In Spitzbergen statt hektischer Winter-Hauptsaison: nichts. Spitzbergen ist derzeit komplett touristenfrei. Still und ruhig, wenn man von den Schmerzensschreien der Tourismusbranche absieht.
Auf dieser Blog- und Nachrichtenseite: derzeit auch nichts.
Die Antarktis ist der einzige Corona-freie Kontinent, aber es lässt uns auch hier dennoch nicht unberührt. Ich war nun einige Wochen in der Antarktis unterwegs und bin immer noch fern im Süden auf der Ortelius. Da ich daher wohl zu den letzten auf der Welt gehöre, die mitbekommen, wie die Welt sich derzeit quasi minütlich ändert, wäre es wohl Quatsch gewesen, darüber etwas auf der Spitzbergen.de Nachrichtenseite zu schreiben.
Dafür habe ich über unsere Erlebnisse im tiefen Süden geschrieben, und zwar im Blog auf www.antarktis.net. Auch da wird das Corona-Virus nun zum Thema. Nein, nicht direkt. Wir sind hier auf der Ortelius alle gesund. Aber es schickt uns auf die Reise. Nicht, wie geplant, noch einmal zur Antarktischen Halbinsel, sondern nach Hause, und zwar langsam und über Umwege. Mehr dazu im Antarktis-Blog.
Svea Nord war die größte Kohlegrube, die es jemals auf Spitzbergen gab. Es gehört zum Grubensiedlungskomplex von Sveagruva im Van Mijenfjord, zu dem neben dem eigentlichen Ort auch eine kleine Hafenanlage am Kapp Amsterdam sowie die Grube im Lunckefjellet gehört.
Eröffnet wurde dieses Bergwerk erst 2001, aber aufgrund der Flözmächtigkeiten von bis zu 6 Metern konnten bald Kohlemengen von bis zu 3 Millionen Tonnen im Jahr gefördert werden. Das ist zwar nicht viel im Vergleich mit den großen Kohlegruben der Welt, etwa in Australien, wo mitunter Jahresleistungen von 20 Millionen Tonnen erreicht werden, in Spitzbergen aber Rekord. Daher konnte die Bergbaugesellschaft Store Norske Spitsbergen Kulkompani in den besten Jahren ab 2008 mit ihrer Kohle ordentlich Kohle verdienen.
Bei einer Flözmächtigkeit von 4-6 Metern konnte in Svea Nord im Longwall-Verfahren wirtschaftlich abgebaut werden.
Der Verfall der Preise auf dem Weltmarkt ließ die wirtschaftliche Lage der Kohlebergwerke in Spitzbergen aber nur wenige Jahre darauf in den Keller gehen. Ab 2014 beherrschten Entlassungen und das Ringen um Zuschüsse die Schlagzeilen. Die Regierung, als Eigentümer der Store Norske in der Pflicht, half zunächst finanziell aus, beschloss als Eigner aber 2015 aus wirtschaftlichen Gründen erst die vorübergehende Schließung der Grubenanlagen bei Sveagruva und 2017 schließlich die endgültige Einstellung aller dortigen Bergbauaktivitäten. Damit ist der Rückbau der Gruben und des Ortes verbunden.
Im Frühjahr 2019 wurde bereits die Lunckefjellet-Grube geschlossen. Diese war erst 2013 aufgefahren (betriebsfertig), ging aber nie in den produktiven Betrieb über.
Stollen in Svea Nord. Das Grubengerät steht bereit zum Abtransport vor Schließung der Grube.
Nun folgt die Schließlung der großen Kohlegrube Svea Nord. Nachdem viel Gerät und Materialen zum Ausschiffen aus dem Berg geholt wurden, wird dieses Bergwerk im März 2020 endgültig geschlossen.
Auch der Rückbau der 1917 gegründeten Siedlung Sveagruva schreitet voran. Bis auf ein paar denkmalgeschützte Artefakte soll künftig vor Ort wenig bis nichts mehr daran erinnern, dass hier einmal Menschen gewohnt und Kohle gefördert haben.
Mit der Schließung von Svea Nord ist ein wesentlicher Schritt auf diesem Weg gemacht, der sehr ungewöhnlich erscheint: Erstmalig wird hier in Spitzbergen eine ganze Siedlung rückgebaut, während man früher nach getaner Arbeit alles stehen und liegen ließ und nur mitnahm, was noch von Wert war.
Die letzten Stücke Kohle, die in Svea Nord aus dem Berg gebracht werden, dienen Forschungszwecken. Geologe Malte Jochmann und Bergingenieurin Kristin Løvø bei der Arbeit (Dezember 2019).
