Ein bedenklicher Fund: Erstmals wurden im Pelz von Eisfüchsen Pelzläuse gefunden. Ein solcher Fund war vorher noch nicht gemacht worden, weder auf dem skandinavischen Festland noch auf Spitzbergen.
Eisfuchs mit intaktem Winterpelz. Dieser kann durch die Pelzlaus so angegriffen werden, dass er nicht mehr ausreichend gegen Kälte isoliert.
Nun wurde ein Präparator misstrauisch, als er Pelze von Spitzbergen-Eisfüchsen auf den Arbeitstisch bekam. Diese sahen um den Hals herum weniger dicht behaart aus als normal, und im Pelz fielen Tierchen auf, die daraufhin von einem Spezialisten für Parasitologie in der Tiermedizin in Tromsø als Pelzläuse (eigentlich: Haarlinge) identifiziert wurden, wie die Svalbardposten berichtet.
Die Füchse wurden vor einem Jahr auf Spitzbergen gefangen, genauer im Bødalen und im Colesdalen, südlich von Longyearbyen. Nun sind alle Fuchsjäger aufgefordert, die Augen offen zu halten. Sollte die Pelzlaus sich tatsächlich im Eisfuchs-Pelz etabliert haben, könnten die Folgen dramatisch sein: Die Tiere sind unbedingt auf einen intakten Pelz angewiesen, um die Kälte des Polarwinters zu überleben.
Zunächst besteht aber vor allem eine Wissenslücke, die nun gefüllt werden muss. Aktuell läuft auf Spitzbergen die Fuchsjagd, die neben den wenigen Trappern, die es noch gibt, von Freizeitjägern in 25 Fanggebieten in der Saison während der Polarnacht betrieben wird. Von diesen 25 Revieren liegen 23 im Nordenskiöld Land (Longyearbyens weitläufige Umgebung) und zwei im Kongsfjord, in der Umgebung von Ny-Ålesund.
Die neue Seite fürs Wochenende und natürlich auch für den darauf folgenden Rest des Lebens ist dem Svenskehuset am Kapp Thordsen gewidmet: 1872 gebaut, ist es da älteste, noch stehende Haus auf Spitzbergen. Ursprünglich für schwedische Kolonisierungsträume gebaut, kamen dort schon im folgenden Winter 17 norwegische Eismeerfänger ums Leben. Seitdem ist das Haus auch als Spøkelseshuset (Gespensterhaus) bekannt.
Später folgten noch zwei weitere Überwinterungen, darunter die der schwedischen Expedition während des ersten Internationalen Polarjahrs 1882-83. Einer der Teilnehmer dieser Expedition war ein damals noch unbekanntee Ingenieur namens Salomon August Andrée.
Das Svenskehuset am Kapp Thordsen: das älteste Haus Spitzbergens und Schauplatz mehrerer berühmter Geschichten und Eismeerdramen.
Dieses Bild ist nur ein Bildschirmfoto als Appetitanreger – hier kommen Sie zum virtuellem Rundgang durch das Svenskehuset.
Dem Svenskehuset ist eine ganze Seite gewidmet, wo diese Geschichten alle nachzulesen sind und vor allem kann man dort einen vollständigen virtuellen Rundgang durch das zweistöckige Gebäude machen. Funkelnagelneu ist eine virtuelle Tour, die man wie einen Film laufen lassen kann. Hier geht es zur Seite über das Svenskehuset – viel Vergnügen!
Gestern hieß es hier noch, die im Sommer teilweise überflutete Grube 7 bei Longyearbyen sei noch nicht wieder im produktiven Betrieb, aber diesen Information war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits überholt: Bereits am späten Samstag Abend lief die erste Kohle nach dem Produktionsstopp wieder über das Fließband, wie die Store Norske der Svalbardposten mitteilte.
Die Grube 7 (rechts der Bildmitte) auf dem Berg Breinosa bei Longyearbyen. Links hinter der Grube erstreckt sich die kleine Eiskappe Foxfonna, unter der große Teile der Grube liegen.
Nach der Überflutung im Juli waren umfangreiche Reparaturen nötig, vor allem mussten große Teile der Grubenelektrik ausgetauscht werden. Nun können das Kraftwerk in Longyearbyen und internationale Kunden wieder mit Steinkohle aus Longyearbyen versorgt werden: Es wird in zwei langen Schichten fast rund um die Uhr gearbeitet, um möglichst viel Kohle aus dem Berg zu holen. Dennoch wird die Store Norske betriebswirtschaftlich auch wegen des ungeplanten Abbaustops in der Grube 7 wohl ein schlechtes Jahr hinnehmen müssen.
Kleinere Reparaturen werden noch weitere Zeit in Anspruch nehmen, können aber während des laufenden Betriebes vorgenommen werden. Darüber hinaus soll gesichert werden, dass eine so große Überflutung sich nicht wiederholen kann, indem größere Pumpen installiert werden. Die Grube 7 liegt größtenteils unter dem Gletscher Foxfonna, so dass eindringendes Schmelzwasser im Sommer prinzipiell nicht überraschend ist.
