmerzen und Verletzungen führen, auch mit Behinderungen beim Schlucken und Atmen wäre zu rechnen. Gängige Annahme ist in der Öffentlichkeit bislang, dass männliche Eisbären generell nicht mit Halsbändern ausgestattet werden.
Nun stellt sich allerdings heraus, dass von dieser Praxis abgewichen wird, möglicherweise schon seit längerer Zeit. In der Nähe von Kaktovik in Alaska, an der Küste des arktischen Beaufort-Meeres, ist ein männlicher Eisbär gesehen und fotografiert worden, der ein Halsband mit Satellitensender trägt. Dieses schneidet, wie auf dem Foto unten zu sehen, ein und hat den Eisbären bereits sichtbar verletzt.
Es besteht die Vermutung, dass der Bär in Kanada von Wissenschaftlern betäubt und markiert wurde. Möglicherweise werden dort schon länger auch männliche Eisbären „versuchshalber“ markiert. Die Halsbänder sollen nach einem halben Jahr von selbst abfallen. Möglicherweise funktioniert dies jedoch nicht zuverlässig. Wahrscheinlich ist auch, dass Eisbären in kurzer Zeit kräftig an Gewicht zulegen, wenn sie auf einmal über reichlich Nahrung verfügen. An den arktischen Küsten von Alaska und Kanada finden Bären manchmal große Mengen Nahrung, wenn ein toter Wal strandet oder große Reste eines Walkadaver nach Jagd durch indigene Einwohner liegenbleiben. Dies ist nach Aussage von Behörden „unvorhersehbar“. Tatsächlich kommt es unregelmäßig vor und ist somit nicht im konkreten Einzelfall vorhersehbar, aber allgemein ist das ein bekannter und nicht seltener Vorgang, mit dem daher immer zu rechnen ist.
In den USA, zu denen Alaska gehört, ist der United States Fish & Wildlife Services (USFWS) für den Schutz mariner Säugetiere zuständig, wozu auch der Eisbär gehört. Der USFWS macht sich bislang das Leben mit der Aussage einfach, man beobachte den Bären, habe aber nicht die Kapazitäten, um einzugreifen und dem Tier zu helfen. Vielleicht fühlt man sich auch nicht zuständig, da der Eisbär in Kanada markiert wurde.
Der aktuelle Fall scheint lokal schon seit Monaten bekannt zu sein und zieht im Internet nun Aufmerksamkeit auf sich. Interessierte Privatpersonen wenden sich nun an die zuständigen Behörden wie den USFWS, um den Druck zu erhöhen, dem Tier zu helfen. Mehr dazu, darunter Email-Adressen der Behörden, auf der Facebook-Seite Protect the Polar Bear. Die Initiative ergriffen hat Morten Jørgensen, der in seinem Buch Polar Bears on the edge auch den wissenschaftlichen Umgang mit Eisbären kritisch beleuchtet.
Organisationen wie der WWF und Polar Bears International unterstützen die wissenschaftliche Arbeit mit Eisbären einschließlich Betäubung und Ausstattung mit Halsbändern und Satellitensendern. Kritik an dieser Arbeit ist nicht neu, aber die Diskussion hat bislang noch keine große Öffentlichkeit erreicht.
Durch Satellitensenderhalsband verletzter männlicher Eisbär in Alaska. Normalerweise werden nur Weibchen mit Sendern ausgestattet.