Im Dezember 2019 konnte ich mit Geologen in Svea Nord einfahren und hatte Gelegenheit, das größte Kohlebergwerk in der Geschichte Spitzbergens zu fotografieren. Ergebnisse sind auf der Seite Svea Nord zugänglich. In dem Zuge wurden auch mehrere andere Seiten geschaffen, um die ehemalige Bergbaulandschaft in und um Sveagruva zumindest in ein paar virtuellen Eindrücken weiterhin zugänglich zu machen. Diese Seiten sind von hier aus zugänglich: Sveagruva (Übersicht).
Zwei Menschen, beide aus Deutschland, sind bei einem Lawinenunglück am Fridtjovbreen südlich von Barentsburg ums Leben gekommen. Das Unglück ereignete sich während einer geführten Motorschlittentour der Arctic Travel Company in Barentsburg. Als Rettungskräfte in Longyearbyen vor Ort eintrafen, konnte bei den beiden Verunglückten nur noch der Tod festgestellt werden.
Die norwegischen Behörden benachrichtigen die Angehörigen und werden den genauen Ablauf untersuchen. Die Gemeinde Longyearbyen hat einen Krisenstab eingerichtet, um betroffenen Personen in Barentsburg und Longyearbyen beizustehen.
Prinzipiell kann man vermuten, dass es sich daher entweder um ein von der Mutter getrenntes Jungtier handelte, das wahrscheinlich ein Jahr alt war, oder um einen extrem abgemagerten Eisbären. Selbst für einen zweijährigen Jungbären, der dann auch noch mit seiner Mutter zusammen sein sollte, wäre das Gewicht deutlich zu niedrig. Sollte es zutreffen, dass es sich um ein einjähriges Jungtier gehandelt hat, wäre das Tier ohne seine Mutter nicht überlebensfähig gewesen.
Ähnlich hätten wohl auch die Chancen für ein erwachsenes Tier mit einem Gewicht von 62 kg gestanden.
Dies ist derzeit jedoch alles nur Spekulation. Weitere Details aus der Obduktion, die genauere Aufschlüsse über die Todesursache vermuten lassen, werden erst in mehreren Wochen erwartet.
Junger Eisbär zusammen mit seiner Mutter. Der kleinere Bär war zur Zeit der Aufnahme etwa 20 Monate alt und deutlich schwerer als 60 kg.
Heute vor 100 Jahren, am 09. Februar 1920, wurde in Versailles der Spitzbergenvertrag unterschrieben. Dieser sichert Norwegen seitdem die Souveränität über die Inselgruppe Spitzbergen, schließt aber auch einige Einschränkungen mit ein. Mehr zum Spitzbergenvertrag und seinen Bestimmungen können Sie hier (klicken) nachlesen, auf der diesem Vertrag gewidmeten Seite innerhalb von Spitzbergen.de.
Fredrik Wedel Jarlsberg, der norwegische Gesandte in Versailles,
unterschreibt am 09. Februar 1920 den Spitzbergenvertrag.
Der Spitzbergenvertrag war im Rahmen der Friedensverhandlungen in Versailles 1919 über Monate hinweg beraten und ausgehandelt worden. Für Norwegen übernahm der Gesandte Fredrik Wedel Jarlsberg die Verhandlungen, aber andere wie unter anderem Fridtjof Nansen hatten über Jahre hinweg wichtige Vorarbeiten geleistet, damit es soweit kommen konnte.
Heute wird der Vertrag oft als Svalbardvertrag bezeichnet. Das Wort „Svalbard“ kommt im Originaltext allerdings kein einziges Mal vor.
Bevor der Vertrag in Kraft treten konnte, mussten zunächst die zahlreichen und oft überlappenden Gebietsansprüche verschiedener Bergbaugesellschaften sortiert werden. Schließlich wurde der Vertrag in norwegisches Recht überführt und trat am 14. August 1925 in Kraft. In Norwegen gilt daher der 14. August als „Nationalfeiertag“ Svalbards.