Die Polarnacht hat sich über Spitzbergen gesenkt und die mit Corona einhergehenden Lockdowns und Reisebeschränkungen sowieso. Die Welt schaut aufs Virus und die Präsidentschaftswahlen in den USA und sonstige globale Nachrichten und nicht in die Arktis, wo das Leben mit eher kleinen Aufregungen aus den Abteilungen „Normalität + der übliche Wahnsinn“ seinen insgesamt ruhigen Gang geht.
Der Spitzbergen-Nachrichtenüberblick Ende Oktober/Anfang November:
Die letzte Woche begann mit einem Himmelsfeuer an Nordlichtern, natürlich nicht nur auf Spitzbergen, sondern überall im Bereich des Nordlichtovals, wo der Himmel zur passenden Zeit frei war. Aus Longyearbyen kamen in jenen Tagen viele schöne Bilder.
Nordlicht über dem Adventdalen bei Longyearbyen.
Die Grube 7, die während der extrem warmen Tage im Juli teilweise von Schmelzwasser überflutet worden war, ist immer noch nicht wieder in Betrieb. Seit einer Weile hört man, dass der Wiederbeginn der Förderung kurz bevorstehe, aber der Start ist bereits mehrfach wieder verschoben worden. Nun setzt die Store Norske auf einen Beginn des produktiven Betriebs im Laufe dieser Woche. Die Grube 7 beliefert sowohl das Kraftwerk in Longyearbyen als auch Abnehmer in Deutschland, die nach einem coronabedingten Bestellstop auch wieder Kohle aus Spitzbergen geordert haben.
Die Galleri Svalbard, bislang in Nybyen ansässig, hat angekündigt, ins Zentrum umzuziehen. Damit verliert der zudem lawinen- und steinschlaggefährdete Ortsteil Nybyen eine wichtige Attraktion.
Im Hafen von Longyearbyen gibt es mit SvalBad nun eine holzgefeuerte Sauna mit Möglichkeit zur Abkühlung im Fjord 🙂
AECO, die Dachorganisation der Expeditionskreuzfahrtindustrie in der Arktis, hat eine schon lange existierende Entwicklung aufgegriffen und angekündigt, durch standardisierte Anforderungen an Guides für Qualität und Sicherheit zu sorgen.
Vor einigen Jahren schon sprach Jonneke van Eijsden mich in Tromsø an, kurz bevor es auf See gehen sollte mit Kurs auf die Bäreninsel und Spitzbergen. Es wäre doch toll, wenn es dieses Buch auch auf holländisch gäbe.
Initiative und Hauptübersetzerin: Jonneke van Eijsden
Initiative und Hauptübersetzung: Jonneke van Eijsden.
Klar, keine Frage, das fand ich auch. Aber schon die norwegische Übersetzung hatte mich mit allen meinen Kapazitäten schon halbwegs an die Grenzen gebracht. Daher war ich nicht unbedingt scharf auf eine neue Großbaustelle in Sachen Übersetzung, und daher lautete meine Antwort etwas reserviert sinngemäß: „klar, kannst du gerne machen“.
Jonneke hat sich hingesetzt und es gemacht. Die ganze Übersetzung, vom Inhaltsverzeichnis am Anfang bis zur Danksagung am Ende.
Unglaublich, oder?
Helfende Freunde
Damit war es natürlich nicht getan. Nicht nur, dass einige Freunde und Spitzbergen-Kollegen ebenfalls teilweise erhebliche Zeit in dieses Projekt steckten und mit am Text arbeiteten, damit daraus ein druckreifes Buch werden konnte. Darunter sind Marion den Bakker, Arjen Drost, Sarah Gerats, Regina Meijndert, Annette Scheepstra, Ronald van Belzen, Tom van Hoof und Ronald Visser. Und Leute wie Hans Beelen, Louis Beyens und Maarten Loonen, alles anerkannte Wissenschaftler auf ihrem jeweiligen Gebiet, halfen mit wichtigem Rat.
Und mein alter Meister Rinie van Meurs hat ein Vorwort geschrieben 🙂
Auch an dieser Stelle, nun öffentlich: ganz vielen, vielen Dank! Ohne Euch würde es dieses Buch nicht geben!
Co-Autorin: Michelle van Dijk
Aber das war es natürlich noch nicht. Die Niederlande haben ja eine lange Geschichte mit Spitzbergen. Das ging schon 1596 mit Willem Barentsz los. Daraus hat sich eine ganz eigene Perspektive entwickelt, die sich am besten aus der Innensicht heraus deuten und beschreiben lässt.
Daher hat dieses Buch nun erstmalig zwei Autoren: neben mir hat Michelle van Dijk als Co-Autorin das Buch mit einer Reihe von Abschnitten bereichert, darunter Willem Barentsz, der Walfang im 17. Jahrhundert, Barentsburg, Rijpsburg und die NeSpiCo, Sjef van Dongen … alles wichtige Kapitel der niederländisch geprägten Geschichte von Spitzbergen. Und natürlich ließ Michelle es sich nicht nehmen, ihre persönliche Leidenschaft einzubringen und das Kapitel über die Pflanzen zu überarbeiten.