Der Vertrag gilt bis heute. Uneinigkeiten bestehen allerdings im Hinblick auf die Nutzung mariner Ressourcen (Fischerei, Öl, Gas, ggf. Bodenschätze) außerhalb der 12-Meilenzone, aber innerhalb der 200-Meilenzone um Spitzbergen. Diese Zonen wurden erst viel später im internationalen Seerecht definiert und wurden im Vertrag von 1920 daher nicht geklärt. Norwegen vertritt die Position, einen exklusiven Anspruch auf die wirtschaftliche Nutzung in diesem Gebiet (innerhalb der 200-Meilenzone, aber die 12-Meilenzone nicht eingeschlossen, hier gilt gleiches Recht für alle) zu haben. Andere Regierungen sehen dies anders, darunter Lettland und Russland. Lettland trat als aktuell letztes Land am 13. Juni 2016 dem Spitzbergenvertrag bei (ein paar Monate nach Nordkorea). Russlands Außenministerium hat gerade wieder einmal in einer Pressemitteilung darauf hingeweisen, dass man in Moskau mit den Einschränkungen russischer Aktivitäten unzufrieden ist und bilaterale Verhandlungen erwartet. Norwegen ist darauf bislang noch nicht eingegangen.
Mitgliedsländer im Spitzbergenvertrag.
Dem 100-jährigen Jubiläum des Vertrags sind am 09. Februar zahlreiche Vorträge in Longyearbyen, Norwegen und anderen Ländern gewidmet.
Die Todesursache ist vorläufig nicht bekannt, soll aber bald durch eine Obduktion ermittelt werden.
Ein betäubter Eisbär wird zum Transport nach Kinnvika vorbereitet (Archivbild von 2016).
Es soll sich um ein Weibchen gehandelt haben, das nicht markiert war.
Wie bei jeder Narkose ist das Betäuben eines Eisbären für das Tier nicht ganz risikolos. Dabei ist der allgemeine Ernährungs- und Gesundheitszustand des Eisbären wichtig, aber dieser kann natürlich kaum ermittelt werden. Selbst bei guten Bedingungen können etwa Größe und Gewicht nur grob aus der Entfernung geschätzt werden, aber in der Dunkelheit wie zum fraglichen Zeitpunkt gestern Abend war selbst das kaum möglich.
Weiteres wird sich erst herausstellen, wenn die Ergebnisse der Obduktion vorliegen.
Gestern (Donnerstag, 30.01.) war schon wieder ein Eisbär im Ortsgebiet von Longyearbyen unterwegs. Der Bär war gegen Abend am Hotellneset gesichtet worden, ganz in der Nähe des Flughafens.
Ein betäubter Eisbär wird zum Transport nach Kinnvika vorbereitet (Archivbild von 2016).
Der Sysselmannen hat den Eisbären zunächst mit dem Hubschrauber über den Adventfjord nach Hiorthhamn getrieben. Dann wurde der Bär betäubt und nach Kinnvika auf dem Nordaustland geflogen, 200 Kilometer Luftlinie nördlich von Longyearbyen. So schnell wird dieser Bär nicht wieder auftauchen, auch wenn die Entfernung und das Gelände für einen Eisbären grundsätzlich kein unüberwindliches Hindernis sind. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Bär die Orientierung und die Motivation hat, bald wieder zielgerichtet Kurs auf Longyearbyen zu nehmen, ist gering.
Davor war im April 2016 letztmalig ein Eisbär bei Longyearbyen betäubt und ausgeflogen worden. Dieser Eisbär war Ende 2019 wieder nach Longyearbyen gekommen und wurde schließlich in den frühen Morgenstunden des Neujahrstages erschossen.
Experten des Norwegischen Polarinstituts haben die Aktion begleitet, wie der Sysselmannen auf Facebook mitteilt.
Änderungen der Regeln in den Nationalparks an der West- und Nordküste Spitzbergens sind mehrere Jahre lang in der Diskussion und dann im Gesetzgebungsverfahren gewesen. Am 20. Dezember 2019 schließlich hat das Gesetz mit dem sperrigen Namen „Vorschrift zu den Nationalparks Süd-Spitzbergen, Forlandet und Nordwest-Spitzbergen, den Naturreservaten Nordost-Svalbard und Südost-Svalbard und den Vogelreservaten auf Svalbard“ den norwegischen Staatsrat passiert, wobei die Unterschrift des Königs dem Gesetz abschließend Gültigkeit verleiht. Somit ist es lauf offizieller Mitteleilung der norwegischen Regierung in Kraft.
Neues Vogelreservat Liefdefjord: Andøyane (hier im Bild), Stasjonsøyane, Måkeøyane, Lernerøyane. An Stellen wie diesen kann im Frühsommer hinter jedem Treibholzbalken eine Eiderente brüten. Da hält man sich sowieso besser fern. Nun ist das gesetzlich vorgeschrieben.
Es gibt einige Änderungen, die vor allem für den schiffsbasierten Tourismus von Bedeutung sind. Reise- und Expeditionsleiter sowie auf eigene Faust Reisende wie die Besatzungen privater Yachten sollten – müssen – die neuen Regeln kennen, wenn sie in den betreffenden Gebieten unterwegs sind.