Daher ist nicht nur eine Übersetzung des bereits in drei Sprachen vorhandenen Spitzbergen-Reiseführers entstanden, sondern ein neues Buch mit Inhalten, die es in den anderen Versionen nicht gibt. Nicht überraschend, ist dabei auch die mit 656 Seiten dickste Version dieses Buches entstanden.
Hauptautor ist und bleibt Rolf Stange.
Wer einen Draht zur niederländischen Sprache hat (und alle anderen auch), findet das neue Buch hier – viel Freude damit! Es kann ab sofort bestellt werden, der Versand startet baldigst, sobald alles eingetroffen ist, denn die Schlüsselanhänger (siehe unten) sind noch unterwegs.
spitsbergengids.nl
Michelle hat übrigens mit spitsbergengids.nl auch eine eigene, kleine Seite auf niederländisch speziell für dieses Buch geschaffen.
Und ein exklusiv Geschenk aus Longyearbyen für die ersten 100 Besteller
Und: die ersten 100 Besteller (über meinen oder Michelles Webshop) bekommen kostenlos dazu einen speziell und exklusiv hierfür in Longyearbyen hergestellten Schlüsselanhänger, von Wolfang Zach gemacht in genau der Werkstatt, aus der auch die schönen Treibholz-Bilderrahmen und Küchenbrettchen kommen. Die Anhänger bestehen aus zwei Sorten Holz: das dunkle Holz stammt aus Eichenpfosten, die in der Grube 7 zum Abstützen des Hangenden (die „Decke“) verwendet wurden, und der helle Eisbär besteht aus Spitzbergen-Treibholz. Hier haben wir einen Satz von 100 dieser Anhänger, die exklusiv für den Start des holländischen Spitzbergen-Buches hergestellt wurden und in dieser Form auch nur mit den ersten 100 Exemplaren des Buches erhältlich sind!
Diesen schönen, exklusiv in Longyearbyen aus Spitzbergen-Hölzern hergestellten
Schlüsselanhänger bekommen die ersten 100 Besteller dieses Buches dazu 🙂
Eine Seite fürs Wochenende! Den Grønfjord kennt man fast nur durch Barentsburg. Tatsächlich ist das aber eine sehr schöne, interessante Landschaft mit vielen Möglichkeiten für Touren, im Sommer wie im Winter. Hintergründe und Eindrücke gibt es auf der ofenfrisch völlig neu gestalteten Seite über den Grønfjord – schaut mal rein!
Blick vom Grønfjordfjellet südlich von Barentsburg über den inneren Grønfjord.
Eines von vielen Bildern auf der neu gestalteten Seite.
„Im Norden nix Neues“ stimmt natürlich nicht ganz, aber es ist eine Zeit ohne Schlagzeilen aus Spitzbergen, die international Aufmerksamkeit erregen. Immer noch kann man sich in Longyearbyen darüber freuen, dass es lokal bislang keinen positiven Corona-Nachweis gegeben hat. Hurtigruten Svalbard erwägt, den im Firmeneigentum befindlichen Grundbesitz in Longyearbyen an einen „seriösen“ Investor zu verkaufen, um die Hotels und andere Infrastruktur dann langfristig wieder zu mieten. Um diese Art von Geschäftsmodell zu verstehen, muss man wohl etwas anderes als Geographie studiert haben. Beim Sysselmannen werden dieses Jahr 18 Beamte ihre Stellungen verlassen, überwiegend weil sie in ihre langfristigen Positionen auf dem Festland zurückkehren müssen, wenn sie diese nicht verlieren wollen; natürlich ist man bei insgesamt 45 Angestellten über eine so große Fluktuation, die eigentlich niemand will, unglücklich.
Menschen und Eisbären haben es in den letzten Wochen erfolgreich geschafft, sich aus dem Weg zu gehen. Glücklicherweise.
So Sachen halt. Alles natürlich wichtig, nichts wirklich weltbewegend.
Neue Bücher unterwegs, dauert aber noch
Das Corona-Jahr zwingt zu mehr Arbeit am Schreibtisch als an der frischen Luft. Ein neues Buchprojekt hat mittlerweile schon über 300 Seiten Text, ein weiteres hat ebenfalls an Text gewonnen, aber es werden jeweils noch viele Seiten mehr werden müssen, bis eines davon mal auf Papier gedruckt das Licht der Welt erblicken kann.
Alles neu macht der Rolf. Nun, fast alles.
Blick vom Yggdrasilkampen über das Dickson Land
Viele schöne Blicke dieser und anderer Art gibt es auf den neuen und erneuerten Seiten.
Auch fast alles ist übertrieben, aber einiges habe ich tatsächlich neu gemacht. Was vor 10 Jahren gut war, ist mittlerweile teilweise deutlich überarbeitungsbedürftig – daher sind etliche Seiten auf Spitzbergen.de in den letzten Monaten und Wochen deutlich überarbeitet worden, haben mehr und bessere Bilder bekommen, neue Karten, und wo nötig auch neuen beziehungsweise überarbeiteten Text. Darunter sind Seiten über einige schöne Fjorde, die viele LeserInnen von Spitzbergen.de sicher kennen werden, und wer Lust hat, Spitzbergen online zu bereisen, schöne Landschaften im Bild zu sehen, interessante Hintergrundinformationen und ein paar spannende Geschichten zu lesen, wird hier einigen Stoff für verregnete Herbsttage und dunkle Abende finden:
Die Dickson Land-Billefjord-Seite ist weitgehend überarbeitet. Die alte Seite war ja mittlerweile fast schon etwas peinlich.