Die wichtigsten Änderungen
Natürlich ist das Gesetz viel umfangreicher, aber das hier sind die wichtigsten Neuerungen:
Es gibt das neue Vogelreservat Liefdefjord, bestehend aus den Inselgruppen Andøyane, Stasjonsøyane, Måkeøyane und Lernerøyane. Analog zu den bereits bestehenden Vogelreservaten ist auf und um diese Inseln jeglicher Verkehr in der Zeit 15. Mai-15. August verboten. Das Verbot gilt auch auf dem Wasser innerhalb von 300 Metern Entfernung bis zum nächsten Ufer, wozu auch Holmen und Schären zählen.
Dies dürfte für den schiffsbasierten Tourismus die einzige neue Regel sein, die zu Einschränkungen in der mehr oder weniger täglichen Praxis führen wird.
Das Vogelreservat Blomstrandhamna ist ausgeweitet worden und umfasst nun auch die Indre Breøya, ein kleines Inselchen auf der Nordseite der Blomstrandhalvøya.
Für das Gebiet unmittelbar rund um die Trollkjeldene gilt rund ums Jahr „betreten verboten“. Das genaue Gebiet wird durch eine Karte sowie durch Koordinaten definiert.
Die Trollkjeldene bestehen aus mehreren Quellgebieten mit großen, schönen Sinterterrassen und befinden sich einige Kilometer von der Küste entfernt im Tal südlich des Bockfjord. Für die Jotunkjeldene – die kleinen, ufernahen und häufig besuchten Quellen im Bockfjord – ändert sich nichts.
Die Tourismusbranche muss ortsspezifische Richtlinien für eine Reihe von Orten erarbeiten und beim Sysselmannen hinterlegen, bevor dort künftig weiterhin Landgänge gemacht werden dürfen. Diese Richtlinien müssen nun erarbeitet werden, was in der Praxis der Branchenverband AECO tun wird. Sobald sie vorliegen, gelten sie für organisierten Tourismus verbindlich, so dass man sich hier in Kenntnis setzen muss.
Dies gilt für: Ytre Norskøya, Sallyhamna und Smeerenburg (alle im Nordwesten), Signehamna und Fjortende Julibukta (Krossfjord), Fuglehuken (Prins Karls Forland), Ahlstrandhalvøya (Van Keulenfjord), Gnålodden und Gåshamna (beide im Hornsund).
In ein paar Fällen gibt es sogar Lockerungen: Nicht-motorisierte Wasserfahrzeuge dürfen entlang des Festlandsufers innerhalb der Vogelreservate Prins Heinrichøya und Mietheholmen (östlich von Ny-Ålesund im Kongsfjord) und Boheman (westlich vom Bohemanneset im Isfjord) passieren. Das ist für Kajakfahrer auf Touren in diesen Gegenden eine erhebliche Erleichterung, die wohl kaum eine Eiderente vom Nest scheuchen wird.
Toiletten- und Grauwasser darf nicht innerhalb von 500 Metern vom Ufer abgelassen werden. Das galt bislang nur in den Naturreservaten.
In den Vogelreservaten ist motorisierter Verkehr an Land verboten (das war auch früher schon so, wurde aber präzisiert). Eine Ausnahme gilt bis zum 14. Mai im Vogelreservat Kapp Linné (das ist neu).
Die Trollkjeldene (Trollquellen) im Bockfjord darf man sich jetzt nur noch aus einer gewissen Entfernung anschauen. Die ufernahen Jotunkjeldene sind davon nicht betroffen.
Alle sonstigen Regeln für die Nationalparks bleiben bestehen. Erlaubt bleibt auch die Trawlerfischerei in Wassertiefen von mehr als 100 Metern.
Weitere Änderungen betreffen Angleichungen von Formulierungen, die keine Änderungen der Praxis mit sich bringen. So heißen die Vogelreservate von nun an nicht mehr Vogelreservate (fuglereservat), sondern „Naturreservat für Vögel“. Damit soll hervorgeben werden, dass es sich um Naturreservate handelt, ebenso wie bei den großen Schutzgebieten Nordost und Südost Svalbard. „Naturreservat“ ist der strengste Gebietsschutz, den das norwegische Gesetz kennt. In den „Naturreservaten für Vögel“ gilt wie gehabt das totale Verkehrsverbot vom 15. Mai bis zum 15. August.
Da kommt noch was
Weitere Änderungen sind in der Diskussion und werden mittelfristig kommen, darunter ein Verwaltungsplan für Zentral-Spitzbergen einschließlich wichtiger Gebiete wie der Isfjord, das Adventdalen bei Longyearbyen und der Van Mijenfjord. Zu den Forderungen gehören eine Ausweitung des Schwerölverbots auf den Isfjord und eine Deckelung der Größe von Kreuzfahrtschiffen, die Spitzbergen anlaufen dürfen. Das ist aber Teil eines anderen Verfahrens, das noch in einem recht frühen Stadium steckt.
Der Sysselmannen hat einer Reedere ein Bußgeld von 30.000,00 Kronen (etwa 3.000 Euro) wegen Störung einer Vogelkolonie durch Lärm auferlegt. Der Hintergrund ist, dass ein Schiff nahe bei einer Vogelkolonie am Ossian Sarsfjellet im Kongsfjord den Anker fallen ließ. Durch den Lärm der Ankerkette kam es zur Störung der in den Klippen brütenden Vögel, vor allem Dickschnabellummen und Dreizehenmöwen.
Dickschnabellummen und Dreizehenmöwen (hinten, mit Küken) am Ossian Sarsfjellet.
Störungen bei Vogelkolonien können erhebliche Folgen haben, etwa wenn Eier oder flugunfähige Küken aus den Nesten auf den schmalen Simsen fallen oder Eismöwen die Gelegenheit nutzen, in unbewachten Nestern zu räubern.
Zunächst hatte der Sysselmannen am Mittwoch den Bären mit dem Hubschrauber bis ins obere Tverrdalen getrieben, südlich vom Bolterdalen, in der Hoffnung, dass der Eisbär nach einer Pause weiter nach Süden ziehen würde. Aber der Bär wollte es anders und begegnete auf dem Scott Turnerbreen (-gletscher) im oberen Bolterdalen Tommy Jordbrudal und einem Mitarbeiter. Tommy gehört eine kleine Hundeschlittenfirma, mit der er seit vielen Jahren Touristen auf diese schöne Art in Spitzbergens Natur führt. Der Scott Turnerbreen mit seinen Gletscherhöhlen ist dabei ein häufiges Ziel, auch da das Bolterdalen für den Motorschlittenverkehr gesperrt ist, so dass man dort in Stille unterwegs sein kann (nur Einheimische dürfen dort bis Ende Februar fahren, in der Hauptsaison ab Anfang März ist das Bolterdalen samt Umgebung aber komplett scooterfreie Zone).
Für Eisbären ist es aber nicht gesperrt, und so sahen Tommy und sein Kollege sich plötzlich auf wenige Meter entfernung einem Eisbären gegenüber, der ihre Motorschlitten untersuchte. Selbst durch einen Warnschuss mit einem Revolver ließ der Eisbär sich zunächst nicht beeindrucken.
Das Bolterdalen (Blick vom Soleietoppen): in den letzten Tagen keine eisbärenfreie Gegend. Links ist der Scott Turnerbreen im Bild.
Laut eigener Aussage hat Tommy in den 12 Jahren, während der er in der Saison ständig im Bolterdalen unterwegs ist, dort nie eine Eisbärenspur oder gar einen Eisbären gesehen. Nun musste erst mal wieder der Sysselmann mit dem Hubschrauber los. Man darf gespannt sein, ob die Geschichte eine Fortsetzung bekommt. Ich hoffe sehr, dass ich nicht demnächst wieder an dieser Stelle schreiben muss, dass Mensch oder Tier zu Schaden gekommen ist.
Bislang ist „Guide“ kein geschützer Beruf. Jede und jeder kann kommen und als Guide arbeiten. Das hat viele Jahre lang auch gut funktioniert, solange Tourismus auf Spitzbergen eine Nischenbranche gab und ausreichend Outdoor-Begeisterte bereitstanden, die schon hinreichend Erfahrung gesammelt hatten, um eine überschaubare Zahl von Touristen sicher durch Spitzbergens arktische Natur zu führen, in Winter und Sommer, mit Ski, Hundeschlitten, Motorschlitten, Boot, Schiff, zu Fuß oder wie auch immer.
Aber die Zeiten haben sich geändert. In den letzten Jahren ist eine Vielzahl kleinerer Firmen hinzugekommen, die in Spitzbergen Touren anbieten. Dabei ist es gerade der lukrative Markt für Tagestouren um und in Longyearbyen, der viele neue Marktteilnehmer angelockt hat. Denn das ist es mittlerweile geworden: Ein Markt, auf dem viel Geld umgesetzt und verdient wird, und keine Nische, in der Begeisterte sich mit viel Idealismus und persönlichem Aufwand verwirklichen. Die gibt es natürlich immer noch, aber das Umfeld ist ein anderes geworden.