Natürlich sind auch einige Panoramen-Seiten entstanden, teilweise mit viel Text und vielen hintergründigen Informationen. Sehr schön ist die Seite vom Svenskehuset, mit vielen Details zu einer spannenden Geschichte.
Mit der Brucebyen-Seite habe ich einem schönen Ort ein kleines, digitales Denkmal gesetzt, mit dem ich viele schöne Erinnerunge verknüpfe. Natürlich geht es auf der Seite nicht um meine persönlichen Geschichten, sondern um die Geschichte des Schotten William S. Bruce und seines Scottish Spitsbergen Syndicate.
Was haben wir noch? Ach ja: der Collinsodden am Eingang zum Krossfjord. Da kommt man ja auch nicht jeden Tag vorbei. Hier ist die Gelegenheit für einen kleinen Ausflug dahin.
Der Wigdehlpynten im Woodfjord. Farben, Farben … das ist Christiane Ritters Wüstensand.
… wird fortgesetzt.
Das sollte genug Lesestoff sein für ein Weilchen. Übrigens weiterhin absolut umsonst und ohne die übliche, nervige Online-Werbung, die einen sonst überall im Internet anspringt. Damit verdienen andere Webseiten Geld. Auf Spitzbergen.de mache ich solche klassisch-landeskundlichen und sonstigen Seiten aus Spaß an der Freude und um Spitzbergen für viele zugänglich zu machen. Schaut mal rein, es lohnt sich, ich habe viel Freude damit gehabt und Zeit mit diesen Seiten verbracht, und ich freue mich über Besuch, auch online.
Spitzbergen-Svalbard: der Reiseführer – niederländisch
Der Spitzbergen-Reiseführer ist auf niederländisch übersetzt und gedruckt, bald geht er in den Verkauf 🙂 damit findet nun wieder ein großes Projekt seinen vorläufigen Abschluss. Mehr darüber demnächst.
Und sonst ..?
… gehöre ich zu der überwältigenden Mehrheit derer, die jubeln werden, sobald das Corona-Virus … nun, Geschichte wird wohl es nie werden, aber die aktuelle Krise wird irgendwann Geschichte sein. Hoffentlich rechtzeitig, damit wir 2021 wieder unter Segeln in Spitzbergen unterwegs sein können. Daumen drücken.
Bis dahin gilt es, durchzuhalten. Das ist nicht einfach für jemanden, der von und für Reisen lebt. Wirtschaftlich … also, nicht schön. Weitere Details und Gejammer erspare ich Ihnen und mir. Aber ich erlaube mir den Hinweis, dass der Spitzbergen.de-Webshop durchgehend geöffnet hat und die meisten würden überrascht sein, wie viele tolle Bücher und andere schöne Dinge es dort gibt, die man sich selbst und anderen schenken kann 🙂 (übrigens hat es auch dieses Jahr neue Spitzbergen-Treibholz-Bilderrahmen gegeben, fünf Stück, von denen bereits zwei ein neues Zuhause haben. Dafür werde ich auch bald noch mal separat etwas trommeln, aber wer sich einen sichern will, hat jederzeit die Gelegenheit dazu).
Die Gewerbeaufsicht/Amt für Arbeitsschutz (Arbeitstilsynet) wird mit einer Million Kronen gestärkt.
Die Bergbaugesellschaft Store Norske soll 40 Millionen Kronen bekommen, um die erwarteten Verluste in der Grube 7 auszugleichen, wo neben den allgemein hohen Kosten und Korona auch ein Wassereinbruch während der warmen Tage im Juli zu erhöhten Kosten und Produktionsausfällen führen. Hauptziel ist es, die Versorgung des Kraftwerks in Longyearbyen mit lokaler Kohle zu sichern.
61,1 Millionen gehen in den Ausbau der Lawinensicherung und den Hochwasserschutz; beides – vor allem die Lawinensicherung – sind für Longyearbyen große und wichtige Themen.
Das Svalbardmuseum bekommt 1,5 Millionen Kronen, um „das Museum zu stärken und zu mehr Aktivität anzuregen“, auch vor dem Hintergrund der Koronakrise.
Mehr Geld geht auch an den Sysselmannen, unter anderem zur Einrichtung einer Stelle für einen Juristen.
Longyearbyen hat viele Zukunftsprojekte, die man mit den Millionen aus Oslo angehen kann. Eine neue Stromversorgung, um das alte, teure und klimaschädliche Kohlekraftwerk zu ersetzen, wäre zweifellos sinnvoll, um nur ein Beispiel zu nennen.
Enttäuscht äußerte sich der lokale Tourismusverband Visit Svalbard, der mit 3,15 Millionen Kronen nur 100.000 Kronen mehr erhalten soll als im laufenden Jahr. Visit Svalbard vertritt viele lokale Betriebe, die hart von der Koronakrise getroffen werden.