Mit dem gewachsenen Markt ist natürlich auch der Bedarf an Guides kräftig gestiegen, und mehr und mehr Beobachter sammeln mittlerweile Eindrücke, die darauf hindeuten, dass Guides nicht immer über die Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten verfügen, die sie haben sollten.
Touristengruppe mit Guide im Colesdalen: bislang ist der Beruf „Guide“ nicht geschützt.
Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch potenziell gefährlich. Spitzbergen-Guides gehen mit Waffen, Booten, Motorschlitten, Hundeschlitten um, haben mit arktischem Wetter zu tun, müssen mit Eisbären rechnen und sind für Menschen verantwortlich, die sich in dieser Umgebung darauf verlassen, dass ihre Sicherheit an erster Stelle steht und dass die Guides vor Ort dafür einstehen. Zudem ist die Führung von Gruppen durch Guides maßgeblich entscheidend etwa dafür, ob Tiere gestört oder ob Kulturdenkmäler beschädigt werden. Somit wäre die gesicherte Qualifikation von Guides auch eine hervorragende Alternative zur Sperrung interessante Orte oder gar ganzer Teile der Inselgruppe, wie es vor gut 10 Jahren noch intensiv diskutiert wurde.
In diesem Licht erscheint es sinnvoll, den Zugang zum bislang völlig ungeschützten Beruf „Guide“ mit formalisierten Anforderungen zu beschränken und dadurch für Mindeststandards bezüglich der Qualifikation zu sorgen. Dieser Ansicht ist mittlerweile auch der lokale Branchenverband Visit Svalbard in Longyearbyen, der natürlich Wert darauf legt, an einem solchen Prozess selbst beteiligt zu sein. Aber allen Beteiligten ist klar: Sollte es etwa einen Unfall mit schweren Folgen geben und der Mangel an Qualifikation bei den Guides sich als Ursache herausstellen, wird es nicht nur den Unfallopfern weh tun, sondern darüber hinaus auch der ganzen Branche. Dieser Ansicht sind auch lokale Guides schon lange, wie etwa vom relativ jungen Verband Svalbard Guide Association zu hören ist. Und natürlich ärgern sich Guides mit jahrelanger Erfahrung, wenn sie sehen, dass unqualifizierte Neulinge mitunter die Lücken füllen. Auch mit Blick auf Arbeitsbedingungen und Anerkennung von Guides führt dies zu Problemen.
Bis es tatsächlich so weit ist, werden die Gletscher der Arktis aber wohl noch etwas schmelzen: Zunächst hat die Regierung nur angekündigt, eine Zertifizierung von Guides zu erwägen. Übe kurz oder lang wird die kommen, schon weil es mittlerweile kaum noch Stimmen gibt, die dagegen sprechen, aber wie die Anforderungen aussehen werden und wer die Qualifizierung und Zertifizierung wie und wo vornimmt, das sind Fragen, die derzeit noch nicht entschieden sind.
Wieder war ein Eisbär in der Nähe von Longyearbyen unterwegs. Dieses Mal hatte eine Gruppe mit vier Hundeschlitten eine überraschende Nahbegegnung im Bolterdalen. Kurz vor Ende der Tour, auf dem Rückweg vom Scott Turnerbreen zum Hundehof von Green Dog, stand der Eisbär plötzlich auf einer Anhöhe neben der Strecke. Anschließend passierte der Bär die Schlittengruppe im Abstand von nur wenigen Metern, ohne dabei Zeichen von Aggressivität zu zeigen. An den Hunden des ersten Schlittens hat er nach Berichten der anwesenden Guides, die ihre Geschichte der Svalbardposten erzählt haben, neugierig geschnüffelt, während die Passagiere in diesem Schlitten, eine Frau und ihre elfjährige Tochter, zusahen (deren Erzählung würde man auch gerne hören!). Der Guide des ersten Schlittens, Marcel Starinsky aus der Slowakei, hatte zunächst nicht einmal Zeit, sein Gewehr einsatzbereit zu machen, sondern schlug stattdessen mit einem Tau, das zum Bremsen der Hundeschlitten verwendet wird und dazu jederzeit griffbereit hängt, nach der Nase des Eisbären.
Daraufhin zog der Bär weiter, an den anderen Schlitten vorbei und verschwand im Dunkeln. Die Guides berichten, dass der Bär zu keiner Zeit Anzeichen von Aggression zeigte. Guides und Gäste nahmen sich anschließend im Hundehof Zeit, das Geschehen in Ruhe im Gespräch zu verarbeiten. Soweit bekannt, hatten alle Beteiligten während des Geschehens trotz einer ordentlichen Portion Adrenalin ihre Nerven im Griff und das Erlebnis letztlich gut überstanden.
Auf Tour in Dunkelheit und Schneetreiben.
Was in nächster Nähe unterwegs ist, ist kaum zu sehen.
Später ließ das Tier sich noch einmal in der Nähe des Hundehofes blicken, wurde dann aber vom Sysselmannen mit einem Hubschrauber durchs Bolterdalen Richtung Reindalen getrieben.
Ob dieser Eisbär etwas mit den neulich auf dem Longyearbreen gesehenen Spuren zu tun hat, ist schwer zu sagen. Die Spuren auf dem Longyearbreen sollen nach Westen bis Kapp Laila in der Colesbukta geführt haben, während der Eisbär, von dem hier die Rede ist, wahrscheinlich aus dem Adventdalen kam, also aus dem Osten. Das lässt es zumindest unwahrscheinlich erscheinen, dass es sich um dasselbe Tier handelt.
Auf dem Longyearbreen (-gletscher) bei Longyearbyen wurden der Svalbardposten zufolge Spuren eines Eisbären entdeckt, die mit größter Wahrscheinlichkeit nicht von dem Eisbären stammen können, der Longyearbyen zum Jahresende in Aufregung gehalten hat und dann am 1. Januar früh erschossen wurde. Zwischenzeitlich hat es kräftigen Wind und Schneefall gegeben, so dass die nun gefundenen Spuren jünger sein müssen. Das bedeutet, dass wieder ein Eisbär ganz in der Nähe des Ortes gewesen ist und sich möglicherweise weiterhin in der Umgebung aufhält.
Sowohl der gesunde Menschenverstand als auch der Sysselmannen legen allen, die in und um Longyearbyen unterwegs sind, dringend nahe, die Augen offenzuhalten und sich vorsichtig zu verhalten.
Eisbärenspur (Symbolbild aus der hellen Jahreszeit).
Die Diskussion um die Tötung des Eisbären in den frühen Morgenstunden des Neujahrstages im Hanaskogdalen, etwa 10 Kilometer von Longyearbyen entfernt, verläuft erwartungsgemäß kontrovers. Die offiziellen norwegischen Stellen halten an ihrer Darstellung fest, dass der Abschuss erforderlich gewesen sei, um die Sicherheit der Bevölkerung gerade während der dunklen Jahreszeit zu gewährleisten, da der Eisbär die Scheu vor dem Ort verloren habe. Andere Stimmen, darunter der russische Eisbärenforscher Nikita Ovsyanikov, der über sehr umfangreiche Erfahrung mit Eisbären in der russischen Arktis verfügt, sprechen gar von „Mord“ und werfen dem Sysselmannen vor, nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben. Hier führt Ovsyanikov Pfefferspray an, das in der norwegischen Praxis nicht üblich und rechtlich auch gar nicht der Öffentlichkeit in Norwegen einschließlich Spitzbergen zugänglich ist. Eine interessante Diskussion, von der man hoffen kann, dass sie weiter geführt wird und vielleicht die Handlungsspielräume der norwegischen Behörden um nichttödliche Möglichkeiten erweitert. Auch für Privatpersonen könnte es Einsatzszenarien geben, etwa aus der relativen Sicherheit einer Hütte oder auch eines Zeltes heraus, wobei solche Einsätze sicher Kenntnisse und Nerven erfordern, die nicht jeder hat.
Damit keine Missverständnisse aufkommen, noch einmal klar und deutlich: Bislang ist Pfefferspray in Norwegen einschließlich Spitzbergen verboten, und Änderungen sind aktuell nicht absehbar.
Genau vor 100 Jahren, am 03. Januar 1920, ereignete sich in Longyearbyen das schwerste Grubenunglück, das es jemals in Spitzbergen gegeben hat.
Die Grube 1, bekannt als Amerikanergrube, wurde 1906 von der amerikanischen Arctic Coal Company von John Munro Longyear gegründet, dem Gründer, ersten Eigner und Namensgeber Longyearbyens. 1916 verkaufte Longyear seine Grubensiedlung im Adventfjord an die norwegische Store Norske Spitsbergen Kulkompani (kurz „Store Norske“ oder SNSK), die Longyear City 1926 in Longyearbyen umbenannt. Die Store Norske betrieb den Bergbau zunächst weiter in der Grube 1 (später Grube 1a genannt, denn es gab ab 1939 auch noch die Grube 1b oberhalb von Sverdrupbyen).