Ansonsten zeigt die Gemeinde sich insgesamt zufrieden. Unter anderem bekommt Longyearbyen nun die Möglichkeit, Mittel für Klimaschutzprojekte („Klimasats“) zu beantragen. Festlandsgemeinden können das bereits seit 2016. Mit einem hohen C02-Ausstoß pro Kopf ist Longyearbyen bislang alles andere als eine klimafreundliche Stadt. Hier ist noch viel Potenzial, unter anderem mit einer neuen Lösung zum Ersatz für das ohnehin in die Jahre geratene Kohlekraftwerk – ein schon lange diskutiertes, großes Zukunftsthema für Longyearbyen. Aktuell wird eine Lösung auf Wasserstoffbasis diskutiert, ein Energieträger, der aus Nordnorwegen geliefert werden könnte und dem das Potenzial zugesprochen wird, sowohl den C02-Ausstoß als auch die hohen Strompreise erheblich zu senken.
Weniger und dünneres Eis im Winter in den hintersten Armen des Isfjord wie dem Tempelfjord und Billefjord, und von einer soliden Eisdecke im weiten Isfjord selbst wagt man kaum noch zu träumen – das war über Jahre hinweg die ozeanographisch-klimatische Entwicklung in Spitzbergens größtem Fjord, der seinem Namen, „Eisfjord“, kaum noch gerecht wird.
Der Isfjord hat sich in den letzten Jahren hin zu einem subarktischen Fjord entwickelt,
was unter anderem zu häufigeren Walsichtungen führte.
Im Bild ein Blauwal im Isfjord, September 2018.
Vielleicht wendet sich das Blatt derzeit – wenn auch aller Wahrscheinlichkeit nach wohl kaum langfristig, aber immerhin vorübergehend, besser als gar nichts. Darauf deuten ozeanographische Daten aus dem Isfjord hin, die UNIS diesen Sommer gemessen hat. Die Messungen sind Teil einer langfristigen Datenbasis, mit der Forscher die Entwicklung im Isfjord verfolgen. Vorläufige Ergebnisse haben Frank Nilsen, Professor für Ozeanographie bei UNIS in Longyearbyen, und Mitarbeiter jetzt in einem Beitrag in der Svalbardposten veröffentlicht.
Demnach befindet sich nun deutlich weniger mildes, salzreiches Atlantikwasser im Isfjord und die Reste solchen Wassers, die es dort noch gibt, sind in Tiefen unterhalb von 150 Meter verbannt und mischen sich dort mit kaltem Wasser. In vergangenen Jahren hatte das wärmere Atlantikwasser, das mit dem Golfstrom nach Norden kommt und als Westspitzbergenstrom entlang der Westküste Spitzbergens streicht, in den dortigen Fjorden stark an Einfluss gewonnen. Diese hatten in der Folge ihren ozeanographisch-biologisch hocharktischen Charakter weitgehend verloren und sich hin zu subarktischen Fjorden entwickelt. Wichtige Indikatoren hierfür sind die Wassertemperaturen, Salzgehalt und Artenzusammensetzung des Zooplanktons.
In den innersten Buchten, wie hier in der Petuniabukta,
hatte der Isfjord sich seinen hocharktischen Charakter bislang bewahrt.
Die Klimaentwicklung der letzten Jahre hat für diese Entwicklung gesorgt: Tiefdruckgebiete, die nicht mehr wie früher über die Barentssee nach Osten abziehen, sondern zwischen Grönland und Spitzbergen nach Norden ziehen, haben das warme Wasser kraftvoll in die Fjorde gedrückt – ein Effekt, der sich über Jahre hinweg auswirken kann, auch wenn das ursächliche Tiefdruckgebiet schon nach ein paar Tagen verschwunden ist.
Die Witterung dieses Jahres ist hingegen insgesamt eher so, wie man es von früher kennt. Positiv aufgefallen ist bereits, dass es im Winter und Frühjahr kaum Tauwettereinbrüche gegeben hat, die in den Wintern der Jahre davor häufiger und kräftiger geworden sind. Das hat möglicherweise mit atmosphärischen Strömungen zu tun, die eher an die klassisch-arktischen Muster um Spitzbergen erinnern und die aktuell dazu führen, dass das wärmere Atlantikwasser derzeit im Isfjord an Einfluss verloren hat. Auch das starke Schmelzen der Gletscher Spitzbergens während der extrem warmen Sommertage hat möglicherweise dazu beigetragen, dem Oberflächenwasser in den Fjorden kaltes, salzarmes Frischwasser zuzuführen.
Das macht sich auch in der Zusammensetzung des Zooplanktons bemerkbar, das von Ruderfußkrebsen (Copepoda) dominiert wird. In jüngeren Jahren hat sich mehr und mehr die subarktische Art Calanus finmarchicus im Isfjord ausgebreitet, aber aktuell dominiert wieder die hocharktische Art Calanus glacialis.
Derzeit haben auch die zentralen, weitläufigen Bereiche des Isfjord ozeanographisch wieder einen eher hocharktischen Charakter.