Die Grube 1, bekannt als Amerikanergrube, oberhalb der Kirche in Longyearbyen.
Hier starben 1920 bei einer Kohlenstaubexplosion 26 Bergarbeiter.
In den frühen Morgenstunden des 03. Januar 1920 kam es in der Amerikanergrube zu einer heftigen Explosion durch Kohlenstaub, bei der 26 Bergarbeiter ums Leben kamen. Es gab nur acht Überlebende, zwei davon verletzt. Später fand man heraus, dass wohl eine Sprengung in der Grube die Explosion ausgelöst hat. Die Explosion war so heftig, dass ein Grubenpferd aus der Grube quer über das Tal geschleudert worden sein soll!
Dieses Unglück war für die kleine Siedlung Longyearbyen, damals zudem in der Polarnacht völlig isoliert, eine Katastrophe. Dunkelheit und schlechtes Wetter trugen dazu bei, dass die Bergungs- und Rettungsarbeiten sich sehr schwierig gestalteten. Die Grube 1a wurde nach dem Unglück geschlossen.
Mit 26 Toten blieb diese Katastrophe das schwerste Grubenunglück, das sich jemals in Spitzbergen ereignete (bei der Explosion in der Esthergrube in Ny-Ålesund am 05. November 1962 kamen 21 Menschen ums Leben).
Das Denkmal für die Bergarbeiter, die in 100 Jahren Bergbau in Longyearbyen (ab 1916) ums Leben kamen. Rechts oben im Bild liegt die Grube 1 am Hang.
2016 wurde am Wegrand unterhalb der Amerikanergrube ein Denkmal errichtet, das den Bergarbeitern gewidmet ist, die in 100 Jahren Bergbau seit Übernahme von Longyear City durch die Store Norske in Longyearbyens Gruben ums Leben gekommen sind. Bei diesem Denkmal wird der Toten des Unglücks von 1920 heute, am 100. Jahrestag, in einer kleinen Gedenkzeremonie gedacht.
Dieser Eisbär war kein Unbekannter: Bereits im April 2016 hielt er sich für mehrere Tage in der Umgebung von Longyearbyen auf. Um Mitte April hatte auch ich damals eine kleine Begegnung mit diesem Bären, als ich nachts aus einer Hütte im Sassenfjord trat und auf einmal diesen Bären ganz in der Nähe bemerkte; da lief er schon weg. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelte es sich dabei um genau dieses Tier, das in jenen Tagen mehrfach bei verschiedenen Hütten gesehen wurde.
Ein Bild aus besseren Tagen: Kurz nach einer nahen, aber harmlosen Begegnung im Sassenfjord läuft der Eisbär weg. Es war wohl genau das Tier, das nun erschossen worden ist.
Wenige Tage später, am 22. April 2016, wurde dieser Eisbär auf einmal am hellichten Tag ufernah im Adventdalen gesehen, nicht weit von Longyearbyen entfernt und ganz in der Nähe der Strecke, auf der zu dieser Jahreszeit in großer Zahl Motorschlitten, Skiwanderer und Hundeschlitten unterwegs sind. Damals wurde der Eisbär nach ein paar Stunden betäubt und nach Kinnvika auf dem Nordaustland ausgeflogen, gut 200 km von Longyearbyen entfernt.
Der Eisbär am 22. April 2016, ruhig schlafend im Adventdalen bei Longyearbyen.
Es handelt sich um den Eisbären, der nun erschossen worden ist.
Nach Weihnachten 2019 war also dieser Bär wieder bei und zweimal sogar in Longyearbyen. Mehrere Versuche, ihn per Hubschrauber zu vertreiben, schlugen letztlich fehl, und der Sysselmann beschloss, ihn zu erschießen. Das geschah im Hanaskogdalen, etwa sieben Kilometer nördlich von Longyearbyen.
Aggressives Verhalten dieses Eisbären gegenüber Menschen ist bislang nicht bekannt geworden.
Im April 2016 wurde der Eisbär betäubt und ausgeflogen.
Auch dieses Mal wurde erwogen, den Eisbären zu betäuben und auszufliegen. Dies scheiterte nach amtlicher Aussage daran, dass die erforderlichen Spezialisten wegen der Weihnachtsferien nicht in Longyearbyen verfügbar waren.
Es überrascht nicht, dass der Fall öffentlich nun vielfach kritisiert wird.