Wenn die Entwicklung nicht durch starke Stürme aus der falschen Richtung gestört wird, darf man für den kommenden Winter auf eine schöne Eisdecke zumindest in den Nebenarmen des Isfjord hoffen. Sollte die Entwicklung zumindest eine Weile anhalten, könnten weniger Wale und weniger Fisch wie Dorsch im Isfjord die Folge sein.
Wer aber nun hofft, dass die Klimaänderung in der Arktis damit abgesagt ist, befindet sich leider mit Sicherheit auf dem Holzweg: Wie Nilsen in seinem Beitrag schreibt, handelt es sich dabei nicht um eine stabile Situation, sondern „mehr um ein lokales Aufbäumen einer sich erwärmenden Arktis.“
Der September ist der Monat mit der geringsten Treibeisdecke in der Arktis: Der lange Sommer hat viel Eis schmelzen lassen, und die Kälte des Winters steht erst noch vor der Tür. Insofern ist im September immer mit wenig Eis etwa rund um Spitzbergen zu rechnen.
Wenn man aber die Septemberwerte über einen längeren Zeitraum vergleicht, ergibt sich ein klarer Trend hin zu weniger Eis. Die Treibeisfläche wird seit 1979 beobachtet, und noch nie ist so wenig Eis festgestellt worden wie in diesem September, nach einem Sommer, der Spitzbergen im Juli Rekordtemperaturen gebracht hat und auch in Sibirien und sonstwo mal wieder Wärme brachte, die nicht weit von hitzigen Rekorden entfernt war.
Das norwegische meteorologische Institut teilt in einer Pressemeldung mit, dass die durchschnittliche Temperatur für den September, gemittelt über alle Messstationen in der Arktis, 2,9 Grad über dem langjährigen Mittel lag. Als Referenz dient bei klimatischen Betrachtungen immer ein Zeitraum von 30 Jahren; derzeit dienen die Mittelwerte aus der Zeit von 1961 bis 1990 als Vergleichswert. Wenn ab 2021 die Mittelwerte der Zeit 1991-2020 als neue Vergleichsbasis dienen, werden die Temperaturvergleiche weniger dramatisch erscheinen. Dabei wird es sich aber mitnichten um eine Abschwächung der zu beobachtenden, bereits jetzt dramatischen Erwärmung handeln, sondern um ein statistisches Artefakt.
Signe Aaboe, Forscherin beim norwegischen meteorologischen Institut, hat keine Zweifel, dass auch die aktuellen Rekordwerte von Temperatur und Eis im September dem vom Menschen gemachten Klimawandel geschuldet sind.
Wieder zurück zu Spitzbergens schönen Seiten, die dieses Jahr noch ferner und unerreichbarer liegen als sonst. Für dieses Tour nach Pyramiden hat es mehrere Anläufe gebraucht. Auf Spitzbergen ist ja fast alles wetterabhängig. Nach Pyramiden sind es auf dem Seeweg über 50 Kilometer, und unser Boot war ja nun nicht die Antigua. Da sollte das Wetter schon passen. Aber das tat es dann auch und mit einer kleinen Pause in der Skansbukta ging es in den Billefjord.
Pyramiden
Dort konnten wir die Gastfreundlichkeit im Hotel Tulipan in Pyramiden genießen. In Pyramiden hat sich in jüngerer Zeit ja einiges getan, das Hotel wurde aufgeputzt – die neue Bar ist sehr schön und die Küche hervorragend; dass die alten Zimmer nicht zumindest wahlweise noch verfügbar sind, ist etwas schade – und ins Kulturhaus ist mittlerweile auch wieder Leben eingezogen. Und es wird weiter gebaut und gemacht. Wir dürfen gespannt sein und freuen uns schon auf künftige Besuche.
In Pyramiden wird fleißig renoviert, oder zumindest erhalten. Hier die alte Kantine.
Devonische Wälder im Munindalen
Aber uns hat dieses Mal mehr die Natur gelockt. Und zwar wollten wir einen Waldspaziergang machen. Das kann man bei Pyramiden tatsächlich machen. Im Munindalen, genauer gesagt. Man kann zwar nicht im Wald spazieren, aber immerhin zum Wald. Dieser wuchs im Devon, vor über 350 Millionen Jahren, wahrscheinlich in einer Flussaue. Dann wurden die Schuppenbäume bei einem Hochwasser vom Schlamm bedeckt … und versteinerten. So sind sie noch heute zu sehen, senkrecht stehend, so wie sie einst wuchsen („in situ“, wie der Geologe sagt). Einer der ältesten Wälder der Welt.
Abdruck eines Schuppenbaums aus dem Devon im Munindalen.
Vor dem Devon war nicht viel mit Bäumen auf Erden. (Falls jemand ähnliche Fossilien in Pyramiden selbst gefunden hat: die sind aus dem Karbon, wie auch die Kohle, also deutlich jünger als die devonischen Bäume im Munindalen). Das ist es schon wert, sich nasskalte Füße zu holen, um einen Blick auf die Abdrücke zu werfen (oder nicht, wie wir, die Gummistiefel vergessen …) – mit Glück sieht man auch Positive; der Aufschluss besteht aus einer kleinen Steilwand direkt am Fluss und verändert sich daher immer wieder.
Sogar die Rentiere waren früher in Pyramiden größer als sonstwo 😉
Ernsthaft: hier grasten früher Pferde.
Schließlich kam der Nebel, der Longyearbyen mehrere Tage lang von der Außenwelt abschnitt (bei dichtem Nebel landen Flugzeuge dort nicht). Die Rückfahrt nach Longyearbyen verlief über weite Strecken mit dem GPS in der Hand 🙂
Wer Lust hat, mal wenigstens digital einen Ausflug nach Pyramiden zu machen, bis Spitzbergen wieder reell besser zugänglich wird – es gibt ja eine ausführliche Panorama-Seite zu Pyramiden.
Galerie: Pyramiden und Munindalen
Ein paar Eindrücke von der Fahrt ab Longyearbyen via Skansbukta, von Pyramiden und aus dem Munindalen.
Longyearbyen verändert sich während der Corona-Krise: Seit Anfang März sind laut amtlicher Statistik 273 Personen abgewandert. Dazu kommt eine Dunkelziffer in naturgemäß unbekannter Höhe, da manche sich nicht abmelden oder sich auch vielleicht gar nicht erst angemeldet haben.
Wegen der fehlenden sozialen Absicherung von öffentlicher Seite und der im Frühjahr drastisch gestiegenden Arbeitslosigkeit können viele sich die hohen Lebenshaltungskosten in Longyearbyen nicht mehr leisten und sind in ihre Heimatländer gezogen. Der Spitzbergenvertrag sichert Bürgern vieler Staaten zwar freien Zugang, aber daher bietet Norwegen Spitzbergens Bewohnern keine Unterstützung etwa im Fall von Arbeitslosigkeit. Nach Auslaufen einer einmaligen staatlichen Unterstützung im Frühjahr standen Menschen ohne Einkommen oder finanzielle Reserven daher schutzlos im Regen.
Zu den Verlierern gehört wohl auch Longyearbyens Bank: die SpareBank Nordnorwegen schließt 16 Filialen im Norden des Landes, darunter auch die in Longyearbyen, die einzige Bank im Ort. Das soll allerdings nichts mit Corona zu tun haben, sondern mit verändertem Verbraucherverhalten: Laut SpareBank mache die Digitalisierung den direkten Kontakt mit einer Bankfiliale überflüssig, wie die Svalbardposten erfahren hat. Wie man sich denken kann, stößt die Ankündigung in Longyearbyen gerade in Krisenzeiten auf starke Kritik.
Post und Bank in Longyearbyen: die Post bleibt, die Bank geht.
Glück gehabt hat hingegen die Post: Während in Norwegen die meisten Postfilialen geschlossen werden und Postdienste in großen Teilen des Landes künftig nur noch in Geschäften und Supermärkten zu finden sein werden, bleibt die Post in Longyearbyen erhalten. Darüber hinaus wird es nur noch Filialen in Oslo geben.
Die Serie trauriger Nachrichten aus Spitzbergen will nicht abreißen. Am Mittwoch kam ein Eisbär im Zusammenhang mit einer Betäubung und Markierung durch Wissenschaftler ums Leben, wie der Sysselmannen bestätigte.
Der Vorfall ereignete sich im Wijdefjord in der routinemäßigen Herbstkampagne zum Markieren von Eisbären. Dabei werden Eisbären vom Hubschrauber aus betäubt und anschließend gewogen, markiert und es werden üblicherweise Proben genommen. Das Tier war der „30. oder 31.“ Bär der aktuellen Kampgne.
Bekannt ist zunächst nur, dass der Bär die Prozedur nicht überlebte. Wann und warum er genau starb, ist bislang nicht veröffentlicht. Routinemäßig wurde beim Sysselmannen ein Verfahren eröffnet. Daher wurden bislang keine weiteren Details mitgeteilt, etwa ob ein Tierarzt anwesend war.
An dem Verfahren, regelmäßig eine große Anzahl von Eisbären vom Hubschrauber aus zu betäuben, was für die Tiere mit erheblichem Stress verbunden ist, wurde schon mehrfach substanzielle Kritik laut. Laut Jon Aars, dem führenden Eisbärenforscher des Norwegischen Polarinstituts, „verliere“ man bei 1000 Betäubungen üblicherweise 2 bis 4 Eisbären. Ihm selbst (Aars) sei dies nun seit 2003 zum dritten Mal passiert. Der Svalbardposten teilte Aars mit, dass das „Markieren dadurch gerechtfertigt wird, dass wir als Wissenschaftler meinen, dass die Informationen, die wir erhalten, wertvoll sind“.
Begegnungen zwischen Mensch und Eisbär haben dieses Jahr auf Spitzbergen bereits vier Bären und einen Menschen das Leben gekostet
(Symbolbild: harmloser Fund eines Eiesbärenschädels in der Hinlopenstraße).
Es ist bereits der vierte Vorfall dieses Jahr, bei dem ein Eisbär auf Spitzbergen durch Menschenhand ums Leben kommt. Vor dem tödlichen Angriff Ende August, bei dem ein Mensch starb, war schon Anfang Januar ein Eisbär von der Polizei erschossen worden, ohne dass eine unmittelbare Gefahrensituation vorlag, und Ende Januar starb ein betäubter Eisbär, der aus der Umgebung Longyearbyens ausgeflogen werden sollte, im Hubschrauber, wobei mutmaßlich erhebliche Fehler gemacht worden sind. Beide Fälle, vor allem jedoch die tödliche Betäubung von Ende Januar, zogen starke Kritik auf sich, wobei es auch darum ging, ob das Polarinstitut die Kompetenz zum Betäuben von Eisbären hat oder ob dabei ein Tierarzt anwesend sein sollte. Man darf auch daher gespannt sein, welche Details im aktuellen Fall noch ans Licht kommen werden, etwa ob ein Tierarzt anwesend war.
Bei all den schlechten Nachrichten der letzten Wochen wie Reisehindernissen wegen potenziell tödlicher Viren und dem Angriff eines absolut tödlichen Eisbären fällt es mitunter schwer, den Blick für die schönen Seiten Spitzbergens, wenn schon nicht des Lebens, zu verlieren. Es wird Zeit für ein paar Bilder, die genau diese schönen Seiten in Erinnerung rufen sollen.
Es ist mittlerweile schon wieder einige Wochen her, aber das macht ja nichts. Der Isfjord lag glatt wie ein Spiegel und die Fahrt von Longyearbyen zum Kapp Thordsen im kleine Zodiac lief wie im Tiefflug.
Klicken Sie auf die Bilder, um eine vergrößerte Darstellung des Bildes zu erhalten.
Die dramatische Geschichte des Svenskehuset am Kapp Thordsen, des ältesten Hauses von Spitzbergen, und warum es auch als „Gespensterhaus“ bekannt ist, werde ich hier nicht erzählen. Das habe ich nämlich gerade auf einer neuen Pano-Seite über das Svenskehuset getan, wer interessiert ist, kann dort alles nachlesen. Ich kann es nur empfehlen. Diese Aufnahmen machen zu können, war einer von mehreren Gründen dafür, die erste sich bietende Gelegenheit zu nutzen, die Fahrt über den Isfjord zu machen.
Und ansonsten sind es die weiten Blicke über Fjord und Berge wie auch die kleinen Eindrücke der Tundra, die einen Schönwettertag mit viel Zeit an so einem schönen Ort zu einem Erlebnis machen, wie man sie nicht genug haben kann.
Apropos „kleine Eindrücke der Tundra“: die winzigen Blümchen zu fotografieren, fand ich immer etwas unbefriedigend, da wegen der geringen Tiefenschärfe von Nah- und Makroaufnahmen immer nur ein sehr kleiner Teil einer Blüte oder einer Blume scharf wird. Mittlerweile ermöglicht die Fototechnik, zumindest bei guten Bedingungen, einige Schritte weiter zu gehen. „Focus stacking“ heißt das Zauberwort. Es erfordert etwas Aufwand in Bezug auf Technik, Vorbereitung, Aufnahme und Nachbearbeitung, aber ich finde, es lohnt sich:
Vierkantiges Heidekraut beim Svenskehuset.
Durch Fokus-Stacking wird fast die ganze Blüte scharf darstellbar.
Eisbär auf der Phippsøya, an einem Tierkadaver nagend.
Wahrscheinlich war es genau dieser Eisbär, der 11 Tage später am gleichen Ort
von Mitarbeitern der MS Bremen erschossen wurde.
Zu dem Fall war es am 28. Juli 2018 gekommen, als insgesamt 14 Mannschaftsmitglieder der MS Bremen auf der Phippsøya, die zu den Sjuøyane gehört, an Land gingen, um einen Landgang für die Passagiere vorzubereiten. Unter den 14 Personen befanden sich der Expeditionsleiter, vier Eisbärenwächter, ein Fotograf und weitere Mannschaftsmitglieder. Als zwei der Eisbärenwächter losgeschickt wurden, um nicht einsehbares Gelände zu kontrollieren, begegneten sie dem Eisbären, der eine der beiden Personen angriff und am Kopf verletzte. Auch Schreckschüsse brachten den Bären nicht dazu, den Angriff zu unterbrechen, so dass zwei Personen insgesamt drei Schüsse abfeuerten und den Bären damit töteten. Der angegriffene Mann überlebte leicht verletzt.
Der Vorfall wurde von dem anwesenden Fotografen dokumentiert, so dass sich das Geschehen gut und unzweifelhaft rekonstruieren ließ.
Nach einer Entscheidung der Staatsanwaltschaft Troms und Finnmark (Nordnorwegen) wurde das Verfahren nun eingestellt. Einen Eisbären zu erschießen ist grundsätzlich verboten und strafbar, im vorliegenden Fall wurde aber Notwehr festgestellt.
Auch das Verfahren gegen die Firma wurde eingestellt. Hier war untersucht worden, ob die Sicherheitsroutinen ausreichend waren.
Die Untersuchung des Vorfalls war im November 2019 abgeschlossen, das Verfahren wurde danach jedoch noch wegen unklarer Zuständigkeiten und dann wegen der Corona-Krise verzögert.